Staatliche Kunstsammlungen Dresden Ausstellung blickt hinter Museumskulissen
Hauptinhalt
13. Oktober 2023, 15:32 Uhr
Studierende der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig haben für ein Kunstprojekt einen Blick hinter die Kulissen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden geworfen. Entstanden sind Installationen und Videoarbeiten. Die werden nun in einer neuen Ausstellung präsentiert. Vom 12. Oktober bis 23. November 2023 ist sie unter der Überschrift "Wir zeigen, was wir (nicht) wissen – Bilder als Forschung" im Japanischen Palais Dresden zu sehen.
- Weil man in den Musseen nur einen Bruchteil zu sehen bekommt, haben Studierende hinter die Kulissen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden geblickt.
- Das Ergebnis des Projekts sind Kunstwerke, die aus der Erforschung von Kunst entstanden sind.
- Beim Eintauchen in die Depots fanden die Studierenden immer wieder Anknüpfungspunkte an heutige gesellschaftliche Debatten.
Für Ingmar Stange ist das Museum ein Eisberg. Im Japanischen Palais in Dresden, wo er gerade die Monitore seiner Dreikanal-Videoinstallation angeschlossen hat, erklärt er, warum: "Wenn man ins Museum geht, sieht man wirklich nur die Spitze des Eisbergs. Die ganze Arbeit und der ganze Aufwand, der dahinter steckt, ist unsichtbar."
Im Museum sieht man nur die Spitze des Eisbergs
In den vergangenen zehn Monaten durften er und andere Studierende der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) die verborgenen Regionen dieses Eisbergs erkunden. Eingeladen im Rahmen einer transkulturellen Akademie, warfen die Studierenden der Fachklasse "expanded cinema" einen künstlerischen Blick auf die Arbeit der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD).
Forschungsarbeit im Spiegel der Kunst
Auch das Forschen selbst produziere Bilder, erläutert Doreen Mende, Leiterin der Abteilung Forschung der SKD, die Idee: "Diese Kategorie von Bild taucht ja oft gar nicht in Ausstellungskontexten auf. Wir kennen Objektfotografie, wir kennen Ausstellungsansichten - oft ist die Ausstellung ein Endresultat eines Forschungsprozesses." Dies habe man gemeinsam mit den Studierenden auf den Kopf stellen wollen, indem man die Ausstellung selbst als eine Forschungsmethode etabliert.
Ingmar Stange hat mit seiner Kamera sowohl einen Ausstellungsbeleuchter als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Provenienzforschung und der Skulpturensammlung begleitet. "Da gehen Vitrinen auf, da werden Objekte rausgenommen, wieder reingenommen. Also alles so Zustände, in denen die normalen Besucher gar nicht richtig reinkommen", berichtet der Student.
Für die Studierenden sei dieser Blickwechsel eine wichtige Erfahrung auch für ihre eigene künstlerische Entwicklung gewesen, sagt Clemens von Wedemeyer, Professor an der HGB. Es sei eine Offenheit dafür entstanden, was ein Bild alles sein könne: "Das interessiert uns eben auch in der Klasse 'expanded cinema': Immer hinter die Leinwand oder durch die Bilder hindurch schauen."
Hölzerne Rolemodels aus dem Museum für Sächsische Volkskunst
Die Studentin Leila Brinkmann tauchte im Depot des Museums für Sächsische Volkskunst ab. Auf den zwei Bildschirmen ihrer Videoinstallation wechseln sich Ausschnitte aus Haushaltsratgebern mit Aufnahmen von Handarbeiten, Puppenküchen und Kinderbüchern ab. Sie beschäftigt die Frage nach unserer Idee von Weiblichkeit: "Was muss ich eigentlich wollen? Muss ich Kinder wollen, muss ich mich um einen Menschen kümmern wollen?"
In den historischen Artefakten, die sie für ihre Arbeit ausgewählt hat, erkennt sie das gleiche, enge Rollenbild, das ihr zuweilen, zum Beispiel unter dem Hashtag #Tradwifes, auf Social-Media-Kanälen begegnet. "Ich glaube schon, dass es immer wieder so einen Rückschwung gibt. Gerade wenn man darüber nachdenkt, wie man sich Familie und alles aufteilt - da ist ganz tief in uns drin die Vorstellung, dass das eigentlich ganz natürlich ist." Das verhindere, so Leila Brinkmann weiter, sich irgenwie anders zu verhalten.
Mit der Schau den Spieltrieb entdecken
Den Blick weiten, Anstoß geben, eigene Ansichten überdenken - in der Ausstellung "Wir zeigen, was wir (nicht) wissen" laden die vielfältigen Installationen und Videoarbeiten genau dazu ein. Auch die Institution Museum mit ihrer manchmal unnahbaren Atmosphäre und den unantastbaren Ausstellungsstücken steht zur Disposition. Für den Hochschulprofessor Clemens von Wedemeyer macht die Ausstellung vor, was sich Besucherinnen und Besucher vielleicht manchmal erträumen - zum Beispiel, dem Spieltrieb nachzugeben. Auch für Leila Brinkmann war das eine schöne Erfahrung:
Man kann das ja nie anfassen, wenn man im Museum ist und sich das anschauen. Das war besonders toll: durch die Bücher blättern und diese winzig kleinen Spielzeuge anfassen.
Vom Bildschirm schaut ihr dabei ein erzgebirgisches Holzpüppchen mit großen Augen neugierig über die Schulter.
Ausstellung "Wir zeigen, was wir (nicht) wissen – Bilder als Forschung"
12. Oktober bis 23. November 2023
täglich 10 bis 18 Uhr, montags geschlossen
Eintritt frei
Japanisches Palais, Palaispl. 11, 01097 Dresden
Eine Ausstellung der Forschungsabteilung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Doreen Mende und Anna-Lisa Reith, in Zusammenarbeit mit der Klasse "expanded cinema" der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Clemens von Wedemeyer und Mareike Bernien.
Gezeigt werden künstlerische Arbeiten von Anna Sopova, snc, Ingmar Stange, Johann Bärenklau, Katharina Bayer, Ksenia Bashmakova, Leila Brinkmann, Lucia-Charlotte Ott, Mahshid Mahboubifar, Marta Sundmann, Natalia Zaitseva, Sijo Choi Kim, Simón Jaramillo Vallejo, Valerio de Araújo Silva und Yu-Hsin Su.
Quelle: MDR KULTUR, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Redaktionelle Bearbeitung: bh
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 16. Oktober 2023 | 12:10 Uhr