die in den letzten Bauschritten befindlöiche Synagoge von außen
Die Neue Synagoge von Magdeburg: Aus Sicherheitsgründen gibt es derzeit keine Aufnahmen aus dem Inneren. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Zur Eröffnung der Neuen Synagoge Festtage der jüdischen Kultur in Magdeburg eröffnet

19. November 2023, 17:30 Uhr

Die Neue Synagoge in Magdeburg soll am 10. Dezember eröffnet werden – mehr als 85 Jahre, nachdem die Alte Synagoge am 9. November 1938 zerstört wurde. Anlässlich der Eröffnung finden vom 19. November bis zum 17. Dezember die Festtage der jüdischen Kultur statt. Die Veranstalter finden: Gerade angesichts des Krieges brauchen wir Kultur.

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Mit einem Festakt im Alten Rathaus in Magdeburg sind am Sonntag die "Festtage jüdischer Kultur" eröffnet worden. Anlässlich der Einweihung der neuen Synagoge am 10. Dezember ist das Programm der jährlich stattfindenden Tage jüdischer Kultur erweitert worden. Nach einem Grußwort von Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) wurden die Festtage mit einem Orgelkonzert eingeläutet. Dabei wird die Kantate gespielt, die bereits 1851, zur Einweihung der alten Synagoge gespielt wurde.

Im Zuge der Festtage wird auch der Hermann-Spier-Preis verliehen. In diesem Jahr erhält ihn die japanische Flötistin Atsuko Koga für ihr großes Engagement für den Neubau der Synagoge. Die Festtage finden vom 19. November bis 17. Dezember statt und werden vom Forum Gestaltung, dem Kulturbüro und dem Arbeitskreis Festtage veranstaltet.

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Zum Anhören: Die Neue Synagoge soll trotz des Krieges in Israel begleitet von Festtagen eröffnet werden. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert
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Neue Synagoge 85 Jahre nach der Alten

Seit den Terrorangriffen der Hamas auf Israel herrscht auch in Sachsen-Anhalt teilweise eine angespannte Stimmung. Neben vielen Solidaritätskundgebungen mit Israel und Jüdinnen und Juden wächst auch die Angst vor antisemitischen Vorfällen. Synagogen und Veranstaltungen werden noch stärker geschützt, als es seit dem Attentat auf die Synagoge in Halle ohnehin der Fall ist. Bei den gerade stattfindenden jüdischen Kulturtagen wurden einige Veranstaltungen auf Grund der Situation in Israel abgesagt. Nicht so in Magdeburg.

Die Veranstalter wollen feiern, dass das jüdische Gotteshaus am 10. Dezember offiziell seine Tore öffnet und Magdeburg wieder eine Synagoge bekommt – über 85 Jahre nach der Zerstörung der Alten Synagoge durch die Nationalsozialisten. Zudem sei gerade in Krisenzeiten ein kulturelles Programm entscheidend für ein friedliches Miteinander.

Festtage zur Eröffnung der Synagoge "gerade jetzt"

Norbert Pohlmann, Geschäftsführer des Forum Gestaltung und Mitorganisator der Festtage, zeigte sich im Vorfeld der Festtage entschlossen, das Programm gerade jetzt trotzdem stattfinden zu lassen. Er sagte: "Mit den Festtagen wollen wir erneut Begegnungen ermöglichen, respektvolle Gespräche und emotionale Momente schaffen, und viele Gelegenheiten bieten für gelebte Empathie im Miteinander. Nicht trotz, sondern gerade wegen der unfassbaren Ereignisse weltweit."

 Norbert Pohlmann, Geschäftsführer des Forum Gestaltung e.V.
Norbert Pohlmann betonte die Bedeutung der Kultur und der Begegnung "gerade angesichts der unfassbaren Ereignisse". Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Weiter sagte Pohlmann, Kultur bewirke mehr, als ihr zugeschrieben werde. Diese Potenziale gelte es nun zu nutzen. "Wir hoffen auf friedliche, freundliche Festtage der jüdischen Kultur, in deren Mittelpunkt so ein herrliches Ereignis wie die Eröffnung einer Synagoge steht." Es sei überraschend, mit welcher Heftigkeit und Geschwindigkeit Antisemitismus wieder salonfähig gemacht worden sei. Angesichts dieser Entwicklung dürfe man nicht sprachlos sein, sondern müsse gerade jetzt aktiv bleiben.

