Fehlende Kinderärzte Nach Schließung von Geburtsstation: In Zeitz wird es kein Geburtshaus geben
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04. Mai 2023, 15:19 Uhr
Seitdem die Zeitzer Kinderklinik und Geburtsstation zum 1. Mai geschlossen wurden, müssen Eltern und Kinder fast eine halbe Stunde bis zum nächsten Krankenhaus fahren. Zumindest Geburten sollten in Zeitz weiterhin möglich sein – die Idee war ein von Hebammen geleitetes Geburtshaus. Doch die Hebammen lehnen es ab, ein solches Haus zu betreiben. Der Grund: Im Notfall ist eine schnelle ärztliche Versorgung von Frauen und Babys nicht gewährleistet.
In Zeitz im Burgenlandkreis ist der Plan eines von Hebammen geleiteten Geburtshauses offenbar vom Tisch. Das hat der Oberbürgermeister der Stadt, Christian Thieme (CDU), MDR SACHSEN-ANHALT auf Nachfrage mitgeteilt. Thieme sagte, die Hebammen hätten es abgelehnt, ein solches Haus zu betreiben. "Der letzte Stand, den ich dazu kenne, ist, dass vonseiten der Hebammen nicht die Bereitschaft besteht, das Risiko einzugehen, weil es an einem Kinderarzt fehlt, der für Notfälle immer bereitstehen sollte", so Thieme.
270 Geburten pro Jahr sind zu wenig
Nach der Schließung der Kinderklinik und der Geburtsstation am SRH-Klinikum Zeitz hatte der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), als Alternative ein Geburtshaus ins Gespräch gebracht. Seit 1. Mai werden Kinder im Klinikum nicht mehr behandelt und Schwangere müssen für die Geburt in Krankenhäuser nach Naumburg, Merseburg oder auch nach Sachsen oder Thüringen ausweichen. Der Krankenhaus-Betreiber hatte den "bedauernswerten Schritt" mit fehlendem Personal und zu wenigen Geburten begründet – 270 waren es im Jahr 2022.
Was ist ein Geburtshaus?
In einem Geburtshaus können Frauen ihr Kind in familiärer Atmosphäre entbinden, unter reiner Begleitung von Hebammen und ohne ärztliches Personal. Geburtshäuser werden immer von Hebammen geführt. Sie betreuen die Frauen die gesamte Schwangerschaft über. Eine 1:1 Betreuung ist bei der Geburt die Regel. Im Geburtshaus dürfen nur Frauen entbinden, die eine unkomplizierte Schwangerschaft haben und beispielsweise keine Mehrlinge erwarten.
Meist arbeiten Geburtshäuser eng mit einem Krankenhaus zusammen. Denn in kritischen Situationen wird ein Arzt hinzugerufen oder die Gebärende ins Krankenhaus verlegt. Das betrifft etwa 15 Prozent der Geburten in deutschen Geburtshäusern.
Laut Oberbürgermeister Christian Thieme zählt die Schließung von Kinderklinik und Geburtsstation in struktureller Hinsicht zu den schlimmsten Dingen, die einer Stadt passieren können. Allerdings müsse man wohl im Rahmen der Krankenhausreform damit leben, dass es Krankenhäuser mit Grundversorgung gebe und zudem spezialisierte Kliniken, die weiter entfernt seien. Der Betreiber für die Zeitzer Klinik hatte betont, dass in Zeitz unter anderem die Geriatrie, also die Versorgung alter Menschen, ausgebaut worden war.
Nur ein Kinderarzt in Zeitz ab 2024
Hinsichtlich der kinderärztlichen Versorgung setzt Oberbürgermeister Thieme nun Hoffnung in die medizinischen Versorgungs-Zentren. Diese seien das Modell der Zukunft. "Die medizinischen Versorgungs-Zentren beabsichtigen, sofern sie einen Kassen-Sitz für einen Kinderarzt haben, ihn auch zu besetzen", so Thieme. Andernfalls würde ab nächstem Jahr nur noch ein Kinderarzt in Zeitz praktizieren.
Thieme kritisierte erneut den Klinik-Betreiber SRH, von dessen Teil-Schließungs-Absichten man nur über den "Buschfunk" erfahren habe. Die Dinge seien einfach "über die Stadt und die Bürger gekommen", ohne ein transparentes Gespräch oder einen vernünftig kommunizierten Plan, womit man sich auf die Situation hätte einstellen können. Auch die Proteste der Bürger hatten nichts an der Situation ändern können.
MDR (Marc Weyrich, Luise Kotulla)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. Mai 2023 | 07:30 Uhr
Erichs Rache am 04.05.2023
„Seit 1972 sind, gemessen an der Zahl der gestorbenen, rund 3,2 Millionen Kinder zu wenig geboren worden. Berücksichtigt man auch die gestiegene Lebenserwartung dann erreicht das Geburtendefizit gar 300.000 Kinder pro Jahr. Auf die letzten 30 Jahre bezogen fehlen also etwa 8 bis 9 Millionen Kinder, somit zukünftige Eltern. Die bisherige Familienpolitik in Deutschland muss in weiten Teilen als nicht erfolgreich angesehen werden.“ (Beschlussantrag des 20. Landesparteitages der CDU Sachsen aus dem Jahr 2006)
Yo!
Bei der "Familienpolitik" braucht man natürlich auch keine "Kinderklinik und Geburtsstation"