Ärztemangel Uniklinik Magdeburg schließt Kinderintensivstation auf unbestimmte Zeit

18. Februar 2023, 11:04 Uhr

Die Uniklinik Magdeburg hat ihre Kinderintensivstation Anfang Februar geschlossen, weil dem Krankenhaus Ärztinnen und Ärzte fehlen. Junge Patienten werden vorerst in andere Krankenhäuser verlegt. Wann die Intensivstation wieder öffnen kann, ist noch unklar. Die Versorgung der Kinder sei dennoch gesichert, heißt es vom Uniklinikum.

Max Hensch Reporter MDR SACHSEN-ANHALT
Bildrechte: MDR/André Plaul

Wer als Kindermediziner in Deutschland arbeitet, hat freie Wahl beim Arbeitsplatz. Sachsen-Anhalt scheint  jedoch nicht hoch im Kurs zu stehen. Kinderstationen in Kliniken ringen vielerorts ums Überleben. Beispiele dafür gab es kürzlich etwa in Schönebeck oder Gardelegen.

Letzteres hat gezeigt: Eine geschlossene Station muss nicht immer ein Ende für die Versorgung bedeuten. Das jetzt aber mit dem Magdeburger Uniklinikum auch eines der wichtigsten Krankenhäuser des Landes zu kämpfen hat, macht das akute Problem überdeutlich: Es fehlen Ärzte.

Kinderintensivstation seit 2. Februar geschlossen

Am Magdeburger Uniklinikum gab es bis zum 2. Februar nur noch eine einzelne Medizinerin, die die Kinderintensivstation über Wasser gehalten hat. Jetzt ist sie krank und somit ist auch die Station seit über zwei Wochen geschlossen. Dieser Umstand wurde nicht öffentlich kommuniziert, sondern fiel erst auf, als Eltern davon überrascht wurden. Darüber berichtete auch die Magdeburger Volksstimme.

Die Konsequenz ist aktuell: Intensivmedizinische Fälle, die für das Magdeburger Uniklikum bestimmt wären, kommen nun – im besten Fall – ins Uniklinikum in Halle. Klappt das nicht, so muss in der ganzen Republik nach einer passenden Klinik gesucht werden. Das bedeutet neben einer ernsten gesundheitlichen Situation Stress für die betroffenen Kinder und ihre Eltern.

Uniklinikum: Kinder müssen oft verlegt werden

Ein Sprecher des Uniklinikums sagte dazu: "Sollten in Halle kurzfristig keine Kapazitäten vorhanden sein, erfolgt die Abfrage bei anderen Kliniken nach dem Kleeblattkonzept." Gebe es keine freien Kapazitäten, frage man weitere Klinik an, um bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.

Allerdings arbeiten dem Sprecher zufolge auch umliegende Kliniken oftmals an der Kapazitätsgrenze. Daher müsse man den Umkreis der Anfragen erweitern. "Unter Berücksichtigung des derzeitigen deutschlandweiten Fachkräftemangels, vor allem bei Kinderintensivmedizinern, kommen die beschriebenen Kapazitätsanfragen und damit einhergehend etwaige Verlegungen leider häufiger vor", erklärte der Sprecher.

Mit der Magdeburger Uniklinik geht ein großer Versorger in Sachsen-Anhalts Norden in Sachen Kinderintensivmedizin für unbestimmte Zeit vom Netz. In der Spitze gibt es acht bis zehn belegbare Betten auf der Station.

Uniklinik sieht Versorgung dennoch gesichert

Nach mehrmaliger Nachfrage ließ Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) mitteilen: "Gegenüber den Mitgliedern des Aufsichtsrates teilte der Klinikvorstand am 3. Februar mit, dass von der Einstellung des Betriebs der Kinderintensivstation ausdrücklich der Betrieb der Neu- und Frühgeboren-Intensivstation und die Notfallversorgung der Kinder nicht betroffen sei. Die Versorgung der Kinder sei vollumfänglich gesichert. Ein Versorgungsproblem besteht nicht."

Ein Versorgungsproblem besteht nicht.

Petra Grimm-Benne, Gesundheitsministerin

Das bestätigte auch ein Sprecher des Uniklinikums. Ebenso merkte er an, dass die Personalsituation bis auf die fehlenden Ärzte gut sei. Am Uniklinikum laufen schon seit Monaten Ausschreibungen für mehrere Stellen in der Kinderintensivmedizin. Noch konnten keine Bewerber eingestellt werden. Die Suche laufe aber auf Hochtouren, hieß es auch von Gesundheitsministerin Grimm-Benne. Die Unterbesetzung bei Ärzten und Pflegern bekamen Sachsen-Anhalts Kinderkliniken zuletzt während der Infektionswelle bei den Atemwegsinfekten zu spüren.

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MDR (Max Hensch, Maren Wilczek)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. Februar 2023 | 17:12 Uhr

46 Kommentare

ElBuffo am 20.02.2023

Mit dem Studium ist die Ausbildung ja längst nicht beendet. Und hier sieht es gerade in Deutschland sehr durchwachsen aus. Nein, das liegt nicht vorrangig an Studienaufenthalten in den USA, sondern an selbstgegebenen Strukturen in den Kliniken, die eher an Zeiten erinnern, die mehr als 100 Jahre zurück liegen. Genau die sind auch gerade hier an der Uniklinik in Magdeburg das Problem. Klar, für das Dreifache Gehalt würde da der eine oder andere Arzt drüber hinweg sehen. Das würde allerdings nichts an der Qualität der Ausbildung und dem Arbeitsklima ändern und letztlich zum gleichen Ergebnis führen.

Denkschnecke am 19.02.2023

"Dann kommen Einserabis ohne Latein und verlängern das Problem."
Das ist absolut unzutreffend. Der Terminologie-Kurs ist sicher der, de am seltensten zur Verlängerung des Studiums führt. Das Problem sind vielmehr fehlende naturwissenschaftliche Kenntnisse. Und auch wenn es unpopulär sein mag: Die Studierenden mit den besten Abis kommen nachweislich auch am besten zumindest durch den vorklinischen Studienabschnitt.

hansfriederleistner am 19.02.2023

So ist das eben. Da fehlen seit Jahren Studienplätze. Dann kommen Einserabis ohne Latein und verlängern das Problem. Aber willige und fähige junge Menschen müssen jahrelang warten. Bei Ärzten und kranken Kindern fällt das halt auf. Wenn ebenso Lehrer fehlen, sinkt halt das Bildungsniveau. Das merkt man erst später.

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