
Junge Naturwächter Diese Kinder jubeln, wenn sie Müll sammeln sollen
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22. September 2024, 19:37 Uhr
Für den Erhalt und die Pflege der Natur im Freistaat ist ehrenamtliches Engagement essenziell. Laut Landesdirektion unterstützen rund 1.200 sächsische Bürger die Naturschutzbehörden in den Landkreisen. Doch die Gruppe der Freiwilligen würde immer älter und Nachwuchs sei Mangelware. Das Projekt "Junge Naturwächter" soll nun die Zukunft des sächsischen Umweltschutzes sicherstellen.
- Im Wildgatter gibt es eine Unterrichtseinheit zu Wildkatzen.
- Die Dachse enttäuschen, doch die Wildkatzen überzeugen.
- Generationslücke bei ehrenamtlichen Naturschützern soll geschlossen werden.
Zweistimmig schallt eine Jagdmelodie durch den Rabensteiner Wald. Auf einem Platz mit erdigem Boden stehen zwei naturfarben gekleidete Personen und blasen die simple Melodie aus zwei Jagdhörnern. An zwei Tischen daneben sitzt eine Gruppe von Schulkindern und lauscht den Klängen. Ein Großteil von ihnen trägt eine grüne Kappe auf dem Kopf.
Die letzten Töne verklingen und das Wildgatterfest in Oberrabenstein ist somit offiziell eröffnet. Nun geht es auch für die Kinder los. Obwohl sie hier bei einem Fest sind, müssen die Spielbuden und Essensstände erstmal abwarten, denn derzeit ist der Wissenshunger noch am größten. Das Thema heute sind Wildkatzen, was gerade Elena ganz besonders freut. Ihren Rucksack ziert zwar ein fein aufgestickter Fuchs, doch das Mädchen berichtet, dass Katzen ihre Lieblingstiere sind. Deshalb finde sie es cool, heute hier zu sein. Laut BUND gibt es seit 2011 auch wieder vereinzelte Wildkatzen in Sachsen, hauptsächlich im Vogtland und dem Leipziger Auwald.
Sachsenweites Naturschutz-Nachwuchsprojekt
Genau wie ihre anderen Mitstreiter, ist auch sie bei der Chemnitzer Gruppe der "Jungen Naturwächter" dabei, ein Projekt des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Laut Projektkoordinator Benjamin Franke, sei das Ziel des Angebotes, Kinder wieder mehr über ihre Umwelt aufzuklären und ihnen Naturschutz beizubringen. Heute übernimmt Marina Bolsdorf diese Aufgabe, denn sie ist auch Ehrenamtliche für den BUND und Expertin für Wildkatzen. In ihren Händen hält sie ein Wimmelbild von einer Waldszene. Die Schüler sollen aufzählen, welche Tiere sie entdecken und benennen können.
Es ist sehr notwendig, den Kindern den Naturschutz näherzubringen, denn man sagt ja 'Nur was man kennt, schützt man auch.'
Beeindruckend schnell rattern die Kinder die zu sehende Fauna runter. Marina Bolsdorf geht nun dazu über, zu erklären, welche Rollen Wildkatzen in diesem Ökosystem erfüllen. Dann lernen die Kinder, wie die Naturschutzhelfer mithilfe von Holzpfählen die Population der Wildkatzen bestimmen. Diese würden mit Baldrian besprüht und nachdem sich Wildkatzen daran gerieben haben, können die hängengebliebenen Haare analysiert werden.
Zum Abschluss muss noch ein Quiz zum heutigen Thema gelöst werden. Während die Kinder knobeln, spricht die Wildkatzenexpertin darüber, weshalb sie heute hier sei. "Es ist sehr notwendig, den Kindern den Naturschutz näherzubringen, denn man sagt ja 'Nur was man kennt, schützt man auch.'"
Ein Wildgatterbesuch mit Höhen und Tiefen
Laut Zeitplan ist nun erstmal die Dachsfütterung dran, doch die Dachsbrüder des Wildparks scheinen bei dem heutigen Trubel lieb in ihrem Bau bleiben zu wollen, auch wenn die Kindergruppe selbst, möglichst leise am Zaun wartet. Ein paar Schritte hinter den Kindern steht eine Frau mit roter Brille. Sie sei die Mutter von zwei der "Jungen Naturwächtern" und zeigt sich erfreut über das Angebot. "Zu anderen Nachmittagsaktionen muss ich sie überreden, aber hier gehen sie immer freiwillig hin." Dadurch würde auch sie selbst manchmal noch was von ihren Kindern lernen.
Bei den Dachsen gibt es weiterhin keinen Mucks, deshalb geht es direkt weiter zum Highlight des Tages, den Wildkatzen. Die Gruppe drängt sich gemeinsam in die dunkle Holzhütte mit einer großen Glaswand. Dahinter liegt das Gehege der Wildkatzen. Drei davon sitzen adrett auf einem Holzstamm. Sie scheinen leicht genervt, so im Fokus der Aufmerksamkeit zu stehen, machen aber auch keine Anstalten, sich zu verkriechen. Selbstverständlich ist auch Elena mit dabei, welche ihre Lieblingstiere durch die Scheibe bewundert. "Ich musste die eine Katze erstmal suchen. Ich finde das cool, wie die sich so tarnen können."
Es ist wichtig, dass die Kinder sowas lernen, um es an die nächste Generation weitergeben zu können.
Die Zukunft des sächsischen Naturschutzes
Nach ausgiebigem Betrachten der Katzen läutet Gruppenleiter Benjamin Franke langsam das Ende der heutigen Aktion ein. Die Veranstaltung sei ja auch ein wenig anders als das übliche Programm, deshalb können die Kinder der Rest des Tages mit ihren Eltern verbringen. Ihm selbst bedeute das Projekt sehr viel. Die derzeit aktiven Naturschutzhelfer seien oft über 60 Jahre alt und darunter klaffe eine große Lücke. "Es ist wichtig, dass die Kinder sowas lernen, um es auch wieder an die nächste Generation weitergeben zu können."
Ihm selbst sei auch bewusst, dass Umweltthemen, wie Wildgehege, Wölfe oder Windräder manchmal polarisieren. Deshalb könne die AG auch ein Ort sein, wo die Kinder sich mit solchen Themen auseinandersetzen können, wenn sie daran interessiert sind. Benjamin Franke betont aber, dass es ihm wichtig sei den Kindern nichts vorzugeben, damit sie versuchen können, sich auch selbst eine Meinung zu bilden.
Nach einem abschließenden Gruppenfoto ergreift Gruppenleiter Benjamin Franke nochmal das Wort. Er sagt an, was die Planung für die kommenden Treffen ist. "Wir sehen uns nächste Woche in der Naturschutzstation, wo wir Müll sammeln werden." Mehrere Kinder rufen erfreut auf: "Au ja, wieder Müll sammeln!" Mit diesem freudigen Ausblick verteilen sich die Teilnehmer der AG langsam und werden von Familienmitgliedern eingesammelt. Auch Elena begrüßt ihren Vater. "Ich habe gelernt, dass Wildkatzen buschigeres Fell und Ringe am Schwanz haben und das haben meine Katzen nicht. Das wusste ich vorher noch nicht." Vielleicht hat das Faible für Katzen geholfen, neues Wissen über die Natur ist aber auf jeden Fall hängen geblieben.