Hebamme Mandy Preusche
Mandy Preusche ist seit mehr als 20 Jahren Hebamme in Bautzen. Sie ist selbst Mutter von vier Kindern. Bildrechte: MDR/Viola Simank

Welt-Hebammentag "Ich wünsche mir eine Eins-zu-eins Betreuung bei der Geburt"

05. Mai 2023, 19:15 Uhr

Am 5. Mai ist Welt-Hebammentag. Seit 1990 machen Hebammen an diesem Tag auf ihre Arbeit aufmerksam, denn sie ist vielfältiger als von vielen wahrgenommen. Wir haben darüber mit Mandy Preusche gesprochen. Die 43-Jährige ist in Bautzen seit mehr als 20 Jahre freiberufliche Hebamme.

MDR SACHSEN: Warum sind Hebammen so wichtig?

Mandy Preusche: Weil sie von Anfang an begleiten und auf das Leben als Familie vorbereiten. Also nicht bloß Schwangerschaft und Geburt im Blick haben, sondern auch Familienleben und Partnerschaft: Wie geht es damit weiter? Wir unterstützen die ganzen Bindungsprozesse zwischen Mutter, Vater und Kind und wollen die Familie insgesamt stärken.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen Jahren geändert?

Wir beraten und unterstützen die Frauen vom Feststellen der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit, das können auch schon mal fast zwei Jahre sein. Dazu gehören unter anderem Geburtsvorbereitungskurse, Ernährungsberatung oder die Wochenbettbetreuung. Das hat sich nicht geändert. Aber die Ansprüche an uns Hebammen sind größer geworden, es ist mehr Betreuungsbedarf da. Denn die Frauen werden eher aus der Klinik entlassen, meistens am dritten Tag, egal ob Kaiserschnitt oder eine normale Geburt. Außerdem werden mehr Untersuchungen in der Schwangerschaft angeboten, darüber müssen wir aufklären.

Sie kümmern sich als selbstständige Hebamme mit eigener Praxis vor und nach der Geburt um die Frauen und ihre Babys. Warum arbeiten Sie nicht in einem Krankenhaus in der Geburtshilfe?

Das Schöne bei uns in einer Selbständigkeit ist, dass wir eine Eins-zu-eins- Betreuung haben. In einer Klinik ist das bei der Geburt oft nicht der Fall. Hier betreut eine Hebamme auch mal zwei, drei Frauen gleichzeitig. Das ist weder für die Hebamme noch für die Frauen unbedingt das Beste, denn dadurch entstehen ja auch manchmal Fehler oder man übersieht etwas. Ich würde mir wünschen, dass alle Frauen eine Eins-zu-eins-Betreuung bei der Geburt haben.

Außerdem ist es vom Berufsalltag her ein bisschen schwierig, wenn man wie ich selber Familie und Kinder hat. Es gibt Schichtdienste oder ich muss jederzeit abrufbereit sein, muss jederzeit los. Und wie macht man es mit seinen eigenen Kindern? Das ist immer ein Spagat zwischen dem Beruf und der eigenen Familie. Man will aber den Frauen auch gerecht werden. Deshalb wäre die Arbeit im Kreißsaal für mich ein bisschen schwierig.

Gibt es genügend Nachwuchs bei den Hebammen? Spätestens seit diesem Jahr müssen Hebammen ja studieren, vorher war noch eine Ausbildung an einer Schule möglich.

Ja, es wollen immer noch viele Hebamme werden. Durch das Studium hat das vielleicht ein bisschen nachgelassen, manche schreckt das auch ab. Aber die, die es wirklich werden wollen, machen dann eben auch Abitur und studieren. Bewerberinnen gibt es genug. Die Schwierigkeit liegt darin, dass die Hebammen auch im Beruf bleiben, wenn sie eigene Kinder bekommen. Es müssten meiner Meinung nach mehr Hebammen ausgebildet werden, weil viele Hebammen nie über lange Zeit im Kreißsaal oder in der Geburtshilfe direkt arbeiten. Die Geburtshilfe ist das Kernproblem. Weil dort Hebammen fehlen, mussten schon Kreißsäle schließen.

Was sind besondere Momente als Hebamme?

Ich hatte vor kurzem ein schönes Erlebnis. Da habe ich eine 18-Jährige betreut, die ich selber schon entbunden hatte. Das war wirklich sehr, sehr schön, dass man das mal miterleben durfte: Sie selber als Baby und jetzt wird dieses Baby auch Mama.

Außerdem ist es sehr schön, wenn ich sehe, wie aus einem Paar wirklich eine Familie werden kann. Also diese Entwicklung, die die Familie durchmacht. Am Anfang die Sorgen, Ängste, ob alles gut gehen wird und wie die Geburt verläuft. Dann begleitet man sie noch weiter, macht die Nachsorge im Wochenbett und sieht, jetzt sind sie gefestigt und gestärkt im Elternsein.

Es gibt sicher auch traurige Momente bei den werdenden Eltern. Wie können Sie dann als Hebamme helfen?

Solche Momente gibt es immer mal wieder im Hebammenalltag. Wir haben zwar meistens das Schöne und Positive. Aber es gibt natürlich auch Mütter, die in ein lebloses Kind im Bauch haben oder eine Frühgeburt erleiden. Sie begleiten wir als Hebammen natürlich auch. Das ist ganz, ganz wichtig, dass auch dort eine Begleitung stattfindet.

Viele Frauen wissen gar nicht, dass sie zum Beispiel bei einer Fehlgeburt oder einer Eileiterschwangerschaft auch Hebammenhilfe in Anspruch nehmen können. Dieser Austausch ist aber wichtig: Wie gehe ich damit um? Wann kann ich vielleicht auch wieder schwanger werden? Und was gibt zu bedenken? Auch in diesen Fällen können wir gute Hinweise geben.

MDR (vis)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 11 | 05. Mai 2023 | 11:00 Uhr

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