Kein Wasser unter dem Kiel Tangermünde: Verschlammter Hafen soll mit Hausbooten gerettet werden
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Bernd-Volker Brahms, MDR SACHSEN-ANHALT
04. November 2023, 14:11 Uhr
Seit rund acht Jahren gibt es in Tangermünde in Sachsen-Anhalt ein gravierendes Problem: der Hafen der Stadt verschlammt. Sedimente lagern sich dort ab. Für Boote ist er kaum noch schiffbar. Nun zeichnet sich aber eine Lösung ab – um mit viel Fördergeld der Sache beizukommen. Voraussetzung ist, dass der Hafen touristisch genutzt wird.
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- Der Hafen in Tangermünde ist verschlammt. Kostenschätzungen zur Entfernung der Sedimente liegen bei 3,5 Millionen Euro. Zu viel für die Stadtkasse.
- Um Fördergelder zu erhalten, soll der Hafen zukünftig touristisch genutzt werden. Geplant sind Hausboote und ein Igludorf.
- Die Stadtmauer soll zur Theatersaison 2025/26 als Freilufttheaterkulisse verwendet werden. Bis dahin soll der Schlamm entfernt worden sein.
Wer derzeit die Hafenpromenade in Tangermünde entlang läuft, hat einen schönen Blick auf die Kulisse der mittelalterlichen Hansestadt mit Stadtmauer, Burg und monumentaler St. Stephanskirche. Auch der Blick auf die Elbwiesen Richtung Fischbeck auf der anderen Elbseite lohnt sich. Wer jedoch ins Hafenbecken blickt, erkennt Grasbüschel und gelegentlich Anhäufungen.
"Seit mehr als sieben, acht Jahren ist der Schlamm im Hafenbecken zu einem Problem geworden", sagt Bürgermeister Steffen Schilm (parteilos). Vor mehr als 20 Jahren hatte die Stadt den Hafen vom Land übernommen. Vorrangig ging es damals auch darum für Bootshaus und maritimer Struktur Fördergeld zu akquirieren. "Dafür brauchten wir eigenes Gewässer", sagt Schilm, der zwar erst seit 2022 Bürgermeister der Kaiserstadt ist, allerdings in der Verwaltung groß geworden ist und die Ereignisse immer mitbekommen hat.
21.000 Kubikmeter Sedimente müssen aus dem Hafen geholt werden
Dass auch in früheren Jahrzehnten der Hafen verschlammt war, wussten zwar ältere Bürger noch. Allerdings habe man das Problem beim Kauf des Hafens nicht wirklich im Blick gehabt, sagt der Verwaltungschef. Es wird geschätzt, dass bis zu 21.000 Kubikmeter Sedimente aus dem Hafen geholt werden müssen, um das Becken wieder attraktiv für Freizeitschiffer zu machen. Bei ersten Planungen vor einigen Jahren kam man zu Kostenschätzungen von mehr als 3,5 Millionen Euro. Eine Summe, die für die klamme Haushaltskasse in Tangermünde nicht zu stemmen war. Dazu kamen zahlreiche Fragen in Sachen Umweltschutz.
Erste Ideen, den Schlamm einfach in die nahegelegene Elbe zu befördern, war nicht genehmigungsfähig. Und die Wiesen an der Elbe gehören ins Natura 2000-Gebiet. Sie können auch nur sehr bedingt genutzt werden – obwohl die Sedimente im Hafen aus ökologischer Sicht durchaus wertvoll sind. "Damit kann die Bodenqualität sogar gesteigert werden", sagt der Bürgermeister.
Touristische Nutzung des Hafens geplant
Mittlerweile zeichnen sich für beide Probleme Lösungen ab, sagt Bürgermeister Schilm. Bei der Finanzierung hat die Stadt das Wirtschaftsministerium und auch die Landesinvestitionsbank dabei. "Die sagen klar, wenn ihr etwas für die touristische Entwicklung tut, dann sind wir gerne bereit, uns zu beteiligen", sagt der Bürgermeister. Dies hatte auch Wissenschafts- und Umweltminister Armin Willingmann (SPD) bereits bei einem Besuch vor einem Jahr – inklusiver einer Paddeltour im Hafen – untermauert.
Voraussetzung ist dabei, dass der Hafen zukünftig stärker touristisch genutzt wird. "Das ist ohnehin schon lange das Ansinnen im Stadtrat", sagt Bürgermeister Schilm. Bereits vor zwei Jahren hatte Investor Björn Thomas aus Parey (Jerichower Land) seine Pläne vorgestellt. Er möchte Hausboote anbieten und ein Igludorf installieren, ähnlich wie er es schon jetzt in Parey betreibt. Dazu soll auch ein erweitertes gastronomisches Angebot. Er sprach von rund vier Millionen Euro Investition. "Wir sind da weiter dran", sagt Bürgermeister Schill.
Nutzung der Stadtmauer als Theaterkulisse
Doch das allerneuste Projekt zur Belebung des Hafens ist eher spontan entstanden, sagt der Bürgermeister. Die Stadtmauer mit ihrer tollen mittelalterlichen Roßpforte soll als Theaterkulisse genutzt werden. Die Pforte soll schon lange saniert werden. Nun wird dieses auch im Zusammenhang mit einer Freilufttheaterszenerie gedacht.
"Die neue Theaterintendantin aus Stendal hat mich angesprochen", sagt Schilm. Er sei begeistert von der Idee von Dorotty Szalma gewesen, sagt er. Auch der Stadtrat hat breite Unterstützung signalisiert. Realistisch sei, dass vielleicht schon in der Theatersaison 2025/26 am Tangermünder Hafen gespielt wird.
Schlamm soll als Baustoff weiterverwendet werden
Bis dahin soll dann auch der Schlamm aus dem Hafen entfernt worden sein. Die derzeitigen Pläne sehen vor, die Sedimente auf eine Fläche am Rande der Elbe zu bringen und diese – zumindest teilweise – als Baustoffe weiterzuverwenden. "Das Umweltamt des Landkreises Stendal ist in der Prüfung", sagt der Bürgermeister. Man warte auf eine zeitnahe Rückmeldung. "Erst dann, wenn auch alle möglichen Auflagen klar sind, können wir über exakte Kosten reden", sagt Steffen Schilm. Bislang war von rund 1,7 Millionen Euro ausgegangen worden.
MDR (Bernd-Volker Brahms, Hanna Kerwin)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 03. November 2023 | 17:00 Uhr
Harka2 am 04.11.2023
Mal ganz ketzerisch gefragt: Wieso war die Verschlammung des Hafens der Hansestadt Tangermünde in den letzten 700 Jahren kein Problem und nun ist es eines? Der Elbhafen wurde bis zur Wende intensiv als Hafen genutzt, er hatte einen eigenen Güterbahnhof! Der Hafen wurde ebenso wie der Güterbahnhof nach der Wende überflüssig, da die Bundesregierung entgegen aller Lippenbekenntnisse allein auf den LKW-Verkehr setzt - nur, verschlammte der Hafen denn vorher nicht?