Einwohnerversammlung Halsbrücke wehrt sich gegen Grundstücksverkauf an Reichsbürger

06. Juli 2023, 17:23 Uhr

Reichbürger um den selbsternannten "König von Deutschland", Peter Fitzek, wollen in Halsbrücke bei Freiberg ein Selbstversorgerdorf errichten. In der Bevölkerung sorgt das für Unmut. Auf einer Informationsveranstaltung kündigte der Halsbrücker Bürgermeister an, was er gegen die Gründung des Selbstversorgerdorfes unternehmen will.

Kanzlei-Lehngut (Blick auf ein gelbliches Gebäude)
Das Kanzlei-Lehngut in Halsbrücke soll nach dem Kauf durch die Stadt in ein Umweltzentrum umgewandelt werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die Gemeinde Halsbrücke sieht gute Chancen, den Verkauf eines Grundstückes an das sogenannte Königreich Deutschland rückgängig zu machen. Bei einer Informationsveranstaltung am Dienstagabend sagte Bürgermeister Andreas Beger (CDU), die Gemeinde wolle vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen. "Wir lassen uns unsere kommunale Entwicklung an dieser Stelle nicht verunglimpfen", betonte Beger. In den vergangenen 30 Jahren hätten unter demokratischen Bedingungen so viele positive Veränderungen in der Gemeinde stattgefunden.

Bedenken und Fragen

Im Ort ist die Stimmungslage in Bezug auf die Pläne der reichsbürgernahen Vereinigung unterschiedlich. "Ich sehe das gelassen. Wir können sowieso nichts ändern", sagt eine Frau und ein anderer Halsbrücker Bürger fügt hinzu: "Eigentlich interessiert mich das nicht. Sicher habe ich Bedenken. Aber man kann sowieso nichts ändern."

Eine andere Frau hat sich schon mit den Hintergründen des "Königreichs" beschäftigt: "Ich finde das beängstigend insofern man nicht weiß, was diese Gruppe vorhat. Man weiß, dass sie ein Bildungszentrum aufbauen und Seminare anbieten wollen. Dort sollen Leute in eine bestimmte Richtung geschult werden. Das macht mir Angst."

Ein junger Mann warnt vor dem Verkauf an die reichsbürgernahe Vereinigung: "Ich bin ein Freund der Demokratie und deswegen müssen wir uns wehren gegen Institutionen oder Vereinigungen, die diese Demokratie ablehnen oder bekämpfen." Er sehe im "Königreich Deutschland" eine Gefahr für die Gesellschaft.

Ich bin ein Freund der Demokratie und deswegen müssen wir uns wehren gegen Institutionen oder Vereinigungen, die diese Demokratie ablehnen oder bekämpfen.

Junger Mann aus Halsbrücke

Informationsveranstaltung über "Königreich Deutschland"

Auch auf der Informationsveranstaltung selbst äußerten sich viele Halsbrücker Bürger besorgt. Sie wollten unter anderem wissen, wie andere Gemeinden in solchen Situationen gehandelt haben und was sie selbst tun könnten. Allerdings gab es laut Reporterangaben auch einzelne Redebeiträge, die zeigten, dass ein Reichsbürgerdorf Anhänger in der Region hätte. Einige im Publikum kritisierten, dass kein Vertreter des sogenannten Königreichs Deutschland auf dem Podium saß. Moderator Martin Ziegenhagen stellte klar, dass die Veranstaltung von der Gemeinde und vom Landkreis organisiert wurde, um über das "Königreich Deutschland" zu informieren.

Verkauf noch nicht abgeschlossen

Auch wenn er keinen Platz auf dem Podium hatte, so war Peter Fitzek, der selbsternannte König des sogenannten Königreichs Deutschland, bei der Veranstaltung anwesend. Er sagte, alle Aktivitäten der Vereinigung seien grundgesetzkonform und rechtmäßig. Er biete der Gemeinde und dem Landkreis eine Zusammenarbeit an. Fitzek selbst ist nicht Käufer des Kanzlei-Lehnguts, um das es in der aktuellen Debatte geht. Auf MDR-Nachfrage erklärte er, der Käufer sei ein "Staatsangehöriger des Königreichs Deutschland". Solange der Kaufpreis noch nicht bezahlt ist, sei dieser aber noch nicht Eigentümer.

Reichsbürger wollen autarke Strukturen aufbauen

Fitzek will nach eigenen Angaben in Halsbrücke mit seinen Anhängern ein sogenanntes "Autarkie-Projekt" gründen, das unabhängig sein soll von der Außenwelt. "Wenn in zwei Jahren die bargeldlose Gesellschaft kommt, stehen die Menschen vor der Wahl: Teil des Systems oder Selbstversorger werden. Und weil das ein Einzelner nicht kann, brauchen wir große, starke Gemeinschaften", skizzierte Fitzek seine Vision.

Fitzek (Ein Mann im mittleren Alter mit dunklen Haaren steht vor einem gelblichen Gebäude.)
Peter Fitzek, der selbsternannte König von Deutschland, versuchte auf der Informationsversanstaltung die Ängste und Sorgen der Einwohner zu zerstreuen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Das sogenannte Königreich Deutschland wird vom Verfassungsschutz beobachtet, da es die geltende Rechts- und Verfassungsordnung leugnet und Parallelstrukturen aufbauen will, unter anderem mit Grundstückskäufen wie dem in Halsbrücke.

Buergermeister (Ein älterer Mann mit weißen Haaren und Brille steht an einem Rednerpult.)
Halsbrückes Bürgermeister Andreas Beger will den Grundstückskauf durch die Reichsbürger nicht hinnehmen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wir lassen uns unsere kommunale Entwicklung an dieser Stelle nicht verunglimpfen.

Andreas Beger (CDU) Bürgermeister Halsbrücke

Gemeinde plant Umweltbildungszentrum

Die Gemeinde hatte am Tag der Informationsveranstaltung offiziell erfahren, dass das Kanzlei-Lehngut verkauft werden soll. Nun hat sie zwei Monate Zeit, um ihr Vorkaufsrecht nutzen. Damit könnte der Kauf durch das "Königreich Deutschland" rückgängig gemacht werden. Fünfeinhalb Millionen Euro werden demnach für den Kauf fällig. Pläne für eine zukünftige Nutzung scheint es vonseiten der Gemeinde schon zu geben: Auf dem Gelände soll laut Bürgermeister Beger gemeinsam mit der Stadt Freiberg ein Umweltbildungszentrum eingerichtet werden. Das Objekt umfasst rund 1,2 Quadratkilometer Fläche mit Pferdekoppeln, Rinder- und Schweineställen und einer Schaukäserei. Das sanierte Hauptgebäude wurde zuletzt als Pension genutzt.

Bisheriger Eigentümer sieht keine Alternative zum Verkauf

Bisher gehört das Kanzlei-Lehngut einem Architekten aus Dresden. Dieser sah sich wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten gezwungen, das Objekt zu verkaufen. Dass es sich bei dem Kaufinteressenten um einen Angehörigen des "Königreichs Deutschland" handelt, habe er erst durch die Kriminalpolizei erfahren, sagt er MDR SACHSEN. Er sei sich bewusst, dass das für einige Unruhe im Ort sorgt, doch es gebe bis heute keinen anderen Interessenten, der den Hof als Bauernhof weiter betreiben wolle. "Ich muss auf meine Zahlen schauen. Ich habe keine andere Alternative."

MDR (sth/wma/Tobias Wilke)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 05. Juli 2023 | 19:00 Uhr

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