Ein Schulkind steht nachdenklich vor einer an der Wand aufgehangenen Zahlenreihe.
In der Grundschule Kreba-Neudorf lernen die Kinder verschiedener Klassenstufen gemeinsam. Einzelne Fächer wie Mathe werden aber getrennt unterrichtet. (Symbolfoto) Bildrechte: IMAGO / Thomas Eisenhuth

Schulen auf dem Land Grundschule Kreba-Neudorf: Funktioniert das jahrgangsübergreifende Lernen?

14. Januar 2023, 12:02 Uhr

Vor sieben Jahren wurde in der Grundschule Kreba-Neudorf bei Niesky jahrgangsübergreifender Unterricht eingeführt. Jeweils zwei Klassenstufen lernen seitdem gemeinsam. So konnte die Schule vor der Schließung gerettet werden, denn für reguläre Klassen gab es nicht genügend Kinder. Hat sich die neue Lernform bewährt?

Horst Haberlau aus Kreba-Neudorf hat mit seinen 59 Jahren die Schulzeit längst hinter sich. Doch wenn er sieht, wie gerne seine Tochter in die hiesige Grundschule geht, ist er sich sicher: "Wenn ich nochmal zur Schule gehen würde, dann nur hier." Das liegt nicht nur an dem schönen alten Barockschloss, in dem die Schule untergebracht ist. Familie Haberlau hat sich vor allem wegen des jahrgangsübergreifenden Unterrichts für die Brüder-Grimm-Grundschule entschieden.

Wenn ich nochmal zur Schule gehen würde, dann nur hier.

Horst Haberlau Vater

Mehr Gemeinschaft und gegenseitiges Lernen

Inzwischen geht seine Tochter Carolin in die 3. Klasse. Sie und die anderen Drittklässler werden dort gemeinsam mit den Kindern der 4. Klasse unterrichtet. Zusammen sind das 23 Jungen und Mädchen. Diese unterschiedliche Altersstruktur stärke den Klassenverbund, findet Horst Haberlau. Es gebe dadurch mehr Gemeinschaft zwischen den Kindern. Außerdem werde das unterschiedliche Lernniveau besser abgefangen.

Nicht nur gemeinsamer Unterricht

Das bessere Miteinander ist für Schulleiterin Jana Graupner auch eines der entscheidenden Vorteile der jahrgangsübergreifenden Klassen. "Wir arbeiten auch mit dem Patenprinzip. Das heißt, jedes Kind hat Verantwortung für ein jüngeres Kind." Die Kinder der 2. Klasse seien Paten für die Erstklässler, die Kinder der 4. Klasse Paten für die Drittklässler. Außerdem werde mit Wochenplänen gearbeitet, mit denen die Kinder sich selbstständig beschäftigen.

Der Vorteil hier ist, dass die Kinder ein hohes Maß an Sozialkompetenz erwerben, es immer ein Miteinander gibt.

Jana Graupner Schulleiterin der Brüder-Grimm-Grundschule

Dabei unterrichten die vier Lehrerinnen der Schule gemeinsam mit einer Schulassistentin einige Fächer durchaus auch getrennt, vor allem Mathematik, Deutsch und Sachunterricht. In den ersten Jahren habe man dort weniger geteilt, erzählt Jana Graupner. Doch die Erfahrung habe gezeigt, dass vor allem in der ersten und zweiten Klasse der getrennte Unterricht in Mathe und Deutsch für die Kinder besser sei. Aber es gebe noch genügend gemeinsame Lernzeiten. Auch Sport, Kunst und Werken werde gemeinsam unterrichtet.

Jahrgangsübergreifender Unterricht rettet vor Schließung

Insgesamt gehen nur rund 60 Jungen und Mädchen auf die Brüder-Grimm-Grundschule. Die Klassen sind klein, für reguläre Schulen eigentlich zu klein. Deshalb entschied sich die Gemeinde als Schulträger, 2016 die jahrgangsübergreifenden Klassen einzuführen, um die Schule zu erhalten. Möglich macht dies das sächsische Schulgesetz, das mit dieser Art des Unterrichts kleine Schulen im ländlichen Raum erhalten will. Neben der klassischen Wissensvermittlung setzt es vor allem auf offenen Unterricht, individuelle Förderung und freie Planarbeit.

Übergang zu weiterführenden Schulen

Inzwischen hat die Grimm-Grundschule die ersten Kinder auf die weiterführenden Schulen entlassen. Sie seien gut an den jeweiligen Schulen angekommen, erzählt Schulleiterin Jana Graupner. Für die Tochter von Horst Haberlau steht die Entscheidung, auf welche Schule sie wechseln wird, auch bald an. Für ihn komme es dabei vor allem darauf an, welche Neigungen die Kinder haben und wie ihre Leistungen sind. Vom Abitur um jeden Preis hält Haberlau nichts. Da sie gut in der Schule ist, möchte Tochter Carolin aber gerne auf das Gymnasium.

Umständliche Schulwege nach neuem Fahrplan

Das nächste Gymnasium ist in Niesky, es liegt gut zehn Kilometer von Kreba-Neudorf entfernt. Momentan kann Carolin noch zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule. Dann müsste sie mit dem Bus fahren. Hier zeigt sich der Nachteil des Landlebens: Es sind unter anderem die teils langen und umständlichen Wege zur Schule. Ein Thema, dass viele Eltern immer wieder beschäftigt. Vor allem der Fahrplanwechsel zum 1. Januar im nördlichen Landkreis Görlitz sorgt für Unmut. Auch bei Familie Haberlau. Denn anders als bisher gibt es keinen durchgehenden Schulbus mehr nach Niesky, die Kinder müssten auf dieser kurzen Strecke in Mücka in den Zug umsteigen.

Entspannteres Lernen auf dem Land

Horst Haberlau versteht wie viele andere Eltern auch die Änderungen im neuen Fahrplan nicht. Es sei zum Beispiel in Kreba-Neudorf die sichere barrierefreie Bushaltestelle hinter der Grundschule abgeschafft worden. So sollen zwei Minuten Zeit eingespart werden, damit der Bus rechtzeitig den Zug erreicht. Deswegen befindet sich die Haltestelle jetzt direkt an der Straße. "Das ist nicht sicher", findet der Familienvater. Die Autofahrer würden teilweise die Kinder erst sehr spät sehen. Außerdem seien Fahrzeiten verändert worden, so dass einige Eltern ihre Kinder jetzt mit dem Auto zur Schule bringen.

Es ist nur ein Beispiel von vielen, die zu zahlreichen Beschwerden über den neuen Fahrplan geführt haben. Haberlau und andere Eltern setzen sich nun beim Landkreis für Nachbesserungen ein. "Der alte Fahrplan hat schließlich gut funktioniert." Trotz des problematischen Schülerverkehrs schätzt der 59-Jährige aber das Landleben. Seine Familie habe sich bewusst dafür entschieden, von der Großstadt aufs Land zu ziehen. Die Kinder würden hier entspannter aufwachsen und entspannter lernen, ist sich Horst Haberlau sicher.

Grundschüler während des Unterrichts 119 min
Muss sich Bildung mit der Gesellschaft verändern und in welcher Form kann das gelingen? Bildrechte: imago images/photothek

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 16. Januar 2023 | 16:30 Uhr

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