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Mehr als 15 Minuten war jeder Haushalt in Sachen-Anhalt 2021 durchschnittlich ohne Strom. (Symbolbild) Bildrechte: Colourbox.de/Kirill Grekov

Stromausfälle Jahresbilanz: Jeder Verbraucher in Sachsen-Anhalt im Schnitt 15 Minuten ohne Strom

17. Februar 2023, 09:09 Uhr

Im Schnitt etwas mehr als eine Viertelstunde war jeder Verbraucher in Sachsen-Anhalt 2021 ohne Strom. Das zeigen neue Zahlen der Bundesnetzagentur. Dieser Durchschnitt ist seit Jahren gesunken. Zuletzt ist es aber immer wieder zu Problemen in Sachsen-Anhalt gekommen. Die Stromausfälle im Harz und im Landkreis Anhalt-Bitterfeld waren etwa Eisregen und einem umgestürzten Baum geschuldet.

15,81 Minuten war jeder Verbraucher in Sachsen-Anhalt 2021 durchschnittlich ohne Strom. Das zeigen Zahlen der Bundesnetzagentur (BNetzA), die diesen Durchschnittswert errechnet hat. In diese Berechnung fließen nur ungeplante Unterbrechungen ein, die laut BNetzA zurückzuführen sind auf "Atmosphärische Einwirkungen, Einwirkungen Dritter, die Zuständigkeit des Netzbetreibers oder Rückwirkungsstörungen". Bundesweit lag der Wert bei 12,7 Minuten.

Zuletzt war es aus unterschiedlichen Gründen immer wieder zu Stromausfällen in Sachsen-Anhalt gekommen: In Halle hat es Donnerstagabend einen Stromausfall gegeben, offenbar weil sich eine Person am Umspannwerk zu schaffen gemacht hatte, im Harz wegen Eisregen. In Magdeburg hatte es in einem Stadtteil im Februar nach einem tödlichen Arbeitsunfall in einem Umspannwerk keinen Strom gegeben.

Stromausfalldauer im Osten am höchsten

Der Durchschnittswert für die Stromausfall-Dauer 2021 war nach Angaben der BNetzA nur in Thüringen (16,71 Minuten), Sachsen (17,11) und Brandenburg (18,07) höher als in Sachsen-Anhalt. Die 15,81 Minuten sind der niedrigste Wert in Sachsen-Anhalt in der Auswertung, die im Jahr 2008 startet. Zu Beginn waren die Verbraucher in Sachsen-Anhalt im Schnitt fast 48 Minuten im Jahr ohne Strom. Mit kleinen Ausnahmen fällt der Wert seitdem kontinuierlich. Mit zwei Ausnahmen bewegt sich der Wert seit 2013 unter der 20-Minuten-Marke.

Auch die großen Netzbetreiber in Sachsen-Anhalt verweisen bei der Frage nach Zahlen auf die Auswertungen der Bundesnetzagentur. Die Stadtwerke in Magdeburg und Halle werten ihre Zahlen für das vergangene Jahr noch aus. Sie werden voraussichtlich im Frühjahr an die BNetzA gemeldet, wie die beiden Unternehmen MDR SACHSEN-ANHALT auf Anfrage mitteilen.

Hauptursachen: Wetter und Fremdeinwirkung

Als Hauptursachen für Stromausfälle nennt Avacon, Stromnetzbetreiber in weiten Teilen des Nordens Sachsen-Anhalts, auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT Unwetter und die Fremdeinwirkungen durch Dritte, zum Beispiel durch Bauarbeiten. Avacon investiert nach eigenen Angaben rund 350 Millionen Euro jährlich, um die Stromversorgung weiter zu verbessern. Um Stromausfälle durch Witterungseinflüsse zu reduzieren, soll das Netz weiter verkabelt werden. Das Unternehmen stellt aber auch klar: "Stromausfälle kann man leider nie ausschließen."

Stromausfälle kann man leider nie ausschließen.

Corinna Hinkel Sprecherin Avacon

MITNETZ ist für das Stromnetz in weiten Teilen im Süden Sachsen-Anhalts verantwortlich. Das Unternehmen mit Sitz in Kabelsketal (Saalekreis) hat nach eigenen Angaben 2022 insgesamt 73 Millionen Euro in sein Stromnetz allein in Sachsen-Anhalt investiert. Mit dem Geld wird das Netz modernisiert, verstärkt, ausgebaut und smartifiziert, wie MITNETZ auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT weiter mitteilte.

Freileitungen werden durch Erdkabel ersetzt

Darüber hinaus ersetzt MITNETZ nach und nach Freileitungen durch Erdkabel. Um störanfällige Kabel zu ermitteln, wird das Monitoring der Leitungen verbessert. Dabei kommt auch Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Zudem wird der Ausbau der digitalen Ortsnetzstationen, die fernsteuerbar sind, beschleunigt. Hinzu kommen bekannte Angebote wie ein Rund-um-die-Uhr-Bereitschaftsdienst, ein Umschalten von Leitungen oder auch der Einsatz von Notstromaggregaten.

