Cyberagentur des Bundes in Halle
Der neue und endgültige Standort der Cyberagentur des Bundes in Halle ist in der ehemaligen Zahnklinik am Juliot-Curie-Platz. Bildrechte: Attila Dabrowski

Podcast "Digital leben" Am neuen Standort der Cyberagentur in Halle

18. November 2022, 19:31 Uhr

Offiziell oder nicht: Die Cyberagentur des Bundes wird endgültig in Sachsen-Anhalt bleiben. Sie hat ihr neues Domizil in der ehemaligen Zahnklinik in Halle bezogen. MDR SACHSEN-ANHALT war als erstes Medium exklusiv vor Ort und hat im Podcast "Digital leben" mit dem Chef der Agentur über Forschungsideen, Probleme der Agentur und die deutsche Cybersicherheit gesprochen.

Ein großer Mann mit Locken und Brille steht vor einer Betonwand.
Bildrechte: MDR/Viktoria Schackow

  • Die Cyberagentur hat ihr neues und endgültiges Domizil in Halle bezogen. Der Standort wird von den Landesregierungen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und dem Bund nicht offiziell bestätigt.
  • Die Cyberagentur will mit Unis zusammenarbeiten, mit Forschung die Cybersicherheit in Deutschland verbessern und die Art verändern, wie Forschung gefördert wird.
  • Der Bundestag hat der Agentur das Budget gekürzt. Cyberagentur-Chef Hummert sieht das bislang unproblematisch.

Säulen und eine kleine Freitreppe, Fenster mit Rundbögen – das neue Domizil der Cyberagentur des Bundes ist ein elegantes Gebäude im klassizistischen Stil im Zentrum von Halle. Vor der Tür: eine Straßenbahnhaltestelle. Drinnen: Handwerker, die zum Beispiel einen neuen Eingang am rückwärtigen Teil des Gebäudes bauen.

Der Chef der Agentur, Christian Hummert, ist vor einer Woche eingezogen. Die letzten Mitarbeitenden sollen in den kommenden Tagen einziehen. Die Büros sind noch spärlich eingerichtet, zwei einsame Grünpflanzen stehen im großen Saal im Erdgeschoss, daneben ein Tisch und eine Kaffeemaschine auf einem Aktenschrank.

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Standort ist Politikum

Nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT ist der Standort der Cyberagentur nun der endgültige. Das will Hummert nicht bestätigen und verweist auf Bundesinnen- und -verteidigungsministerium und auf die Landesregierungen von Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die hatten nämlich bei der Gründung der Cyberagentur vereinbart, dass sie ihren endgültigen Standort am Flughafen Leipzig Halle haben soll.

Dafür muss noch neu gebaut werden. Eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hatte zuletzt im Juni ergeben, dass "die noch zu erstellende Liegenschaft am Flughafen Leipzig/Halle in Planung (Wirtschaftlichkeitsuntersuchung)" ist. Das bestätigt auch Hummert und sagt:

Uns gefällt es hier sehr gut. Wir hoffen, hier bleiben zu können.

Christian Hummert, Chef der Cyberagentur

Forschungswettbewerbe, damit Deutschland bei Cybersicherheit mithalten kann

An der Glastür zu Hummerts Büro steht "Direktor / Vorzimmer" – ein Überbleibsel aus der Zeit, als das Gebäude die Zahnklinik der Uni Halle war. Errichtet wurde es in den 1880er-Jahren als Bankhaus. Sein Eckbüro mit Blick auf den Juliot-Curie-Platz teilt sich Hummert mit seiner persönlichen Referentin.

Von hier aus soll nun die Forschung zu Deutschlands Cybersicherheit gesteuert, Deutschlands technologische Souveränität verteidigt werden. Da allerdings bremst Chef Christian Hummert etwas: "Wir werden in naher Zukunft keine deutschen Prozessoren in deutschen Computern mit deutschem Betriebssystem, auf dem ein deutsches soziales Netzwerk läuft, haben." Das wäre für ihn keine Souveränität sondern Autarkie. Hummert geht es darum, dass Deutschland bei modernen Technologien mithalten kann und etwas anzubieten hat.

