Neue Strukturen gefordert Landkreise stoßen bei Unterbringung von Geflüchteten an Grenzen

30. Januar 2023, 19:08 Uhr

In mehreren Landkreisen werden die Plätze für geflüchtete Menschen knapp. Der Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz, André Schröder (CDU), beschreibt zum Beispiel, dass die Grenzen der vorhandenen Infrastrukturen erreicht seien. So sehen die Kommunen das Land gefordert, die Verteilung der Menschen anders zu organisieren. Ein Überblick über die Situation in Sachsen-Anhalt.

Mehrere Landkreise in Sachsen-Anhalt warnen vor einer Überlastung bei der Unterbringung von Asylbewerbern. "Die Grenzen der vorhandenen Infrastrukturen sind erreicht", sagt der Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz, André Schröder (CDU). Wohnraum werde knapper, außerdem werde es schwieriger, diesen mit Möbeln auszustatten.

Neben der Unterbringung müsse auch die Betreuung und Integration mitgedacht werden, so Schröder. "Diese ist teilweise nicht mehr abgesichert, weil unabweisbar Mittel und Personalressourcen fehlen."

Im vergangenen Jahr wurden in Sachsen-Anhalt circa 5.900 Asylsuchende registriert. Ein starker Anstieg im Vergleich zum Jahr 2021. Damals wurden 2.995 Migrantinnen und Migranten registriert. Nachdem die Geflüchtetenzahlen nach dem Jahr 2015 deutlich zurückgingen, ist nun wieder ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen. Hauptherkunftsländer sind Syrien und Afghanistan.

Die Menschen werden nach ihrer Ankunft zunächst in der Zentralen Erstaufnahmestelle in Halberstadt untergebracht und von dort an die Kommunen verteilt. In Stendal entsteht eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung. Mit einer Fertigstellung wird aber erst Ende 2025 gerechnet. Landrat Schröder fordert eine besser gesteuerte Migration. "Erst bei geklärter Bleibeperspektive sollte eine Zuweisung an die Landkreise erfolgen", findet der CDU-Politiker.

Verschiedene Stimmen aus der Landespolitik forderten bereits, die Einrichtung vor der eigentlichen Fertigstellung zu nutzen. Zumindest teilweise. Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erteilte diesen Überlegungen Mitte Januar aber eine Absage. Eine Teileröffnung binnen weniger Wochen sei nicht möglich, sagte sie MDR SACHSEN-ANHALT.

Landkreis Wittenberg: Belastungsgrenze könnte überschritten werden

Auch der Landkreis Wittenberg warnt vor einer Überlastung. Wenn die Flüchtlingszahl weiter steige, "werden wir die Belastungsgrenze überschreiten, sowohl was den verfügbaren Wohnraum angeht, als auch was die Zumutbarkeit des Angebotes angeht", sagt ein Sprecher des Landkreises Wittenberg. Gegenwärtig verfüge man über weniger als 50 freie Plätze, sagte ein Sprecher. "Eine Unterbringung in Turnhallen ist mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen."

In der Erstaufnahmestelle in Stendal müssten die Baumaßnahmen beschleunigt oder auch eine Teilinbetriebnahme erwogen werden, fordert der Sprecher des Landkreises Wittenberg. "Wir müssen an der Absprache zwischen Land und den Kommunen festhalten, dass nur die Personen auf die Landkreise verteilt werden, die eine klare Bleibeperspektive haben."

Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld werden beispielsweise 10 bis 15 Asylbewerber pro Woche aufgenommen. Dies sei mit den vorhandenen Kapazitäten noch händelbar, so eine Sprecherin. Wohnraum sei grundsätzlich vorhanden. Die Bereitschaft von Vermietern zur Unterbringung von Asylbewerbern müsse aber gesteigert werden.

Wenige Wohnungen im Harz und Jerichower Land

Im Landkreis Harz ist die Situation anders. Dort gibt es nach Angaben eines Sprechers "aktuell nur wenig Leerstand". Die Unterbringung sei eine Herausforderung, sagte er. Ähnlich ist es in Magdeburg. Die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten werde zunehmend schwieriger, sagte ein Sprecher. Zuletzt waren in den Gemeinschaftsunterkünften noch 58 Plätze und in Wohnungen 32 Plätze frei. Man sei in einem Abstimmungsprozess, um zusätzliche Plätze aufzubauen. "Das Land muss weitere Erstaufnahmekapazitäten schaffen", fordert er.

Das sieht man im Landkreis Jerichower Land ähnlich. "Die Schaffung von Kapazitäten in Erstaufnahmeeinrichtungen würde für die Landkreise und kreisfreien Städte eine enorme Entlastung darstellen", sagt er. Sollten die Zuweisungszahlen weiterhin so hoch bleiben, drohe in Zukunft eine Unterbringung von Asylbewerbern in Provisorien. Der Wohnungsmarkt sei mehr als angespannt. In der Gemeinschaftsunterkunft in Genthin ist den Angaben zufolge aktuell nur ein Platz frei.

Auch andere Landkreise schlossen auf Nachfrage nicht aus, dass bald eine Unterbringung in Provisorien droht. "Die Belegung von Sporthallen wird jedoch als das letzte Mittel gesehen", teilt der Altmarkkreis Salzwedel mit.

Situation im Salzlandkreis, der Börde und Stendal

Der Salzlandkreis unterhält aktuell drei Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Asylbewerbern. Die Auslastung liegt bei 80 Prozent. Es würden aber auch Wohnungen angemietet, um Familien bei der Integration zu unterstützen. In Halle sind aktuell noch 60 freie Plätze vorhanden. "Gegenwärtig können wir den Zuzug geordnet bewältigen", meint ein Sprecher der Stadt.

Im Landkreis Börde erfolgt die Unterbringung von Asylbewerbern sowohl zentral als auch dezentral. Die drei Gemeinschaftsunterkünfte sind etwa zu 85 Prozent belegt. Ähnlich ist es im Altmarkkreis Salzwedel. "Die Gemeinschaftsunterkünfte sind nahezu ausgelastet", teilt der Landkreis mit. Private Vermieter würden zum Teil Vorbehalte äußern.

Im Landkreis Stendal gelingt es nach Angaben einer Sprecherin weiterhin, Asylbewerber und geflüchtete Menschen unterzubringen. Zurzeit werden demnach etwa 100 Asylbewerber monatlich aufgenommen. "Eine Unterbringung in Zelten oder Turnhallen ist im Landkreis nicht vorgesehen."

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dpa, MDR (Johanna Daher)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 29. Januar 2023 | 11:00 Uhr

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