Mehr als 1000 Zuschauer verfolgen am 01.09.1970 im 1903 erbaute Naturtheater in Thale (Harz) das Märchespiel "Rumpelstilzchen" 4 min
Der Beitrag von Carsten Reuß über 120 Jahre Bergtheater in Thale zum Anhören. Bildrechte: picture-alliance/ dpa | ZB
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Das Harzer Bergtheater in Thale wird 120 Jahre alt. Am 8. Juli 1903 wurde das erste Stück aufgeführt – Walpurgis. Carsten Reuß berichtet.

MDR SACHSEN-ANHALT So 02.07.2023 11:40Uhr 03:44 min

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Hexentanzplatz und Walpurgis Das Theater am Hang: 120 Jahre Harzer Bergtheater Thale

02. Juli 2023, 12:39 Uhr

Das Harzer Bergtheater gehört zu den ältesten Naturtheatern Deutschlands. Mit dem besonderen Flair einer Freilichtbühne bietet es einen weiten Blick ins Harzer Vorland. Und genau dieser Blick hat vor 120 Jahren einen Dichter und Bühnenautor dazu inspiriert, dort ein Theater zu errichten. 1903 wurde es von Ernst Wachler gegründet.

Vor 120 Jahren wurde das Harzer Bergtheater in Thale eingeweiht. Es ist vor allem der eindrucksvolle Blick ins Harzvorland und das einzigartige Flair aus Romantik, Mystik und uriger Natur, die hier ein Freilichttheater entstehen ließen.

Bergtheater am Hexentanzplatz
Ein touristisches Ensemble: Die sagenumworbene Rosstrappe, der Hexentanzplatz mit den Walpurgisfeiern und das Harzer Bergtheater in einer historischen Aufnahme, ungefähr aus dem 1935. Bildrechte: IMAGO / Arkivi

Die Idee zu dieser Naturbühne entsteht 1902, berichtet der Thalenser Geschichtslehrer und Heimatforscher Heiko Golla. Der Maler Hermann Hendrich lässt am Hexentanzplatz für seine Kunstwerke 1901 die sogenannte Walpurgishalle errichten. In ihr werden bis heute seine monumentalen Walpurgisnacht-Gemälde präsentiert. Es sind Motive aus Goethes Faust und anderen Walpurgissagen. Hendrich will damals unbedingt auch dazu passende mystische Theaterstücke vor seiner Halle aufführen. Deshalb habe er Rat beim Dichter und Theaterkritiker Ernst Wachler gesucht, der sich sehr für Naturbühnen interessiert habe, so Golla.

Frühere Aufnahmen des Harzer Bergtheaters in Thale

1992 wird das Theater von der Stadt Thale übernommen und in einen naturgerechteren Zustand zurück versetzt. Die erste Aufnahme stammt vom Sommer 1997, die zweite aus dem Jahr 1994.

Das 1903 erbaute Harzer Bergtheater in Thale wurde nach dem Vorbild griechischer Amphitheater gestaltet und liegt am obersten Hang des Hexentanzplatzes
Im Sommer 1997, aus dem die Aufnahme stammt, bot die Bühne über 150 Konzert- und Theatervorstellungen. Auf dem Spielplan standen unter anderem Vorführungen wie das Schauspiel "Der Freischütz", das musikalische Märchen "Die Bremer Stadtmusikanten" sowie die Opern "Der Freischütz" und "Aida". Bildrechte: picture-alliance / ZB | Matthias Bein
Das 1903 erbaute Harzer Bergtheater in Thale wurde nach dem Vorbild griechischer Amphitheater gestaltet und liegt am obersten Hang des Hexentanzplatzes
Im Sommer 1997, aus dem die Aufnahme stammt, bot die Bühne über 150 Konzert- und Theatervorstellungen. Auf dem Spielplan standen unter anderem Vorführungen wie das Schauspiel "Der Freischütz", das musikalische Märchen "Die Bremer Stadtmusikanten" sowie die Opern "Der Freischütz" und "Aida". Bildrechte: picture-alliance / ZB | Matthias Bein
Seit 91 Jahren wird auf der Felsenbühne am Hexentanzplatz in romantischer Umgebung Theater gespielt
Eine Aufnahme aus dem Jahr 1994: Im Harzer Bergtheater, 425 Meter über dem wildromantischen Bodetal bei Thale gelegen, finden 1.384 Zuschauer Platz. Nach dem Vorbild der Antike wurde die Bühne 1903 von Ernst Wachler gegründet. Derzeit wird vom Ensemble des Nordharzer Städtebund Theaters das Stück "Zum Weißen Röß'l" aufgeführt. Die Mimen sollen in der bis September gehenden diesjährigen Saison über 70.000 Zuschauer mit ihren Darbietungen erfreut haben, schrieb damals die Deutsche Presse Agentur. Bildrechte: picture alliance / ZB | Peter Förster
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Ein Jahr später, 1903, gibt es auf dem Hexentanzplatz ein Amphitheater. Es erhält den Namen "Grüne Bühne", denn die Zuschauer verfolgen die Stücke mitten in der Natur, zwischen Felsen und Bäumen. Die Menschen sitzen auf einfachen Holzbänke, auf der Bühne steht in der Mitte ein Altar und eine niedersächsische Bauernkate.

