Löschflugzeug werfen 2020 Flammschutzmittel über Waldbrandgebiet ab.
Es muss ja nicht gleich so ein großes Löschflugzeug sein. Aber etwas mehr Unterstützung für die Waldbrandbekämpfung aus der Luft könnte Sachsen-Anhalts Landesregierung schon an den Tag legen, findet unser Autor Thomas Tasler. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Kommentar Waldbrandgefahr: Ist das schon unterlassene Hilfeleistung?

05. Juli 2022, 05:00 Uhr

Wissenschaftler haben erst kürzlich festgestellt, dass Deutschland jetzt ein Waldbrandland ist. Während in Sachsen-Anhalt bislang vor allem der Harz vom Feuer gefährdet ist, zeigen die Brände in Brandenburg, dass in Zukunft wohl auch andere Regionen des Landes betroffen sein werden. Die Feuerwehren fordern angesichts dieser Situation eine bessere Luftunterstützung. Doch bei der Politik stoßen sie damit bislang vor allem auf taube Ohren, findet Thomas Tasler.

Man muss kein Experte sein, um zu sehen, dass sich der Klimawandel auch in unseren Breiten bemerkbar macht. Wie auch in den vergangenen Jahren, sind die Böden und Bäume in Sachsen-Anhalt in diesem Jahr wieder völlig ausgetrocknet. Da braucht es oft nur einen kleinen Funken, um ein großes Feuer auszulösen. Wenn dann noch der Wind die Flammen antreibt, gibt es für das Feuer kein Halten mehr. Dann kann nur noch die Feuerwehr verhindern, dass es auch bei uns zu Szenen wie in Brandenburg kommt, wo ganze Ortschaften aus Sorge vor dem nahenden Feuer evakuiert werden mussten.

Doch gerade sie, die Retter in letzter Not, bräuchten oft selbst Unterstützung. Denn während es fast überall in Europa bei großen Waldbränden Hilfe aus der Luft gibt, bleibt sie hierzulande oft aus. Das liegt mitunter an der Verwaltung und der fehlenden Technik – aber auch ganz offensichtlich am fehlenden politischen Willen.

Das vorgeschobene Brandschutzgesetz

Denn Brandbekämpfung und Katastrophenschutz obliegt in Deutschland den Kommunen. Mit anderen Worten: Die Bundes- und Landesregierungen können sich entspannt hinter ihrem Brandschutzgesetz verstecken und sagen, dass sie von nichts wissen. Und genau das tun sie auch – und zwar seit Jahren. Schließlich ist der Ruf nach mehr Luftunterstützung bei der Waldbrandbekämpfung nicht neu. Er wird jedes Jahr in der Waldbrandsaison laut und dann doch nicht erhört. Das geht übrigens nicht nur den Feuerwehren in Sachsen-Anhalt so. Auch in anderen von Waldbränden betroffenen Bundesländern ist ein solches "Aussitzen" zu beobachten.

Sachsen-Anhalt selbst betreibt zwar gleich zwei moderne Polizeihubschrauber, die auch beim Löschen helfen könnten. Könnten. Denn ehe einer der beiden Helikopter seine Motoren starten kann, müssen die Einsatzleiter der Feuerwehr einen gefühlten Spießrutenlauf durch die Tiefen des Verwaltungsrechts nehmen. Nur damit am Ende das Lagezentrum der Polizei feststellt, dass der diensthabende Pilot gar nicht für Löschflüge ausgebildet ist oder der Helikopter anderweitig benötigt wird. Beide Fälle hat es in der Vergangenheit so gegeben.

Zuverlässige Luftunterstützung? Nicht in Sachsen-Anhalt.

Deshalb fordern die Feuerwehren schnellere und vor allem zuverlässigere Luftunterstützung. Das Innenministerium will davon aber offensichtlich nichts wissen. Zum einen, weil ja auch andere Helikopter für Löscheinsätze herangezogen werden können. Zum anderen, weil sich die Kommunen bitteschön selbst um die Ausstattung der Feuerwehren kümmern sollen. Das mag formaljuristisch korrekt sein, seiner Verantwortung als oberste Katastrophenschutzbehörde des Landes wird das Innenministerium damit aber nicht gerecht.

