Zwe  Projektleiter, stehen mit einem historischen Plan bei Grabungsarbeiten auf dem Areal des ehemaligen Klostergeländes Posa
Gute Böden und eine verkehrsgünstige Lage sind für die Menschen seit Jahrhunderten gute Voraussetzungen, um sesshaft zu werden. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas

Zeichen der Vorzeit Himmelsscheibe und Schamanin: Warum Archäologen in Sachsen-Anhalt so viel entdecken

17. Oktober 2023, 11:17 Uhr

In Sachsen-Anhalt gibt es immer wieder archäologische Funde. Der Eindruck, dass dort nicht nur häufiger, sondern auch mehr gefunden wird als in anderen Teilen Deutschlands, ist tatsächlich richtig, sagen Experten. Welche Gründe das hat.

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Eigentlich vergeht kaum ein Monat, in dem nicht irgendein archäologischer Fund aus Sachsen-Anhalt gemeldet wird. Die Himmelsscheibe von Nebra, das älteste Sonnenobservatorium der Welt in Goseck oder die Schamanin von Bad Dürrenberg sind weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Oftmals sind es aber auch kleinere Entdeckungen. Doch warum so oft Sachsen-Anhalt? Liegt hier wirklich mehr im Boden vergraben als in anderen Bundesländern?

Das waren 2022 und 2023 in Sachsen-Anhalt die spektakulärsten Funde

Grund 1: Gute Böden und Handel

Der Vorsitzende des Verbandes der Landesarchäologien in der Bundesrepublik Deutschland, Michael Rind, sieht dafür zwei Gründe: Den Handel und die guten Böden. Die Leute hätten gute Erträge gehabt und seien schnell sesshaft geworden.

Das bestätigt auch der Direktor des Archäologischen Museums und Landesarchäologe von Hamburg, Rainer-Maria Weiss: "In allen Bundesländern gibt es theoretisch gleich viel Archäologie, nur in Sachsen-Anhalt wird viel mehr entdeckt."

Dabei seien die Böden in der Archäologie ein entscheidender Faktor. "Da, wo gute Böden sind, da gibt es viel Archäologie", so Weiss. In Sachsen-Anhalt gebe es hervorragende Böden. Ein weiteres Beispiel seien die Lössböden in Niederbayern. "Da ist auch alles voll."

Grund 2: Ideale Voraussetzungen für die Forschung

Sachsen-Anhalts Landesarchäologe Harald Meller äußert sich ähnlich wie Weiss: "Eine zentrale Rolle spielen die kalkhaltigen Lössböden. Das bedeutet, wir haben tolle Kulturen zusammen mit guten Erhaltungs-Bedingungen." Außerdem gebe es mit den Universitäten in Leipzig und Halle sowie dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig ideale Voraussetzungen für die Forschung.

Grund 3: Geografische Lage und Denkmalschutz

Auch die geografische Lage ist laut Weiss entscheidend. Demnach gibt es in Sachsen-Anhalt mehr Archäologie, mehr Gräber, mehr Fundstellen und dadurch mehr zu entdecken. "Das zieht sich durch alle Epochen", sagt der Experte. "Wo stehen denn die ganzen romanischen Dome? Wo haben Sie Halberstadt und Quedlinburg? Natürlich in der mitteldeutschen Region und nicht im Saarland und nicht in Schleswig-Holstein", erklärt Weiss.

Aber um mehr entdecken zu können, bräuchte es auch ein gutes Denkmalschutzgesetz. In Sachsen-Anhalt gebe es ein sehr gutes Denkmalschutzgesetz, das viele Jahre besser gewesen sei als zum Beispiel das in Bayern. In Bayern habe es etwa kein Verursacherprinzip gegeben. Es besagt, dass jeder, der baut, Geld zur Verfügung stellen muss, um die Ausgrabungen zu ermöglichen.

Grund 4: Gute Öffentlichkeitsarbeit

Nach Aussage von Weiss verfügt Sachsen-Anhalt darüber hinaus über günstige sogenannte "weiche Voraussetzungen". Das Landesmuseum für Vorgeschichte und das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie seien ein "hochleistungsfähiger Profi-Trupp", eine gut funktionierende Institution, so Weiss. "Je mehr Leute und je bessere Leute sie haben, umso mehr können sie wissenschaftlich, archäologisch etwas bewegen."

Auch andere Bundesländer machten bedeutende Entdeckungen, aber publizierten diese wahrscheinlich nicht in dem Maße mit Öffentlichkeitsarbeit, mit Ausstellungen, mit Vortragsreihen, mit Kolloquien und Tagungen. wie das in Sachsen-Anhalt der Fall sei. Halle ist demnach in diesem Bereich absolut führend. Und das alles zusammen bedeute: "Viel Archäologie, gutes Gesetz und damit genügend Geld zur Ausgrabung ermöglicht es, auszugraben und die Funde dann auch noch publik zu machen."

Grund 5: Schutz von nationalen Kulturgütern ermöglicht zusätzliche finanzielle Mittel

Sven Thomas, der für das Landesamt innovative Projekte der Unterwasserarchäologie betreibt, sieht noch einen weiteren Aspekt: "Das Landesamt ist nicht nur eine wissenschaftliche Einrichtung, von hier kommen wichtige Impulse für die Landes-Entwicklung und selbstverständlich auch für den Schutz nationaler Kulturgüter. Das wird wahrgenommen und ermöglicht zusätzlich die Einwerbung externe Mittel."

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dpa, MDR (Annekathrin Queck) | Erstmals veröffentlicht am 16.10.2023

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