Carolin Mehlmann und Thomas Richter mit Kameras an der Reling der "Polarstern" 2 min
Zum Anhören: Die Forscher Carolin Mehlmann und Thomas Richter aus Magdeburg berichten über ihre Polarreise. Bildrechte: Thomas Richter und Carolin Mehlmann
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MDR SACHSEN-ANHALT Do 26.10.2023 15:30Uhr 01:50 min

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Forschungsschiff "Polarstern" Klimawandel am Nordpol: Magdeburger Forscher von Expedition zurück

von Leonard Schubert, MDR SACHSEN-ANHALT

06. November 2023, 04:49 Uhr

Das Eis der Arktis erforschen und Klimamodelle verbessern: Das war das Ziel der Mathematiker Carolin Mehlmann und Thomas Richter aus Magdeburg. Die beiden Forscher waren acht Wochen auf dem Eisbrecher-Schiff Polarstern bis zum Nordpol unterwegs. Zurück in Magdeburg berichten sie von ihren Erkenntnissen, dem Leben an Bord und Eisbär-Sichtungen.

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Wer denkt bei einem Mathematikstudium daran, dass er oder sie irgendwann mal zwischen Eisbergen und Eisbären steht? Die Mathematiker Carolin Mehlmann und Thomas Richter von der Universität Magdeburg haben genau das erlebt. Acht Wochen waren die beiden Mathematiker aus Magdeburg auf dem Forschungsschiff "Polarstern" in der Arktis unterwegs und sind bis an den Nordpol gefahren. Mit anderen Wissenschaftler haben sie an einem Projekt zum Meereis gearbeitet.

Ihr Ziel: Die Entwicklung von marginalen Eiszonen mathematisch zu modellieren, um so Klimamodelle zu verbessern. Die Eiszonen also, die aus vielen kleinen Schollen bestehen und häufig am Rand von großen Eisflächen zu finden sind. Die Arbeit dazu hatte es in sich.

Thomas Richter installiert auf der "Polarstern" eine Kamera.
Thomas Richter bei der Überprüfung einer Kamera zur Aufnahme von Eisschollen. Bildrechte: Ruben Schulte-Hillen

Forschung ertragreich

"Wir haben wirklich zwei Monate lang eigentlich pausenlos an irgendetwas gearbeitet", berichtet Thomas Richter. Dabei konnten Richter und Mehlmann neue Erkenntnisse gewinnen. "Zusammengefasst kann man sagen: Kleine Eisschollen werden nicht nur vom Wind bewegt, sondern die Bewegung hängt stark davon ab, was in der Umgebung passiert. (...) Wir können das gut klären. Aus mathematischer Sicht ein tolles Ergebnis."

Carolin Mehlmann vor mehreren Monitoren auf der Polarstern.
In einem kleinen Büro an Bord analysiert Carolin Mehlmann die Daten. Bildrechte: Thomas Richter und Carolin Mehlmann

Die Erkenntnisse tragen laut Mehlmann und Richter maßgeblich dazu dabei, bisherige Modelle zur Vorhersage des Meereises zu verbessern. "Wir haben jetzt schon einen Effekt herausgefunden, der vernachlässigt wird und in den Modellen nicht richtig dargestellt wird. Das erklärt zum Teil, warum diese Modelle nicht richtig funktionieren."

Zurück in Magdeburg arbeiten sie nun daran, die gewonnenen Erkenntnisse effizient umzusetzen und in die mathematischen Modelle einzuarbeiten. "Mathematisch ist die Frage geklärt. Aber für die Anwendung in den Modellen ist die gerade noch zu aufwändig zu berechnen", erklärt Mehlmann. Wenn das Problem gelöst ist, könnten die verbesserten Meereismodelle dann wiederum dabei helfen, die Modelle zur Klimavorhersage zu verbessern.

Carolin Mehlmann läuft im Nebel und Schneetreiben über den Nordpol. Im Hintergrund die Polarstern.
Mehlmann und Richter waren für die Forschung immer wieder auf dem Eis unterwegs. Bildrechte: Thomas Richter und Carolin Mehlmann

Alltag an Bord: Eisbären-Wachdienst

Neben ihrer eigenen Forschung mussten die beiden Magdeburger viele praktische Aufgaben an Bord übernehmen und das Leben auf dem Eisbrecher "Polarstern" meistern.

Carolin Mehlmann war unter anderem als Bärenwache im Einsatz. "Einmal war gerade ein Eisbär da, als ich meine Wache begonnen habe. Dann kriegt man ein Fernglas in die Hand gedrückt und dann musste ich den Eisbären verfolgen. Es war schon eine gewisse Drucksituation, dass man den nicht aus den Augen verliert."