Bei einem großflächigen Stromausfall im Harz Ende Januar mussten auch Krankenhäuser wie in Halberstadt auf Notstrom umstellen oder Geräte herunterfahren. Nach Angaben des Innenministeriums aus dem November verfügen alle Kliniken im Land über Notstromaggregate. Wie das Klinikum Magdeburg erklärte, ist der Strom dann nach drei Sekunden wieder da. Theoretisch können die Aggregate die Krankenhäuser bis zu 72 Stunden mit Strom versorgen.

Fiete Wulff von der Bundesnetzagentur erklärte MDR SACHSEN-ANHALT nach dem Stromausfall im Harz Ende Januar, ein solcher Ausfall sei für die Betroffenen oft ein einschneidendes Erlebnis. Regional lassen sich laut Wulff solche Ausfälle nie ganz ausschließen, aber: "Es ist so, dass wir in Deutschland insgesamt über eine der sichersten Stromversorgungen weltweit verfügen." Insofern seien Ausfälle wie im Harz eher die Ausnahme als die Regel.

Experte: Frage ist, wann ein Blackout kommt

"Es ist keine Frage, ob es zu einem Blackout kommt, sondern wann", hatte dagegen Peter Schmiedtchen, Katastrophenschutz-Experte und Gefahrenabwehr-Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal noch im November 2022 bei MDR SACHSEN-ANHALT erklärt. Der Stromverbrauch steige ständig und die Versorgung mit erneuerbaren Energien sei volatil. Nachts scheine die Sonne nicht und wenn kein Wind wehe, wachse die Gefahr eines flächendeckenden Blackouts. Das Stromnetz reiche von der Türkei bis Portugal. Solche Störungen könnten sich also entsprechend fortsetzen.

Bundesnetzagentur-Sprecher Wulff erklärte wiederum, deutschlandweit liege die durchschnittliche Unterbrechungsdauer beim Strom bei zehn bis zwölf Minuten. Das sei die Zeit, für die in jedem Haushalt im Durchschnitt der Strom ausfällt. Das sei ein absoluter Spitzenwert. Mit Blick auf den Ausfall im Harz sagte Wulff, meistens überstehe die Stromversorgung einen kalten Winter, Blitzeis oder Wetterereignisse, ohne dass der Strom ausfalle.

Schon heute machen die Netzbetreiber laut Wulff alles, um einen Stromausfall unwahrscheinlich zu machen. Die Netze sind mehrfach redundant ausgelegt und es gibt Sicherungen. Außerdem wird das Netz laufend überwacht. Das sei richtig, denn jeder, der einen Stromausfall erlebt habe, wisse, wie abhängig wir von der Stromversorgung seien, so Wulff.

Großflächiger Stromausfall Ende Januar im Harz

Ende Januar hatten zwei Stromausfälle weite Teile des Landkreises Harz lahmgelegt. Zehntausende Haushalte waren betroffen. Nachdem Eisregen Leitungen an einem Umspannwerk beschädigt hatten, waren rund 100.000 Menschen ohne Strom. Das entspricht etwa der Hälfte der Bevölkerung im Landkreis.

Zu der Zeit gab es auch im Landkreis Wittenberg einen größeren Stromausfall. Nach Mitnetz-Angaben waren davon rund 2.000 Haushalte in Gräfenhainichen, Zschornewitz und Möhlau betroffen. Die Stromversorgung konnte nach mehreren Stunden wieder hergestellt werden.

Freileitungen sollen durch Erdkabel ersetzt werden

Zwei Wochen zuvor hatte ein umgestürzter Baum eine Freileitung zwischen Schwemsal und Krina im Landkreis Anhalt-Bitterfeld zerstört. Es kam dadurch auch zu einem Kurzschluss in einem Erdkabel zwischen Gossa und Pouch. 1.600 Haushalte waren stundenlang ohne Strom.

Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT erklärte MITNETZ, dass ein Verlegen von Erdkabeln in waldreichen Gebieten nicht einfach ist. In Landschaftsschutzgebieten brauche es entsprechende Genehmigung. Außerdem müssten mit den Waldbesitzern Einigungen erzielt werden. Im betroffenen Bereich hat MITNETZ das nach eigenen Angaben seit 2018 versucht. Baustart soll noch in diesem Jahr sein.

Zuletzt war der Strom in Halle ausgefallen. Es hatte eine Störung an einem Umspannwerk gegeben.

MDR (Mario Köhne)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. Februar 2023 | 07:30 Uhr

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