Judentum Synagoge in Görlitz bekommt Davidstern zurück

12. September 2022, 21:19 Uhr

14 Monate nach ihrer feierlichen Eröffnung hat die Synagoge in Görlitz einen Davidstern erhalten. Der ursprüngliche Stern war nach der Pogromnacht 1938 von Ubekannten unter Beifall abmontiert, auf die Straße geworfen und zertrümmert worden. Nun wurde ein neuer Davidstern als weithin sichtbares Zeichen gesetzt.

Nach mehr als acht Jahrzehnten krönt die Synagoge in Görlitz wieder ein Davidstern. Das neu angefertigte, 600 Kilogramm schwere religiöse Symbol aus grauem Stahl ist am Montag mit einem Kran hochgezogen und auf der Kuppel des Turms befestigt worden. Der 5,20 Meter hohe und 1,60 Meter breite Stern wurde von einer örtlichen Firma angefertigt. Das Original ging verloren. Der Stadtrat hatte die Wiedererrichtung des Davidsterns vor knapp zwei Jahren beschlossen. Zur Finanzierung spendeten vor allem Gemeindemitglieder, so kamen rund 81.000 Euro zusammen.

Ministerpräsident: Davidstern ist "Schlussstein der Sanierungsgeschichte"

Der Davidstern sei "der Schlussstein in der Sanierungsgeschichte" des Kulturforums, erklärte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Das Symbol stehe für Religionsfreiheit, Toleranz und für Respekt gegenüber den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Der Oberbürgermeister von Görlitz, Octavian Ursu (CDU), sprach von einem Bauabschnitt von historischer, kultureller und denkmalpflegerischer Bedeutung: "Wir erleben heute einen historischen Moment und eine Herzensangelegenheit für unsere Stadt."

Wir erleben heute einen historischen Moment und eine Herzensangelegenheit für unsere Stadt.

Octavian Ursu (CDU) Oberbürgermeister von Görlitz

Synagoge überstand Pogromnacht - Davidstern zerstört

Das der Reformarchitektur zugerechnete Bauwerk wurde 1911 eröffnet. Es widerstand dem Brandanschlag der Nazis in der Pogromnacht 1938, als einzige Gemeindesynagoge auf dem Gebiet des heutigen Sachsen. Feuerwehrleute hatten die Flammen gelöscht, am Tag danach war der Davidstern von Unbekannten abmontiert, auf die Straße geworfen und zertrümmert worden. Nach dem Krieg verfiel das Jugendstilgebäude und geriet in Vergessenheit.

Seit 1991 war der monumentale Bau in mehreren Etappen saniert worden. Die Gesamtkosten beziffert die Stadt Görlitz auf 12,6 Millionen Euro. Der Bund hatte die Arbeiten mit 2,8 Millionen Euro unterstützt. Im Juli 2021 als Kulturforum Görlitzer Synagoge eröffnet, steht es auch für die praktische Glaubensausübung zur Verfügung. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat Görlitz allerdings keine Jüdische Gemeinde mehr, eine neue ist derzeit im Aufbau.

Davidstern symbolisiert Öffnung der Stadt zum Judentum

Für den Vorsitzenden des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, Nora Goldenbogen, sei es "ein sehr bewegender Moment", dass der Stern wieder auf der Kuppel ist und damit auch zurück im Stadtbild von Görlitz: "Der Stern war für die Nationalsozialisten das Symbol des Judentums und damit ein Fremdling. Nun verbinden wir die Hoffnung, dass er nie wieder ein Fremdling wird."

Es ist keine Wiedergutmachung, gutmachen kann man das nicht mehr was in der NS-Zeit passiert ist. Ich verstehe es als eine Art symbolische Öffnung der Stadt hin zum Judentum, zu ihren jüdischen Bürgern.

Markus Bauer Förderkreis Görlitzer Synagoge

Für Markus Bauer vom Förderkreis Görlitzer Synagoge, der sich für die Wiederherstellung des Davidsterns engagierte, ist der Anblick des Davidsterns eine Genugtuung: "Es ist keine Wiedergutmachung, gutmachen kann man das nicht mehr was in der NS-Zeit passiert ist. Ich verstehe es als eine Art symbolische Öffnung der Stadt hin zum Judentum, zu ihren jüdischen Bürgern."

MDR (ama,jcz)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 12. September 2022 | 09:00 Uhr

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