Denn was das Innenministerium konkret sagt, ist nie und nimmer zu realisieren: Die Landkreise sollen sich quasi selbst um die Anschaffung von Löschflugzeugen oder Löschhelikoptern kümmern. Angesichts der klammen Haushaltslage der Kommunen, der teuren Anschaffung der Technik und der anspruchsvollen Ausbildung der Besatzungen ist das natürlich utopisch. So etwas geht also nur mit erheblicher Unterstützung des Landes. Angesichts der sich rasant verändernden klimatischen Bedingungen im Land ist es also höchste Zeit für das Innenministerium, sich nun endlich aus der Deckung des Brandschutzgesetzes zu begeben.

Innenministerium setzt weiter auf die Waldbrandbekämpfung vom Boden aus

Dabei muss Sachsen-Anhalt nicht einmal selbst eine eigene Löschflotte aufbauen. Viel zielführender ist ohnehin eine länderübergreifende Lösung. Anbieten würde sich eine gemeinsame Initiative mit Brandenburg oder Thüringen. Auch mit Niedersachsen ist eine Zusammenarbeit denkbar, schließlich gibt es schon seit Jahren eine Kooperation mit dem Feuerwehr-Flugdienst des Landesfeuerwehrverbands, die in der Waldbrandsaison auch den Harz vom Himmel aus überwachen.

Doch eine solche Initiative ist von Sachsen-Anhalt wohl eher nicht zu erwarten. Denn während die Feuerwehren im Land mehr Unterstützung aus der Luft fordern, beharrt das Innenministerium darauf, dass Waldbrände vor allem vom Boden aus zu löschen sind. Allerdings kommen inzwischen alle führenden Waldbrand-Experten zu dem Schluss, dass eine Luftunterstützung für die Bekämpfung von großen Waldbränden essentiell ist. Hier gilt: Je früher, desto besser. Im Innenministerium in Magdeburg sitzt man also nicht nur hinter dem Brandschutzgesetz, sondern auch noch hinter längst überholten Lehrbüchern zur Waldbrandbekämpfung.

Eine effektive Luftunterstützung würde nicht zuletzt auch den Feuerwehrleuten im Land eine Atempause verschaffen. Denn die meisten Brände werden von Ehrenamtlichen der freiwilligen Feuerwehren gelöscht – die Männer und Frauen stehen also häufig in ihrer Freizeit inmitten der Brände. Wenn sie sich auf die Hilfe aus der Luft verlassen könnten, müssten sie nicht nur weniger Zeit in den Wäldern verbringen, sondern könnten auch häufiger zuhause bei ihren Familien sein.

Über den Autor Thomas Tasler arbeitet seit Juni 2019 bei MDR SACHSEN-ANHALT. Bevor der gebürtige Südthüringer nach Magdeburg kam, hat er in Leipzig bei MDR AKTUELL und mephisto 97.6 Station gemacht. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Luftfahrt und ist bei diesem Thema Ansprechpartner Nummer eins im Funkhaus.

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MDR (Thomas Tasler)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. Juli 2022 | 12:00 Uhr

3 Kommentare

Eulenspiegel am 05.07.2022

Ja die Waldbrandgefahr.
Der Klimawandel beschert uns da gewaltige Probleme. Und nur eins diese vielen gewaltigen Probleme die wir in den nächste Jahrzehnten knall hart zu spüren bekommen werden das werden die Waldbrände sein.

Ein Dorfjunge am 05.07.2022

"Woher nehmen, wenn nicht stehlen?": Selbst wenn alles an wirklich teilweiser unnötiger Bürokratie von heute auf morgen abgeschafft werden würde, wird es dennoch kaum Veränderungen geben. Löschflugzeuge gibt es keine mehr, aus dem Bestand der DDR sind ganze zwei am Leben geblieben und befinden sich in Privatbesitz, der Rest ist weg. Ersatz gibt es keinen, vor allen keinen bezahlbaren und lieferbaren. Die Kommunen und Landkreise haben kein Geld, wenn sie es dennoch in die Hand nehmen schlägt das Verwaltungsamt sofort zu und untersagt den Kauf, wegen Sparsamkeitsgebot.
Dann muss ja auch irgendwo das Löschwasser herkommen, Wasser wird knapp, Brauchwassersammler und Sperren aus DDR Zeiten mussten verschwinden, nix mehr mit getrennten System. Nun sitzen wir da, immer weniger Niederschläge, immer mehr Hitze, falsche Waldzusammensetzungen (kaum noch Mischwälder, kranke Wälder), Monokulturen in der Fläche, kaum Blühstreifen usw. Es braucht Konzepte und schnelle Veränderungen.

pwsksk am 05.07.2022

Es geht um Geld! Und das lässt sich mit einer Freiwilligen Feuerwehr am besten einsparen.

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