Fußball Nach Rechtsextremismus-Vorwürfen: Eintracht Gladau darf spielen – aber unter Auflagen

23. November 2023, 10:35 Uhr

Nach Rechtsextremismus-Vorwürfen darf die DSG Eintracht Gladau nun doch weiter am Spielbetrieb teilnehmen. Das hat das Verbandsgericht des Landesfußballverbandes Sachsen-Anhalt entschieden. Das Gericht hat aber auch Auflagen an den Verein erteilt. Der Präsident des Fußball-Landesverbands glaubt, dass das Gericht die vielen Probleme des Vereins verstanden hat und äußerte Verständnis für die Entscheidung.

Der Fußball-Verein DSG Eintracht Gladau (Landkreis Jerichower Land) kann vorerst wieder am Spielbetrieb des Fußball-Landesverbands Sachsen-Anhalt (FSA) teilnehmen. Das hat das Verbandsgericht entschieden. Somit kann der Verein vorerst wieder offizielle Liga-, Pokal- und Freundschaftsspiele austragen. Vorausgegangen war ein Eilantrag des Vereins gegen den Ausschluss durch den Verband.

Gladau hat laut FSA-Pressemitteilung vom Mittwoch insgesamt 16 Auflagen akzeptiert, um vorerst weiter am Spielbetrieb teilnehmen zu können. Dazu gehöre auch, dass Heimspiele der ersten und zweiten Herrenmannschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen werden müssten. Zunächst hatte die "Volksstimme" darüber berichtet. Die Regelung des Verbandsgerichts gilt laut FSA bis zur Entscheidung im Verfahren. Dann wolle der Verband abschließend über den Ausschluss des Vereins beraten.

FSA-Präsident: Gericht hat Probleme des Vereins verstanden

FSA-Präsident Holger Stahlknecht sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Mittwoch, das Gericht sei der Auffassung, dass die Anhaltspunkte laut geltendem Recht nicht für einen sofortigen Spielausschluss reichten. Der Verband hatte auf rund 30 Seiten Indizien gesammelt, darunter Spielberichte, Screenshots aus sozialen Medien sowie Briefe von anderen Vereinen. Laut Stahlknecht konnten damit rechtsextreme Strukturen im Verein sowie gewalttätige Übergriffe auf Spieler anderer Mannschaften bewiesen werden. Der FSA-Vorstand habe daraufhin für einen sofortigen Ausschluss gestimmt. Das Gericht strebe ein Hauptverfahren an, unter anderem mit einer Anhörung von Vertretern der DSG Eintracht Gladau.

Mit Blick auf die Auflagen für den Kreis-Oberligisten durch das Verbandsgericht sprach Stahlknecht von einem "riesengroßen Aufwand, vergleichbar mit Hochrisikospielen in der Bundesliga." Das Gericht habe die vielen Probleme, die es im Verein gebe, verstanden. Unter anderem sollen bei Spielen der DSG Eintracht Gladau künftig vier Schiedsrichter sowie ein neutraler Berichterstatter dabei sein. Die Mehrkosten dafür trage der Verein. Gleichzeitig dürften keine Zuschauer die Heimspiele besuchen. Auswärts müssten sich die Fans ausweisen.

Verein: Vorwürfe lassen sich entkräften

Auf einer Facebook-Seite, die mutmaßlich von Vereins-Vertretern der DSG Eintracht Gladau betrieben wird, werden die aktuellen Entwicklungen mit "absurden Auflagen" und "Schikane" beschrieben. Sie rechnen demnach mit einer endgültigen Entscheidung in der Winterpause. Vorstandsvorsitzender Max Kuckuck sagte MDR SACHSEN-ANHALT, alle Vorwürfe ließen sich ohne weiteres entkräften.

Der Staffelleiter im Kreisfachverband Fußball Jerichower Land, Jürgen Schulze, erklärte MDR SACHSEN-ANHALT, er halte das Verfahren gegen den Verein für einen "großen Zirkus". Bei der Entscheidung des FSA sei man nicht einbezogen worden. Während der Spiele in Gladau sei es nie zu auffälligen Aktionen gekommen. Schulze hofft, dass die Auflagen für den Verein zurückgenommen werden.

