Zwei junge Frauen zeigen ein Buch in die Kamera
Die Fotografin Vira Dumke (li.) und die Schriftstellerin Iryna Fingerova haben die die Ausstellung "Gemeinsam Heimatlos" zusammen auf die Beine gestellt. Bildrechte: MDR/Stephan Hönigschmid

Migration Schicksale Geflüchteter: Ausstellung in Dresden zeigt Bilder nach der Flucht

23. September 2023, 16:20 Uhr

Zwei Ukrainerinnen haben mehr als ein Dutzend Geflüchtete in Sachsen portraitiert. Sie wollen damit den Leidensweg der Menschen sichtbar machen, die sich hinter den abstrakten Flüchtlingszahlen verbergen. Im Ukrainischen Haus im Quartier an der Frauenkirche (QF) in Dresden findet am Sonnabend die Vernissage statt.

Wer sind die Menschen, die als Geflüchtete zu uns kommen? Und welche Schicksale verbergen sich hinter den anonymen Zahlen von Flucht, Vertreibung und Migration? Darauf gibt jetzt die Ausstellung "Gemeinsam Heimatlos" Antworten. "Unser Projekt besteht aus einer Fotoausstellung, einer Lesung und einer Diskussion", sagt die aus dem ukrainischen Odessa stammende Schriftstellerin und Ärztin Iryna Fingerova, die das Buch zur Ausstellung verfasst hat. Gemeinsam mit der Fotografin Vira Dumke hat sie mehr als ein Dutzend Menschen seit Februar Stück für Stück portraitiert.

Zwei junge Frauen hängen ein Bilder auf. 3 min
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3 min

Sa 23.09.2023 13:18Uhr 02:41 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/video-ausstellung-flucht-fluechtlinge-portraits-100.html

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Vor der Flucht Ärztin - jetzt voller Angst vor Behörden

"Da ich und Vira aus der Ukraine kommen, liegt da unser Schwerpunkt. Es gibt aber beispielsweise auch Geschichten aus Syrien, Libyen und Eritrea." Bei ihrer Recherche hat Iryna Fingerova eine Sache festgestellt, die viele Geflüchtete eint. "Vor der Flucht hat man sich mit seinem Beruf identifiziert, war Ingenieurin, Ärztin oder Schauspielerin. Jetzt ist man nur jemand, der die Sprachschule besucht und Angst vor den Behörden hat", sagt Fingerova und fügt an: "Deshalb ist der Fokus unseres Projektes auf der existenziellen Krise, die man erlebt, wenn man fliehen muss."

Ein Mann im mittleren Altern, der eine Brille trägt, schaut freundlich in die Kamera
Ali Archel flüchtete 2015 aus Syrien über das Mittelmeer nach Europa. Dabei wäre er zweimal fast gestorben. Heute ist der Neurologe Oberarzt in Senftenberg. Bildrechte: MDR/Stephan Hönigschmid

Auch ihr eigenes Weltbild habe sich durch die Interviews geändert. "Viele Geschichten waren wirklich bedrückend. Mir war das vorher nicht alles bewusst. Ich habe dadurch auch selbst gemerkt, dass man nur Empathie empfinden kann, wenn man das Einzelschicksal kennt." Zudem habe es kaum einen Unterschied gemacht, woher die Menschen geflohen seien. "Fast alle haben die gleichen Sachen erzählt. Da wurde mir klar, dass es nicht vom kulturellen Hintergrund abhängt, sondern die Erfahrung der Flucht eine zutiefst menschliche ist."

Impfung gegen Nationalismus für Anhänger der AfD

Diese Botschaft möchte sie auch AfD-Anhängern mit auf den Weg geben. "In Sachsen gibt es viele Menschen, die die AfD unterstützen. Gerade für sie wäre es wichtig zu wissen, dass es nicht nur abstrakte Flüchtlinge sind, sondern auch Ärzte und andere gebildete Menschen." Sie betrachte das Projekt daher auch als eine Art Impfung gegen Nationalismus, legte Fingerova, die selbst als Hausärztin in Dresden praktiziert, ihre Beweggründe dar. Darüber hinaus liege es ihr am Herzen, dass der Krieg in der Ukraine nicht schleichend in Vergessenheit gerate.

Eine dunkelblonde Frau schaut ängstliche in die Kamera
Die junge Mutter Sascha Savenko aus Charzysk floh mit ihren Kindern vor dem Krieg in der Ukraine. Heute lebt die Ökonomin in Dresden. Auch ihre Geschichte wird in der Ausstellung thematisiert. Bildrechte: MDR/Stephan Hönigschmid

Ausführliche Gespräche für tiefe Einblicke in Fluchtgschichten

Damit die einzelnen Reportagen möglichst authentisch werden, hat sich Iryna Fingerova neben ihrer Arbeit als Hausärztin viel Zeit für das Projekt genommen. "Ich habe mich mit jedem Protagonisten sehr ausführlich unterhalten und die Gespräche als Audio aufgenommen. Danach habe ich es mir mehrfach angehört, bevor ich zu schreiben begonnen habe." Ähnlich sei das bei der Fotografin Vira Dumke gewesen. Die 39-Jährige habe die Gefüchteten, die größtenteils in Sachsen leben, mehrfach besucht, um die passenden Bilder für die Fotoreportage zu erstellen.

Wer sie sich anschauen möchte, kann am Sonnabend, 23. September, ab 17:30 Uhr die Vernissage im Ukrainischen Haus im QF an der Frauenkirche in Dresden besuchen. Die Ausstellung ist dort bis zum 28. September jeweils von 13 bis 18 Uhr zu sehen. Am 29. September gibt es um 20 Uhr ebenfalls eine Vernissage im "Hole of Fame" in der Dresdner Neustadt. Anschließend gastiert die Schau bis zum 15. Oktober. Geöffnet ist donnerstags bis sonntags von 18 bis 21 Uhr.

MDR (sth)

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