Dr. Wolfgang Schneiß, Staatskanzlei und Ministerium für Kultur, Ansprechpartner für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt.
Dr. Wolfgang Schneiß, Ansprachpartner für jüdisches Leben und Antisemitismus in Sachsen-Anhalt, steht hinter den Festtagen. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Angesichts der erhöhten Gefahrenlage wurden aber auch in Magdeburg die Sicherheitsvorkehrungen für die Festtage verstärkt. Wolfgang Schneiß vom Ministerium für Kultur sprach davon, die Landespolizei habe ihre Aufmerksamkeit erhöht und stehe in engem Austausch mit den jüdischen Gemeinden. Dennoch sprach auch er sich für die Festtage aus. Er sagte, man dürfe den Terror nicht das erreichen lassen, was er anrichten wolle. Es müssten Zeichen gesetzt werden, die ganz deutlich machten: "Jüdische Kultur, jüdisches Leben gehören zu uns, und das wollen wir würdigen."

Hintergrund zum Bau der Neuen Synagoge

Der Bau der Neuen Synagoge Magdeburg wird durch Mittel des Landes und des Fördervereins finanziert. 3,4 Millionen Euro soll die Synagoge insgesamt kosten. 2,8 Millionen Euro trägt das Land, etwa 400.000 Euro hat ein Förderverein gesammelt. Das Grundstück hat die Stadt Magdeburg der orthodoxen Synagogengemeinde zur Verfügung gestellt. Auf Grund von Sicherheitsvorkehrungen, unter anderem nach dem Attentat von Halle, dürfen keine Fotos vom Bau der Synagoge gezeigt werden.

Ein zerstörtes, symbolisches Buch als Mahnmal.
An der Stelle der am 9. November 1938 zerstörten Synagoge in der Julius-Bremer-Straße steht heute ein vom Magdeburger Metallgestalter Josef Bzdok 1988 errichtetes Mahnmal für die jüdischen Opfer des Naziregimes. Bildrechte: picture alliance / dpa-Zentralbild | Stephan Schulz

Bereits seit Jahrzehnten sollte in Magdeburg eine neue Synagoge gebaut werden. Die Umsetzung des Vorhabens hatte sich hingezogen – unter anderem, weil es in Magdeburg zwei jüdische Gemeinden gibt. Die Synagogengemeinde will die Gottesdienste in der neuen Synagoge nach orthodoxen Regeln abhalten. Das heißt zum Beispiel, dass Männer und Frauen bei den Gottesdiensten räumlich getrennt sind und Frauen den Gottesdienst nicht leiten dürfen. Die Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg, die zweite jüdische Gemeinde der Stadt, ist damit nicht einverstanden. Diese argumentiert damit, das Gelder mit der Voraussetzung freigegeben wurden, Gottesdienste in den entsprechenden Riten der Gemeinde feiern zu dürfen. Dieser Zustand entspreche nicht den Anforderungen, teilte die Larisa Korshevnyuk, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg e.V., MDR SACHSEN-ANHALT mit.

Informationen zu den jüdischen Gemeinden in Magdeburg

Informationen des Fördervereins "Neue Synagoge Magdeburg" e.V. zufolge hatte die jüdische Gemeinde in Magdeburg vor 1933 etwa 2.000 Mitglieder. Durch die antisemtische Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus waren es nach 1945 nur noch etwa 50 Mitglieder der Synagogengemeinde.

Inzwischen ist die Anzahl der Mitglieder der orthodoxen Synagogengemeinde durch Zuwanderung nach Angaben des Fördervereins wieder auf etwa 500 Mitglieder angewachsen.

Neben der Synagogengemeinde gibt es in Magdeburg eine weitere jüdische Gemeinde, die 2005 gegründete Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg. Nach Angaben der Gemeinde sind 25 Prozent der jüdischen Bevölkerung in Magdeburg Mitglieder der Liberalen Jüdischen Gemeinde.