Berichte über körperliche Übergriffe

Demgegenüber stehen Aussagen mehrerer Vereine, die bereits gegen die Gladauer Herrenmannschaften gespielt haben. Laut FSA liegen konkrete Meldungen zu verbalen und körperlichen Drohungen sowie Übergriffen vor. Betroffene Vereine haben dies MDR SACHSEN-ANHALT bestätigt. Zudem belegen Berichte von Schiedsrichtern, die der FSA veröffentlichte, Übergriffe von Gladauer Spielern und Fans. Unter anderem wurde das Heimspiel des Vereins gegen Blau-Weiß Loburg abgebrochen, nachdem ein Gladauer Fan einen Loburger Spieler auf den Hinterkopf geschlagen und gewürgt hatte. Weil die Ordner nicht eingegriffen hätten, habe man die Sicherheit der Spieler nicht mehr gewährleisten können, heißt es in dem Schiedsrichter-Bericht.

Ausschluss von Spielbetrieb nach Rechtsextremismus-Vorwürfen

Am 8. November waren alle gemeldeten Mannschaften der DSG Eintracht Gladau mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb ausgeschlossen worden. Als Grund nannte Verbandspräsident Holger Stahlknecht unter anderem, dass sich in dem Verein rechtsradikale Strukturen um einen Neonazi gebildet hätten. So hätten bei einem Freundschaftsspiel zwischen beiden Gladauer Männer-Mannschaften im August dieses Jahres Fans den Hitlergruß gezeigt. Das Spiel endete den Angaben nach 8:8. Außerdem habe es in anderen Spielen immer wieder tätliche Übergriffe auf gegnerische Mannschaften gegeben.

MDR (Max Hensch, Mario Köhne, Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 22. November 2023 | 14:00 Uhr

7 Kommentare

Agnostiker am 23.11.2023

"Wollte man all diese Menschen ausschließen, dann macht man sich selbst zum Täter"
Falsch, man macht sich zum Täter, wenn man wegschaut.

"hinterher wundert man sich, wenn man angefeindet wird."
Oder man wunder sich dann wieder, wenn irgendwo ein Wohnheim mit Menschen brennt oder Menschen mit falscher Hautfarbe aus Straßenbahnen geworfen werden. Soll alles schon dagewesen sein.

hinter-dem-Regenbogen am 23.11.2023

@MikeS
Ich möchte ja einräumen, dass meine Worte schwierig zu verstehen sind.
Mir geht es auch nicht darum, das hier als Fehlverhalten interpretierte Ereignis zu beurteilen oder gar Partei zu ergreifen..
Es kann doch aber nicht sein, dass selbsternannte Gesellschafts-und Moral -Wächter dermaßen tief in das gesellschaftliche Gefüge eingreifen.
Wenn es da einen oder mehrere Täter gibt, dann gibt es ein staatlich geregeltes Instrument . . . . und wenn dieses nicht greifen kann, dann gibt es wohl unangenehme Erscheinungen, aber es gibt keinen Täter, den es gilt Maßzuregeln oder umzuerziehen.

Wir ziehen unbekümmert über die "Moralwächter" in anderen Ländern her, aber genau genommen, gibt es das gleiche Organ auch in unserer Heimat.

Übrigens ist auch eine Fußballmannschaft, samt deren Familien und Fan-Publikum, Teil unserer Gesellschaft. Wollte man all diese Menschen ausschließen, dann macht man sich selbst zum Täter und hinterher wundert man sich, wenn man angefeindet wird.

Frank L. am 23.11.2023

Hier sollte ein Exempel statuiert werden , und Herr Stahlknecht sich mal wieder ins Gespräch bringen und glänzen. Die vorgebrachten Anschuldigungen sind schon ganz schön dünn und an den Haaren herangezogen. Erstens ,eine politische Einstellung ,auch wenn sie einigen nicht passt, rechtfertigt kein Spielverbot. Zweitens ,wenn es Ausschreitungen gab ,sind die ein Fall für den Staatsanwalt, und zwar Personengebunden, ein Spielverbot für den gesamten Verein rechtfertigt das auch nicht. Ansonsten müsste man ja ,im Sinne der Gleichbehandlung, nahezu en gesamten Spielbetrieb in allen Ligen einstellen. Da sind tätliche Angriffe unter den "Fans" gang und gäbe. Und um nach einem Spielstand von 8:8 den Untergang der Demokratie herbei zu philosophieren ,braucht man schon eine ganz gewaltige "Nazi-Psychose". Zum Glück gibt es noch Gerichte die noch objektiv urteilen.

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