Aktuell hat die Cyberagentur zum Beispiel ein Forschungsvorhaben zur Cybersicherheit kritischer Infrastrukturen. Dafür stehen insgesamt stehen dafür 30 Millionen Euro zur Verfügung, die nach und nach ausgezahlt werden. Das Geld geht an derzeit sechs Konsortien, die nun ihre Ideen weiterentwickeln können. In einem halben Jahr werden dann drei Konsortien weiter gefördert. Ein Forschungswettbewerb also.

Das sei neu für einige Forscherinnen und Forscher, meint Hummert. "Die müssen sich ganz schön strecken. Sie sind immer im Wettbewerb, nicht nur beim Stellen des Antrags." Es sei wie im Sport, der Menschen zu besten Leistungen beflügele. "Wir können die deutsche Forschungsförderung nicht so weiter machen wie in den vergangenen 50 Jahren", sagt Hummert im MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "Digital leben".

Cyberagentur: Bundestag kürzt Etat

Unbekümmert sieht Hummert, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages gerade seinen Etat gekürzt hat. Von 80 auf 50 Millionen, wie der Tagesspiegel berichtet. Das würde die Cyberagentur aber im nächsten Jahr noch nicht betreffen. "Selbst wenn wir große Projekte wie die 30 Millionen für kritische Infrastrukturen beauftragen, ist es gar nicht möglich, in den Anfangsjahren der Projekte alles zu verausgaben."

Natürlich finden wir es nicht schön, wenn der Etat gekürzt wird, aber es ist nicht existenzbedrohend.

Christian Hummert, Chef der Cyberagentur

Auch wenn Hummert die Ergebnisse der Forschungsvorhaben erst in einigen Jahren erwartet und auch nur als Prototypen: Er glaube, dass sich ein Großprojekt mit 30 Millionen Euro sofort auswirkt. "Ein Forschungsvorhaben mit 30 Millionen Euro stärkt ein Themenfeld augenblicklich, weil es anfängt zu laufen und Professoren- oder Doktoranden-Stellen entstehen."

Zusammenarbeit mit Unis

Hummert begrüßt es deshalb, dass die Uni Halle vor kurzem eine Professur für Cybersicherheit ausgeschrieben hat. "Wenn die Professur besetzt ist, setzen wir uns sicher zusammen, um uns auszutauschen."

In der Vergangenheit hätte es bei Universitäten wohl Vorbehalte gegeben, mit der Cyberagentur zusammenzuarbeiten. Grund dafür: die sogenannten Zivilklauseln, die sich die Unis geben und nach denen sie ihre Forschung nur für Friedenszwecke einsetzen wollen.

Die Vorbehalte seien mittlerweile nicht mehr vorhanden, sagt Hummert: "Inzwischen ist auch der letzten Uni klar, dass wir hier keine Waffen bauen." Grundsätzlich halte er es für zu kurz gedacht, Forschungsgeld abzulehnen, nur weil es vom Verteidigungsministerium kommt. "Wenn eine Fregatte gehackt wird, ist das ein Problem für uns alle."

"Vieles geht nicht schnell genug"

Hummert ist seit Oktober 2021 im Amt, nachdem der Gründungsdirektor nach nur einem Jahr aufgehört hat. Ein Grund war wohl, dass die Bundesministerien zu stark ins tägliche Geschäft eingegriffen hätten. Hummert sagt, nach zwölf Monaten im Job hätte er eine beeindruckende Liste an Dingen, die die Agentur erreicht habe. Er sagt aber auch: "Viele Dinge gehen mir nicht schnell genug."

Ich wäre gern agiler, viel innovativer und viel schneller, als wir sind.

Christian Hummert, Chef der Cyberagentur

Aktuell hat die Cyberagentur 52 Mitarbeiter. Bis zu 100 Stellen kann sie besetzen. Hummert hält die Agentur für einen attraktiven Arbeitgeber und glaubt, seine Mitarbeiter kommen nicht wegen des Geldes, sondern wegen der spannenden Jobs. Es gäbe viele Stellen im hohen und mittleren Dienst. "Aktuell suchen wir händeringend Kryptologen."

Mehr zum Thema: Digitalisierung in Sachsen-Anhalt

MDR (Marcel Roth)

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