Zwei moderne Lastenräder stehen auf einem Parkplatz vor einem Zaun.
Moderne Lastenräder sind Hightech-Maschinen mit Elektromotor, mit denen sich Kinder oder schweres Gepäck mühelos transportieren lassen. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Fahrzeugmuseum Chemnitz Lastenräder - keine Erfindung der Neuzeit

26. Mai 2024, 19:18 Uhr

Ein Rad zwei Mal zu erfinden, heißt sprichwörtlich, etwas Törichtes zu tun. Bei der Erfindung des Lastenfahrrades trifft das nicht ganz zu. Denn heutige Lastenräder dienen anderen Zwecken als ihre Vorläufer, die Ende des 19. Jahrhunderts auf den Markt kamen. Das Fahrrad erfindet sich immer wieder neu, wie bei einem Treffen im Sächsischen Fahrzeugmuseum Chemnitz zu sehen war.

Beim diesjährigen Fahrradfest im Museum für Sächsische Fahrzeuge am Sonntag in Chemnitz standen Lastenfahrräder im Mittelpunkt. "Geschichte trifft Moderne", sagt Vereinschef Ludwig Karsch, der in einem Vortrag über die lange Geschichte des Lastentransports per Rad sprach. "Erste Ideen gab es schon direkt nach der Erfindung des Laufrades 1817. Aber die ersten Transporträder kamen um 1890 auf den Markt."

Ludwig Karsch, Vorsitzender des Vereins Museum für sächsische Fahrzeuge, sitzt auf einem historischen Dreirad.
Auch privat fährt Vereinschef Ludwig Karsch Lastenrad. Fürs Foto setzt er sich aber auch schon mal auf ein Modell aus dem späten 19. Jahrhundert. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Chemnitz habe mit den großen Herstellern Diamant und Presto auch auf diesem Markt eine große Rolle gespielt. "Nach 1930 hatte allein Presto zehn Modelle im Angebot. Es waren vor allem Gewerbetreibende, die sich kein teures Auto für den Transport leisten konnten und auf das Lastenrad gesetzt haben. Ein solches Rad kostete damals 150 Mark."

Zwei historische Lastenräder der Marken Presto und Diamant stehen nebeneinander.
Diamant und Presto mischten bis zum Zweiten Weltkrieg ganz oben auf dem Markt für Lastenräder mit. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Karsch: Lastenräder sind heute ein Stück Freiheit in der Stadt

Er selbst fahre auch ein modernes Lastenrad mit E-Motor, sagt Karsch. "Das ist ein Stück Freiheit in der Stadt. Wenn ich zur Arbeit fahre, kann ich auch mal schnell auf dem Markt anhalten und etwas besorgen." Das sei mit dem Auto viel schwieriger. Aber nicht alle könnten und wollten aufs Rad umsteigen.

"Einerseits muss man schon gern Rad fahren, um sich täglich aufs Lastenrad zu schwingen. Andererseits ist die Infrastruktur gar nicht dafür ausgelegt, dass die Zahl der Lastenräder immer weiter steigt." Er denke, dass ein Lastenrad zwar sehr alltagstauglich sei. "Aber zumindest eine Garage muss man schon haben."

Der Sammler: Mich interessiert die Technik und die Ökonomie

Sammler Alfred Mugler hat das älteste Modell mitgebracht, ein Dreirad mit Anhänger für die Dame aus französischer Produktion, das um 1890 hergestellt wurde. "Ich interessiere mich natürlich für die Technik dahinter. Aber genauso interessiert mich die technologische Revolution, die hinter einem solchen Produkt steckt."

Sammler Albrecht Mugler sitzt auf einem historischen Dreirad.
Sammler Alfred Mugler interessiert sich nicht nur für die historische Technik, sondern auch für den Antrieb der Techniker und Ökonomen, der für die Entwicklung immer neuer Modelle sorgte. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Das Modell sei sicher für die reiche Dame konstruiert worden und viel zu teuer für die breite Masse gewesen. "Aber die Hersteller haben aus einer Mischung von Technikbegeisterung und wirtschaftlichem Interesse heraus sehr schnell Modelle entwickelt, die massentauglich und bezahlbarer waren - zum Vorteil für Kunden und Produzenten."

Dieses Dreirad habe er aber so authentisch wie möglich restauriert. "Weiße Reifen waren zum Beispiel zu dieser Zeit normal. Die schwarzen Reifen wurden erst viel später zur Pflicht, weil sich durch eine Rußbeimischung die Laufleistung verzehnfachte."

Die Pragmatische: Ich fahre mit dem Museumsfahrrad zu Festen

Christina Michel, Kuratorin im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz (smac), hat ein modernes Lastenrad mitgebracht. "Das hat der Förderverein für das Museum angeschafft." Sie fahre damit aber nur zu Stadtteilfesten, Kindereinrichtungen und Veranstaltungen wie dem Fahrradfest.

Christina Michel, Kuratorin beim Sächsischen Archäologiemuseum, sitzt auf einem Lastenrad mit Sonnenschirm.
Christina Michel vom smac nutzt das Lastenrad, um das Museum bei verschiedenen Anlässen zu repräsentieren. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

"Damit repräsentieren wir unser Museum und haben gleich eine Menge Material dabei." Für Wege im alltäglichen Museumsbetrieb sei der bürokratische Aufwand hingegen zu groß.

Fazit: Das Rad wird immer wieder neu erfunden

So wie die historischen Modelle der Lastenräder heute noch von Sammlern und Enthusiasten bewegt werden, aber auch schon Ehrenplätze im Museum haben, werden auch ihre Nachfolger von noch neueren Entwicklungen überholt werden.

Außenansicht des Museums für säcjhsische Fahrzeuge, eine historische Hochrarage im Art Déco-Stil.
Hier im Fahrzeugmuseum landen sie alle mal, die sächsischen Fahrzeuge. Heute noch hochmodern, morgen schon abgelöst von moderneren Modellen und ein Fall für Sammler. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Die Ansprüche an das Fahrrad als Transportmittel ändern sich ständig. Das Prinzip Fahrrad wird jedoch bleiben, was es ist - ein gesundes und flexibles Transportmittel.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 25. Mai 2024 | 15:00 Uhr

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