Freude über Neue Synagoge im Mittelpunkt

Für Maria Schubert von der Synagogengemeinde zu Magdeburg steht trotz der Sorgen rund um die Ereignisse auch die Freude über die Neue Synagoge im Mittelpunkt. Sie bedankte sich bei den Unterstützerinnen und Unterstützern der Festtage und den Wegbegleitern. Sie könne immer noch nicht fassen, dass es bald wirklich eine neue Synagoge in Magdeburg gebe. Selbst, wenn sie in dem fast fertigen Bau stehe, könne sie es kaum fassen.

Norbert Pohlmann, Susanne Schweidler und Beate Seibert, Maria Schubert, Waltraut Zachhuber und Dr. Wolfgang Schneiß.
Waltraut Zachhuber (2.v.r) und Maria Schubert (3.v.r.) auf einer Pressekonferenz zu den Festtagen. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Voller Freude zeigte sich Waltraut Zachhuber, die sich mit dem Förderverein "Neue Synagoge Magdeburg" e.V. bereits seit über 20 Jahren für den Neubau einsetzt. "Wir haben die Tage der jüdischen Kultur vor 15 Jahren ins Leben gerufen, auch aus einem Frust heraus, dass es mit dem Neubau nicht voranging. Wir wollten etwas machen. Dass die Synagoge nun endlich eröffnet wird und begleitet wird von den Festtagen, das wollen wir feiern."

Synagoge als Begegnungsstätte für alle Menschen

Neben den religiösen Aspekten sollen die Synagoge und die Festtage vor allem der friedlichen Begegnung dienen. Schubert betonte, die Festtage seien eine sehr niedrigschwellige Möglichkeit, um jüdische Kultur und jüdisches Leben kennenzulernen und Berührungsängste abzubauen. Diese seien zum Teil stark ausgeprägt, obwohl jüdisches Leben eigentlich schon immer zu Magdeburg dazugehöre. Sie lud alle Menschen ein, Veranstaltungen zu besuchen, ins Gespräch zu kommen und mit viel Freude die Vielfalt jüdischer Kultur zu entdecken.

Nach der Eröffnung soll die Synagoge nicht nur ein Ort der Religion, sondern eine Begegnungs- und Kulturstätte für alle Menschen sein. Das hatte Sachsen-Anhalts Landesrabbiner Daniel Fabian schon bei der Grundsteinlegung versprochen. Interessierte können die Synagoge zum Beispiel im Rahmen der Festtage zum "Tag der offenen Tür" am 17. Dezember besuchen. Dazu ist eine kostenlose Voranmeldung nötig. Das übrige Programm der Festtage finden Sie hier.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist durch die Perspektive der Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg ergänzt und am 16.11.2023 erneut veröffentlicht worden. | Erstmals veröffentlicht am 26.10.2023.

Mehr zu Synagogen und jüdischem Leben in Sachsen-Anhalt

MDR (Leonard Schubert, Maria Hendrischke, Fabienne von der Eltz)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. Oktober 2023 | 13:10 Uhr

15 Kommentare

SZ Rentner vor 50 Wochen

@ Denkschnecke
Wieviele der dort ansässigen Antisemiten haben gegen Israel protestiert ?
Wieviele der dort ansässigen Antisemiten haben den Düsseldorfer Bürgermeister bedroht ?
Informieren sie sich doch einfach mal was in diesem Land wirklich los ist und verlassen sie sich da bloß nicht auf den ÖR .

Denkschnecke vor 50 Wochen

@SZ Rentner: Natürlich geht es um jetzt und heute. Gerade erst wurden bei einer Razzia massenhaft rechtsextreme und antisemitische Musik-CDs gefunden - unter anderem im thüringischen Eichsfeld. Die dort ansässigen Antisemiten würde ich nicht als "Gäste" bezeichnen, auch wenn sie aus Westdeutschland stammen.

SZ Rentner vor 50 Wochen

@ Fakt
Ja da muss man halt selber denken entspricht ja nicht ihrem Niveau.
Wahrscheinlich war das Niveau so schlecht das es nicht den Kommentarrichtlinien des ÖR entspricht 😉 wie ich an meiner Antwort auf einen anderen Kommentar von EOM entnehmen kann .

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