Klagen Weitere Lehrkräfte verweigern Mehrarbeit

14. September 2023, 10:28 Uhr

Mehrere Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt weigern sich, die angeordnete zusätzliche Unterrichtsstunde zu halten. In der Altmark war eine Lehrerin wegen ihrer Verweigerung der Zusatzstunde gekündigt worden. In ihrem Fall seien die Fronten allerdings verhärtet gewesen, sagt das Landesschulamt. Es gibt auch Lehrkräfte, die gegen die Zusatzstunde klagen. Ein Gerichtsurteil wird frühestens im November erwartet.

In Sachsen-Anhalt gibt es mehrere Lehrkräfte, die die seit April vorgeschriebene zusätzliche Unterrichtsstunde bisher nicht halten. Das erfuhr MDR AKTUELL vom Landesschulamt.

Sprecher Tobias Kühne sprach von einer einstelligen Zahl. Man sei mit den Lehrerinnen und Lehrern im Gespräch.

Zweifel an Rechtmäßigkeit der Zusatzstunde

Im Fall der kürzlich fristlos gekündigten Grundschullehrerin aus dem Altmarkkreis Salzwedel seien die Fronten am Ende aber zu verhärtet gewesen: "Es ist ja nicht so, dass die Kündigung aus heiterem Himmel gekommen wäre. Sondern man hat vorher versucht, sie davon zu überzeugen, dass es auch andere Wege gibt."

Andere Kollegen klagten auch gegen die Rechtmäßigkeit der Vorgriffsstunde und ließen das überprüfen, hielten aber dennoch parallel die Vorgriffsstunde: "Das wäre ja natürlich auch für sie möglich gewesen."

Linken-Fraktion: Kündigung ist "harte Maßnahme"

Der bildungspolitische Sprecher der oppositionellen Linken-Fraktion im Landtag, Thomas Lippmann, nannte die Kündigung der angestellten Lehrerin nach 39 Dienstjahren bei MDR AKTUELL eine krasse Fehlentscheidung: "Diese Vorgriffsstunden-Regelung jetzt mit einer solchen Gewalt durchzusetzen, [...] das ist eine harte Maßnahme."

Die Linken-Fraktion verlangt, dass die Kündigung ausgesetzt werde, bis die Frage geklärt sei, ob Maßnahme überhaupt rechtmäßig sei.

Gerichtliche Entscheidung ab November

Nach MDR-Informationen liegen dazu beim Oberverwaltungsgericht in Magdeburg zwei Normenkontrollklagen vor. Ein Sprecher teilte mit, das Bildungsministerium könne sich dazu noch bis Anfang Oktober äußern. Frühestens im November werde mit einer Entscheidung gerechnet.

Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen-Anhalt, Eva Gerth, sagte MDR AKTUELL, es gebe weitere Klagen. Die Lehrkräfte seien wegen der zusätzlichen Stunde frustriert.

Gerth sprach sich stattdessen für freiwillige Regelungen und mehr Anreize aus: "Man arbeitet eigentlich in der Schule permanent oberhalb des Limits. Das ist natürlich auf Dauer nicht gut. Irgendwann schafft man es auch gesundheitlich nicht mehr." Gerth hatte die fristlose Kündigung bereits als fragwürdig bezeichnet, gleichzeitig gesagt, sie hätte der Lehrerin wahrscheinlich nicht dazu geraten, die Mehrstunde kategorisch zu verweigern.

Landesregierung: Zusatzstunde gleicht Arbeitszeit an andere Länder an

Der Sprecher der Landesregierung, Matthias Schuppe, verteidigte die beschlossene zusätzliche Stunde. Schuppe sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Mittwoch, damit werde die Wochenarbeitszeit der Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt an die anderer Bundesländer wie Bayern und Niedersachsen angeglichen.

Die Lehrer in Sachsen-Anhalt hätten noch den Vorteil, sich die eine Stunde zusätzlich ausbezahlen zu lassen oder auf ihr Zeitkonto ansparen zu können. Außerdem müssten nur Lehrkräfte bis 62 Jahre diese Stunde geben.

MDR (Doreen Jonas, Christoph Dziedo, Alisa Sonntag) | Erstmals veröffentlicht am 13.09.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. September 2023 | 16:00 Uhr

39 Kommentare

astrodon am 15.09.2023

@tappert: "Das Land geht unter, die Politik sieht lachend zu" - haben wir ja gerade in Thüringen gesehen. Gestern paktieren CDU und AfD um RRG eins auszuwischen, und senken die Grunderwerbssteuer um 50 Mio.€. Heute lamentiert dieselbe CDU, dass RRG zur Verbesserung der Kinderbetreuung Kredite i.H.v. 50 Mio. aufnehmen will - oder muss.

Ragnar Danneskjoeld am 15.09.2023

Das passt wie die Faust aufs Auge: man verweigert die Arbeitszeiterfassung von Lehrern schon seit Jahren , erhöht aber ohne Wimpernzucken die Arbeitszeit.
Leider hat sich die Kollegin zu ehrlich angestellt: besser wäre es gewesen, erst die Überastungsanzeige zu stellen, sich dann krankzumelden und den Arbeitgeber wegen mangelnder Fürsorge zu verklagen.

W.Merseburger am 15.09.2023

Atze Ton,
ich glaube nicht, dass man in der BRD fürs "dumm" rumsitzen und nichts tun bezahlt wird. Aber vielleicht sollten Lehrer einmal auf dem Bau arbeiten und dem dortigen ständigen Stress ausgesetzt sein. Ich denke auch in anderen Berufen wird hart gearbeitet.

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