Carolin Mehlmann hält ihre Hand neben Eisbärspuren am Nordpol.
Carolin Mehlmann neben Eisbärspuren auf dem Eis. Bildrechte: Thomas Richter und Carolin Mehlmann

Wenig Tage mit Sonne

Unterschätzt haben die beiden Mathematiker den Einfluss der fehlenden Sonne. Das dunkle, trübe Wetter sei sehr anstrengend gewesen, berichtet Mehlmann: "Wir hatten nur fünf Sonnentage in zwei Monaten. Es war zwar immer hell, aber immer grau und trüb. Da war ich gar nicht so drauf eingestellt, das war schon sehr anstrengend." Bei einer vorherigen Exkursion in die Antarktis sei das kein Problem gewesen.

Der Nordpol mit der Polarstern im Hintergrund.
Das Wetter sei häufig trüb und grau gewesen. Sonnentage habe es kaum gegeben, berichtet Mehlmann. Bildrechte: Thomas Richter und Carolin Mehlmann

Insgesamt seien die Bedingungen an Bord aber deutlich besser gewesen als erwartet, erzählt Richter. Zum einen hätte es mehr Zugang zum Internet gegeben als vorher gedacht. Zum anderen sei das Schiff geräumiger gewesen als befürchtet. "Ich hatte wirklich eine Sorge davor, dass es sehr beengt ist auf dem Schiff, dass ich immer mit anderen Leuten interagieren muss. Aber es gab dann doch recht viel Platz, vor allem in die Höhe."

Die Route der "Polarstern" bei der Expedition an den Nordpol.
Die Route der Polarstern bei ihrer Expeditionsreise in die Arktis. Bildrechte: Thomas Richter und Carolin Mehlmann

Zurück in Magdeburg hatten die beiden Forscher keine Zeit, sich von der anstrengenden Reise zu erholen. Mit Semesterbeginn im Oktober sind beide sofort wieder in den normalen Betrieb an der Universität Magdeburg eingestiegen. Statt Eisschollen, Helikopter und Eisbären heißt es nun wieder: lehren, Mails schreiben. Und in den Stunden dazwischen: Daten auswerten und das neue Modell weiterentwickeln.

Carolin Mehlmann steigt aus einem Helikopter.
Statt im Helikopter sitzt Carolin Mehlmann nun wieder am Schreibtisch in Magdeburg. Bildrechte: Thomas Richter und Carolin Mehlmann

Themenjahr "Mathematik und Klimawandel" geplant

Dazu kommt ein großes Projekt: das Themenjahr "Mathematik und Klimawandel". In der Veranstaltungsreihe wollen beide für alle Interessierten Einblicke in mathematische Forschungen zum Klimawandel geben und zeigen, wie Mathematik bei der Lösung praktischer Probleme hilft.

Richter sagt: "Wir haben nach wie vor damit zu kämpfen, dass Mathematik als etwas sehr Trockenes, Langweiliges gilt. Aber sehr oft arbeitet man daran, Probleme in der Welt zu verstehen und Lösungen dafür zu entwickeln."

Der Mathematikprofessor Dr. Thomas Richter und die Mathematikerin Dr. Carolin Mehlmann stehen vor einer Tafel
Zurück in Magdeburg wollen Richter und Mehlmann das Themenjahr "Mathematik und Klimawandel" ausrufen. Bildrechte: Uni Magdeburg/Jana Dünnhaupt

Themenjahr "Mathematik und Klimawandel" Zum Themenjahr sind unter anderem Vorträge mit Experten geplant. Mit denen können Teilnehmende über ihre Forschung diskutieren. Auch Mehlmann und Richter werden über ihr Projekt in der Arktis berichten. Sie hoffen, damit junge Menschen für Mathematik und Physik zu begeistern.

Das Themenjahr beginnt im November. Der Vortrag über die Reise an den Nordpol ist für den 14. Dezember geplant.

MDR (Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 29. Oktober 2023 | 14:00 Uhr

6 Kommentare

Denkschnecke vor 25 Wochen

Ja, Humboldt (sic!) rotiert im Grab. Und zwar weil sich immer mehr Laien berufen fühlen, sich über die Arbeit von Forschenden lustig zu machen, ohne eine Ahnung, was die vor Ort gearbeitet haben. Eine 40-Stunden-Woche hatten die dort garantiert nicht. Und: Eisbärenwache muss jeder übernehmen, der da oben arbeitet.

Fakt vor 25 Wochen

@Volker von Alzey:

Wie kommen Sue nun auf Wettermodelle?
Es geht im Artikel um Meereis- und Klimamodelle. Und da sind die beiden ja wohl nicht gänzlich erfolglos geblieben. Beim nächsten Mal eventuell erst den Artikel lesen und dann meckern, sofern es berechtigt wäre.
Der Unterschied zwischen Wetter und Klima ist Ihnen unbekannt?

Volker von Alzey vor 25 Wochen

Zwei Mathematiker am Nordpol als Forscher, die Eisbären Wache schieben und sich im Herbst über zu wenig Sonnenschein wundern. Und wie ich aus dem verwirrenden Beitrag gelesen habe, die Wettermodelle, Doch nicht berechnen können. Das sind Sternstunden des Deutschen Forschergeistes. Alexander Humbold rotiert im Grab .

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