Die Ruine der evangelischen Stadtkirche in Groߟröhrsdorf nach einem Groߟbrand (Luftaufnahme mit einer Drohne).
In den Ruinen der Stadtkirche Großröhrsdorf suchen Brandexperten und ein Spürhund Spuren. Die sollen Antworten liefern auf die Frage: Wer oder was hat das Feuer am vergangenen Freitag in der Stadtkirche verursacht? Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Suche nach Brandursache Gefährliche Spurensuche in abgebrannter Kirche Großröhrsdorf

08. August 2023, 18:05 Uhr

Nach dem Kirchenbrand in Großröhrsdorf suchen Brandursachenermittler und ein Spürhund in den Ruinen. Ihr Einsatz gilt wegen der wackeligen Statik der Ruinen als gefährlich. Noch ist völlig unklar, was das Feuer verursacht hat. In den verkohlten Resten wurden viele Kunstschätze zerstört, einiges blieb erhalten. Darunter die vier Glocken, eine Osterkerze und eine alte Truhe. Der Pfarrer wertet das als kleine Hoffnungsschimmer inmitten des Verlusts.

Auch fünf Tage nach dem Feuer in der evangelischen Stadtkirche Großröhrsdorf ist unklar, warum die 300 Jahre alte Kirche abgebrannt ist. Die Polizei ermittelt "in alle Richtungen". Brandursachenermittler suchen seit Montag in den verkohlten Ruinen Spuren. Aber: "Die Suche danach ist schwierig, weil immer wieder Trümmer und Schutt weggeräumt werden müssen", sagte ein Sprecher der Polizeidirektion Görlitz. Das Technische Hilfswerk (THW) arbeite mit schwerem Gerät, Statiker wachten über die Sicherheit der Ermittler. Auch ein auf Brandbeschleuniger spezialisierter Spürhund sei im Einsatz. Die Polizei rechnet damit, dass die Spurensuche noch "bis in die nächsten Tage" dauern wird.

Eine Polizistin und ein Polizist laufen vorsichtig durch eine Ruine an verbrannten Holzbalken vorbei. Sie wurden am 8. August 2023 bei der Ermittlungsarbeit in der abgebrannten Kirche Großröhrsdorf fotografiert.
Zwei Ermittler mit Helmen auf den Köpfen gehen vorsichtig durch die Trümmer in der Kirchenruine Großröhrsdorf. Sie werden noch einige Tage lang Spuren der Brandursache suchen. Bildrechte: xcitepress

Schätze im Kirchenschiff alle vernichtet

Unterdessen wird immer deutlicher, wie viele kunsthistorische Schätze vorigen Freitag in Flammen aufgegangen sind. "Alles, was sich im Kirchenschiff befand, ist vernichtet", sagte der evangelisch-lutherische Pfarrer Stefan Schwarzenberg der Nachrichtenagentur dpa. Neben Taufstein, Taufschale, Kanzel, Orgel und Emporen wurden auch die geschnitzte Madonna aus dem 15. Jahrhundert und eine Nachbildung des Altars der Leipziger Thomaskirche Opfer der Flammen. "Einzig das Epitaph aus Sandstein, Grabmal einer örtlichen und dort begrabenen Mäzenin aus dem 18. Jahrhundert, hat das überstanden." Schwarzenberg hofft, dass es restauriert werden kann.

Das Meiste ist verloren, aber es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer in der Grundstimmung des Schmerzes.

Stefan Schwarzenberg evangelischer Pfarrer der Gemeinde Großröhrsdorf-Kleinröhrsdorf

Im Gespräch mit MDR KULTUR sagte der Pfarrer, dass das Feuer nicht im Anbau der Sakristei gewütet habe. Die Tür zu dem kleinen Raum, in dem sich Geistliche auf Gottesdienste vorbereiten, hatte die Flammen abgehalten. Daher seien ein kleiner Altar mit Kreuz und Kerzen, eine alte Truhe und die Gedenktafeln der Großröhrsdorfer Geistlichen seit 1539 erhalten geblieben. Dies wertete Schwarzenberg als "ein Zeichen der Hoffnung inmitten des großen Schmerzes".

Und noch einen Hoffnungsschimmer nannte der Pfarrer: Die vier 1919 gegossenen Glocken aus Stahl seien noch da. "Sie liegen verkantet in der Ruine." Eine von ihnen habe zur Warnung Freitagnacht noch geläutet, als es schon brannte.

Viele Hilfsangebote und Spenden

Inzwischen sind auch viele Hilfsangebote und Spenden eingegangen. Nach Angaben der Gemeinde sind bis Montagabend 60.000 Euro gespendet worden. Sie hatte ein Spendenkonto eingerichtet. Pfarrer Stefan Schwarzenberg sagte, es gebe eine Welle der Solidarität und praktische Hilfsangebote. Menschen aller Konfessionen, Konfessionslose, Kirchgemeinden und andere Institutionen zeigten ihre Anteilnahme. "Jetzt reden alle über unsere Kirche." Gläubige und die, die sie nie besuchten, kämen ins Gespräch.

Jetzt reden alle über unsere Kirche.

Stefan Schwarzenberg Pfarrer und Theologe

Der Leipziger Maler und Bildhauer Michael Fischer-Art hat in einem Interview mit Radio Lausitz angeboten, für die Kirche einen Altar bauen, ihn bemalen und stiften zu wollen. Das nötige Geld könnte mittels Sonderbriefmarke eingespielt werden, sagte der Künstler und Vertreter der Leipziger Schule dem Radiosender.

Fragen und viel Ungewissheit

Wie es mit der Kirche und mit dem, was die Flammen übrig ließen, weiter geht, ist derzeit offen. Wenn die Ermittler fertig sind und die Statiker keine Einsturzgefahr sehen, könne das Enttrümmern beginnen. An Wiederaufbau sei laut Pfarrer Schwarzenberg "noch lange nicht zu denken". Auch nicht an Antworten auf die Frage: originalgetreu oder neu bauen?

Auf unliebsame Überraschung sollte sich die Kirchgemeinde einstellen, sagt Pfarrer Christoph Weber aus Thalheim im Erzgebirge. Vor 23 Jahren war seine Dorfkirche in Rathendorf bei Geithain abgebrannt und wieder aufgebaut worden. Er weiß aus Erfahrung: "Beim Wegräumen wird das ganze Ausmaß der Schäden zum Vorschein kommen. Darauf muss man gefasst sein." Im Interview mit MDR SACHSEN wünschte er den Großröhrsdorfern Mut, verschiedenen Varianten für einen möglichen Wiederaufbau zu diskutieren.

MDR (kk/Studio Bautzen)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 08. August 2023 | 13:30 Uhr

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