Fahrzeugmuseum Chemnitz Lastenräder - keine Erfindung der Neuzeit
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26. Mai 2024, 19:18 Uhr
Ein Rad zwei Mal zu erfinden, heißt sprichwörtlich, etwas Törichtes zu tun. Bei der Erfindung des Lastenfahrrades trifft das nicht ganz zu. Denn heutige Lastenräder dienen anderen Zwecken als ihre Vorläufer, die Ende des 19. Jahrhunderts auf den Markt kamen. Das Fahrrad erfindet sich immer wieder neu, wie bei einem Treffen im Sächsischen Fahrzeugmuseum Chemnitz zu sehen war.
Beim diesjährigen Fahrradfest im Museum für Sächsische Fahrzeuge am Sonntag in Chemnitz standen Lastenfahrräder im Mittelpunkt. "Geschichte trifft Moderne", sagt Vereinschef Ludwig Karsch, der in einem Vortrag über die lange Geschichte des Lastentransports per Rad sprach. "Erste Ideen gab es schon direkt nach der Erfindung des Laufrades 1817. Aber die ersten Transporträder kamen um 1890 auf den Markt."
Chemnitz habe mit den großen Herstellern Diamant und Presto auch auf diesem Markt eine große Rolle gespielt. "Nach 1930 hatte allein Presto zehn Modelle im Angebot. Es waren vor allem Gewerbetreibende, die sich kein teures Auto für den Transport leisten konnten und auf das Lastenrad gesetzt haben. Ein solches Rad kostete damals 150 Mark."
Karsch: Lastenräder sind heute ein Stück Freiheit in der Stadt
Er selbst fahre auch ein modernes Lastenrad mit E-Motor, sagt Karsch. "Das ist ein Stück Freiheit in der Stadt. Wenn ich zur Arbeit fahre, kann ich auch mal schnell auf dem Markt anhalten und etwas besorgen." Das sei mit dem Auto viel schwieriger. Aber nicht alle könnten und wollten aufs Rad umsteigen.
"Einerseits muss man schon gern Rad fahren, um sich täglich aufs Lastenrad zu schwingen. Andererseits ist die Infrastruktur gar nicht dafür ausgelegt, dass die Zahl der Lastenräder immer weiter steigt." Er denke, dass ein Lastenrad zwar sehr alltagstauglich sei. "Aber zumindest eine Garage muss man schon haben."
Der Sammler: Mich interessiert die Technik und die Ökonomie
Sammler Alfred Mugler hat das älteste Modell mitgebracht, ein Dreirad mit Anhänger für die Dame aus französischer Produktion, das um 1890 hergestellt wurde. "Ich interessiere mich natürlich für die Technik dahinter. Aber genauso interessiert mich die technologische Revolution, die hinter einem solchen Produkt steckt."
Das Modell sei sicher für die reiche Dame konstruiert worden und viel zu teuer für die breite Masse gewesen. "Aber die Hersteller haben aus einer Mischung von Technikbegeisterung und wirtschaftlichem Interesse heraus sehr schnell Modelle entwickelt, die massentauglich und bezahlbarer waren - zum Vorteil für Kunden und Produzenten."
Dieses Dreirad habe er aber so authentisch wie möglich restauriert. "Weiße Reifen waren zum Beispiel zu dieser Zeit normal. Die schwarzen Reifen wurden erst viel später zur Pflicht, weil sich durch eine Rußbeimischung die Laufleistung verzehnfachte."
Die Pragmatische: Ich fahre mit dem Museumsfahrrad zu Festen
Christina Michel, Kuratorin im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz (smac), hat ein modernes Lastenrad mitgebracht. "Das hat der Förderverein für das Museum angeschafft." Sie fahre damit aber nur zu Stadtteilfesten, Kindereinrichtungen und Veranstaltungen wie dem Fahrradfest.
"Damit repräsentieren wir unser Museum und haben gleich eine Menge Material dabei." Für Wege im alltäglichen Museumsbetrieb sei der bürokratische Aufwand hingegen zu groß.
Fazit: Das Rad wird immer wieder neu erfunden
So wie die historischen Modelle der Lastenräder heute noch von Sammlern und Enthusiasten bewegt werden, aber auch schon Ehrenplätze im Museum haben, werden auch ihre Nachfolger von noch neueren Entwicklungen überholt werden.
Die Ansprüche an das Fahrrad als Transportmittel ändern sich ständig. Das Prinzip Fahrrad wird jedoch bleiben, was es ist - ein gesundes und flexibles Transportmittel.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 25. Mai 2024 | 15:00 Uhr