Thale im Harz, Blick auf die Bühne vom Bergtheater mit Fernsicht
Einfach und naturnah ist das Theater am Hang. Bildrechte: IMAGO / Arkivi

Das erste Stück heißt "Walpurgis"

Am Abend des 8. Juli 1903 wird erstmals das mystisches Stück "Walpurgis" von Ernst Wachler aufgeführt. Der heutige Intendant des Bergtheaters, Ronny Große, beschreibt die Atmosphäre: Die Männer tragen Anzüge, die Frauen lange Kleider. Man ist festlich gestimmt. Links und rechts rauschen Baumwipfel. Der Blick nach vorn reicht weit ins Land. Hinter der Bühne geht es steil abwärts. Bauern, Wanderer, Frau Holda und ein Maigraf spielen mit, Schauspieler mit langen Bärten sind zu sehen und ein Chor der Waldfrauen tritt auf.

Historische Aufnahme des Bergtheaters Thale
In den Berg gehauene Holzbänke bieten einen Blick auf die Bühne und ins Harzvorland. Bildrechte: Bodetal Tourismus GmbH

Auch schon damals ein Thema: Natur versus Kultur

Die Idee mit dem Theater finden Anfang des 20. Jahrhunderts nicht alle gut. Der Wanderverein Harzklub ist lange gegen das Projekt, weil er befürchtet, die Landschaft nehme Schaden. Verhindern kann er es nicht, auch weil es Fürsprecher aus dem damals schon wichtigen Fremdenverkehrsgewerbe gibt. Die Rosstrappe an der Bode ist zur der Zeit bereits ein bekannter touristischer Ausflugspunkt. Mit der Walpurgishalle und dem Bergtheater kommt etwas Neues dazu. Die Leute hätten nun dort auch etwas geboten bekommen, sagt Heimatforscher Heiko Golla und nehmen dafür auch den nicht ganz einfachen Weg auf sich. Es gab keine Seilbahn oder vernünftige Straße, um viele Menschen zum Bergtheater zu bringen. Mit Pferdefuhrwerken sei man zum Teil dorthin gekommen.

Historische Aufnahme des Bergtheaters Thale
Auch ohne Seilbahn und Straßen zieht das Theater sein Publikum an. Bildrechte: Bodetal Tourismus GmbH

Ruth Maria Kubitschek und Gojko Mitic

Die neuartige Idee von Ernst Wachlers Idee geht auf. Berühmte Schauspieler und Regisseure sorgen für steigende Zuschauerzahlen. Zu DDR-Zeiten locken die Auftritte von Ruth Maria Kubitschek und später Gojko Mitic bis zu 200.000 zu den Vorstellungen.

Umbau des Hexentanzplatzes in Thale
Im Moment befindet sich das Bergtheater im Umbau. Bildrechte: IMAGO / Steffen Schellhorn

Derzeit wird das Theater umgebaut und modernisiert. Unter anderem entstehen neue Zuschauerplätze. Ihre Anzahl soll von 1.300 auf knapp 2.000 steigen. Das besondere Flair soll erhalten bleiben und sogar verstärkt werden, verspricht Intendant Ronny Große. Wegen gestiegener Baukosten wird die Sanierung des Hexentanzplatzes und des Bergtheaters in Thale allerdings teurer. Bis zur Walpurgisnacht 2024 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Der Umbau des Harzer Bergtheaters: So soll es mal aussehen

Seit 2022 wird das Bergtheater modernisiert. Eine Montage zeigt, wie der Ort danach aussehen soll.

Umbauarbeiten im Bergtheater Thale
Bildrechte: MDR/Carsten Reuß
Umbauarbeiten im Bergtheater Thale
Bildrechte: MDR/Carsten Reuß
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Wissenswertes zum Hexentanzplatz

Der Hexentanzplatz war vermutlich ein altsächsischer germanischer Kultort, an dem unter anderem in der Nacht zum 1. Mai, der heutigen Walpurgisnacht, zur Verehrung der sogenannten Hagedisen (Wald- und Berggöttinnen) Feste abgehalten wurden. Nach der verbreitetesten These wurde der Ort erst nach dem Verbot des Kultes durch die zugewanderten christlichen Franken zum Hexentanzplatz.

MDR (Carsten Reuß, Susanne Ahrens)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 02. Juli 2023 | 11:40 Uhr

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