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Hornhausen So wurde der Reiterstein zum Logo des Landesmuseums für Vorgeschichte

11. September 2024, 05:00 Uhr

Der Reiterstein von Hornhausen in Sachsen-Anhalt ist ein Sandsteinrelief, etwa 70 mal 80 Zentimeter groß. Der Reiter darauf ist als Scherenschnitt dargestellt und wirkt viel zu klein für sein Pferd, dessen Hufe sich auf stilisierten Schlangen bewegen. Schild und Schwert des Reiters wirken wiederum zu groß für ihn. Wer ist der kleine Reiter von Hornhausen und warum ist dieser archäologische Fund so bedeutend, dass er es ins Logo des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle geschafft hat?

Für den Archäologen Arnold Muhl vom Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle ist der Reiterstein von Hornhausen ein besonders wertvoller Fund. Er besteht aus Sandstein aus der Umgebung, ist aber mit skandinavischer Ornamentik verziert, die in unseren Breiten eine absolute Rarität ist. Das ist nur ein Ergebnis der Untersuchungen der Archäologen an dem etwa 1.300 Jahre alten Bildstein. "Man hatte es damals mit Familienzuzug aus Skandinavien zu tun. Die brachten natürlich auch ihre Kunsthandwerker mit", erzählt der Archäologe.

Es gibt noch viele Rätsel, die sich um den Reiterstein ranken, dessen Motiv sich das Landesmuseum für Archäologie und auch der Landkreis Börde zum Logo gemacht haben. Am meisten treibt den Archäologen die Frage um, wer auf dem Stein abgebildet sein könnte. Das Pferd, gut erkennbar als ein Hengst, ist reichlich überproportioniert, was auf ein überirdisches Wesen auf seinem Rücken hinweist, sagt Arnold Muhl. "Die einen behaupten, es könnte der oberste Germanengott Odin höchstselbst sein, wenn man seinen übergroßen Hengst betrachtet. Andere halten ihn aus germanisch mythologischer Sicht nicht für Odin, sondern nur für einen Krieger. Seine Hose und die Füßlinge sprechen für einen germanischen Kulturkreis. Und wieder Andere meinen, es könnte ein christlicher Reiterkrieger sein, der das Böse bekämpft. Dafür sprechen Schild und Schwert des Kriegers und die Schlange, die sich unter den Hufen des Pferdes windet. Und eine weitere Fraktion sagt, es sei ein Mensch zu sehen, der auf dem Rücken von Odins Pferd Sleipnir ins Jenseits getragen wird."

Reiterstein Hornhausen
Arnold Muhl ist Archäologe vom Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle. Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

Fundort Hornhausen – Ausstellungsort Halle

Es trug sich vor genau 150 Jahren zu: Die Bauern Friedrich und Christoph Diedrich pflügten den Acker mit dem Pferd und stießen dabei auf den Stein. Sie gruben ihn aus und brachten ihn auf ihren Hof, wo er von 1874 an als Bodenplatte im Kuhstall diente. Die Diedrichs waren sich der Wichtigkeit des Fundes freilich nicht bewusst, aber dennoch so aufmerksam, den Stein verkehrt herum mit dem Relief nach unten in den Boden zu legen, sodass es keinen Schaden durch die Hufe der Kühe nehmen konnte. Irgendwann bauten sie um. Der Stein landete im Garten. Dort wurde er von einem kulturhistorisch interessierten Besucher entdeckt.

Der geschäftstüchtige Mann kaufte ihn den Bauern für 100 Reichsmark ab und verkaufte ihn für 7.000 Reichsmark an das damalige Provinzialmuseum in Halle weiter. Das war 1912. Damals war das Landesmuseum für Vorgeschichte gerade im Aufbau. 1918 eröffnete das imposante Gebäude und wurde, seit die Himmelsscheibe von Nebra im Jahr 2008 ihren Platz in der Dauerausstellung fand, zu einem der bedeutendsten Museen Europas. "Bis zur Entdeckung der Himmelsscheibe war der Reiterstein von Hornhausen unser Hauptobjekt im Museum", sagt Arnold Muhl.   

Reiterstein Hornhausen
Der Reiterstein ziert das Logo des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

Das Reitersteinfest – ein Dorf feiert seinen Fund

Nicht nur die Fachwelt interessiert sich für den Reiterstein, sondern auch Wolfgang Zahn vom Heimat- und Geschichtsverein "Hornhäuser Reiterstein". Er lebt in Hornhausen und ist Eigentümer eines Teils des Ackers, auf dem der Stein einst gefunden wurde. Das Reitersteinfest am 8. September 2024 zum 150. Jubiläum seiner Entdeckung war seine Idee.

Genauso wie die Idee das Auspflügen des Steines nachzustellen. Dafür konnte er schnell einen Pferdefreund gewinnen, der zwei kräftige Pferde anspannte. Hunderte Schaulustige sahen sich das Spektakel an, ebenso wie die Enthüllung der neuen Schautafel direkt am Ortseingang zu Hornhausen, direkt neben der Fundstelle am Saalberg.

Reiterstein Hornhausen
Wolfgang Zahn hat das Reiterfest in Hornhausen ins Leben gerufen. Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

Der Stolz eines Ortes

Die Menschen, die hier leben, sind stolz auf ihren Reiterstein – allen voran Wolfgang Zahn: "Es macht einen schon stolz, so etwas Berühmtes im Ort vorweisen zu können. Die Geschichte zum Reiterstein wird sehr gern erzählt. Wenn man auswärts unterwegs ist und man wird gefragt, woher man kommt und man sagt Hornhausen, können die Wenigsten etwas damit anfangen. Bringt man aber den Stein ins Spiel, dann sagen schon Einige, dass sie schon davon gehört haben."

Kein bisschen wehmütig schaut der 62-Jährige nach Halle. Dass der Stein dort und nicht in seinem Heimatdorf präsentiert wird, findet er sogar gut: "In Halle kommt er als kulturhistorischer Schatz in aller Munde. Jeder Museumsbesucher erfährt so auch etwas über den Ort Hornhausen. Dadurch wird auch Hornhausen bekannter."

Reiterstein Hornhausen
Beim Reiterfest wurde eine Kopie des Reitersteins ausgepflügt und geborgen. Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

Briefmarken, Miniaturmodelle und Fotos

Hornhausen hat eine originalgetreue Kopie des Reitersteins aus Neinstedter Sandstein bekommen. Neinstedt liegt in der Nähe von Hornhausen. Die Kopie ist in die Außenwand der Dorfkirche "St. Stephani" eingelassen und damit für jeden sichtbar. Der umtriebige Hüter der Ortsgeschichte, Wolfgang Zahn, ist stolz auf die neue Ausstellung im Gemeindehaus. Seit dem Jubiläumsfest gibt es dort alles zu sehen, was die Hornhausener in Sachen Reiterstein zusammengetragen haben. Darunter finden sich DDR-Briefmarken mit dem Reiterstein darauf aus dem Jahr 1970, ein Reitersteinabzeichen von 1939, Miniaturmodelle von den Ausgrabungen und Fotos der Entdeckerfamilie.

Reiterstein Hornhausen
Diese DDR-Briefmarke aus dem Jahr 1970 zeigt den Reiterstein.

Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

"Unser Reiterstein wird sicher nicht zu großen Tourismusströmen führen", sagt Zahn. Wichtiger sei, dass die Geschichte um den Stein im Ort weiter erlebbar bleibt.

MDR (Anja Nititzki, Moritz Arand)

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 10. September 2024 | 19:00 Uhr

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