Protestaktion Gebäudereiniger
Ungewohnte Umgebung: Statt wie sonst Schulen, Kitas, Museen oder Firmen zu reinigen, schwingen Reinigungskräfte am Montag symbolisch auf der Augustusbrücke den Besen. Sie wollen von Politik und Arbeitgebern gesehen und mit ihren Forderungen gehört werden. Bildrechte: Katalin Valeš

Inflationsausgleich Reinigungskräfte protestieren für etwas mehr Geld auf der Dresdner Augustusbrücke

17. Juli 2023, 20:43 Uhr

Urlaubszeit ist Grundreinigungszeit. Für Gebäudereinigerinnen und Fensterputzer heißt das: alle Hände voll zu tun in Schulen, Museen, Krankenhäusern und anderen Gebäuden. Böden, Möbel, Fenster - alles wird geschrubbt. Während sie den Dreck anderer Leute beseitigen, sieht's aber auch in ihren Portemonnaies "wie leer gefegt" aus. Mit einer Protestaktion auf der Dresdner Augustusbrücke wollte die Branche am Montag auf ihre Situation aufmerksam machen und die Arbeitgeber an den Verhandlungstisch bringen.

Mit einer blitzblank gefegten Augustusbrücke protestierten am Montag Gebäudereinigerinnen und Fensterputzer die in ihren Augen geringe Entlohnung in ihrer Branche. Das Ziel ihrer Protestaktion: Eine Inflationsausgleichsprämie in diesem Jahr und ab 2024 eine Jahressonderzahlung. Damit soll der Stundenlohn zwischen 13 und 16,20 Euro aufgepolstert werden.

Konkrete Summen für mögliche Prämienforderungen wurden dabei nicht genannt, zunächst gehe es darum, die Arbeitgeberseite überhaupt an den Verhandlungstisch zu bringen, sagt Stella Prott, Branchensekretärin für das Gebäudereiniger-Handwerk bei der Gewerkschaft IG BAU in Dresden: "Wir sind heute hier, weil wir die Arbeitgeberseite auffordern, mit uns an den Verhandlungstisch zu gehen." Konkret meint sie damit die Firmen im sächsischen Gebäudereiniger-Handwerk und den Bundesinnungsverband.

Protestaktion Gebäudereiniger
Weil viele mit einem Stundenlohn von 13 Euro nicht gut über die Runden kommen, haben am Montag Reinigungskräfte öffentlich auf der Augustusbrücke mitten in der Dresden auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Bildrechte: Katalin Valeš

Zaghafter Protest für etwas mehr Geld

Der Protest ist zaghaft. Zurückhaltend und leicht skeptisch beobachten die Teilnehmenden der Aktion das Interesse der örtlichen Medien. Versammelt haben sich stellvertretend für die ganze Branche etwa 30 Menschen. Die meisten sind es nicht gewohnt, lautstark Forderungen zu verkünden, von Pressefotografen fotografiert und von Kamerafrauen gefilmt zu werden. Stattdessen erledigen sie normalerweise ohne viel Worte zu verlieren, fleißig und gewissenhaft ihre Arbeit.

Interviewanfragen werden anfangs schüchtern mit einer Handbewegung oder einem Kopfschütteln abgewiesen. Sie sei nicht so die große Rednerin, sagt eine der Protestierenden entschuldigend. Eine andere Frau mit Warnweste lacht verlegen. Der Sprechgesang der Gewerkschaftlerin "Arbeitergeber an den Verhandlungstisch" wird nur zögerlich und mit leiser Stimme unterstützt. Nach mehr Geld zur fragen kostet Überwindung. Und doch sind sie gekommen. Denn schon während der Pandemie sei die Branche leer ausgegangen, erinnert Stella Prott in ihrem Redebeitrag. Und eigentlich sei nun etwas mehr Geld notwendig, sind sich die Anwesenden einig, wie aus Gesprächen zu hören ist.

Protestaktion Gebäudereiniger
Glas- und Gebäudereiniger Frank Steinberger ist mit seiner Arbeit grundsätzlich zufrieden, wünscht sich aber mehr Geld zum Leben. Bildrechte: Katalin Valeš

Einer, der kein Problem hat, seine Meinung zu sagen ist der 62-jährige Frank Steinberger. Der Glas- und Gebäudereiniger ärgert sich darüber, dass es für ihn, seine Kolleginnen und Kollegen anders als in anderen Branchen bislang keine Inflationsausgleichprämie gab. Er ist zur Augustusbrücke gekommen, um Politik und Öffentlichkeit auf diesen Umstand aufmerksam zu machen: "Wir wollen, dass uns die Politik nicht vergisst. Ohne die Glas- und Gebäudereiniger geht's ja nicht."

Wir wollen, dass uns die Politik nicht vergisst. Ohne die Glas- und Gebäudereiniger geht's ja nicht.

Frank Steinberger Glas- und Gebäudereiniger

Besonders jetzt, in der Ferienzeit, wo andere Urlaub machen, sei wegen der Grundreinigung in vielen Gebäuden viel zu tun. Steinberger mag seinen Job. Er betreut ein Gebäude mit 2.400 Quadratmetern Innenfläche und etwa 800 Quadratmeter Außenfläche: "Die Arbeit ist abwechslungsreich: Gartenarbeit, Zimmer- und Toilettenreinigung, Küchenreinigung - es ist immer was zu tun." Allerdings: Mit dem, was am Monatsende finanziell übrigbleibt, ist er nicht zufrieden.

Reinigungskräfte stärker gewerkschaftlich organisiert

Mit der Gewerkschaft IG BAU setzt sich Stella Prott für Reinigungskräfte ein, die am Monatsende keinen festen Betrag erhalten, sondern nach einem tariflich geregelten Stundenlohn bezahlt werden. "Momentan beobachten wir in der Branche einen Mitgliederzuwachs", hat Prott beobachtet. Etwa 50 Prozent seien mittlerweile gewerkschaftlich organisiert.

Reinigungskräfte, die nach Tarifvertrag bezahlt werden, bekommen als ungelernte Kraft 13 Euro pro Stunde und wenn sie gelernt oder in der Glasreinigung tätig sind, erhalten sie laut Prott derzeit 16,20 Euro Stundenlohn. Viele hätten große Probleme, ihren täglichen Bedarf zu decken. Die Inflation und gestiegene Preise würden massiv zuschlagen.

Inflationsausgleichsprämie - bis 3.000 Euro steuerfrei Seit Oktober gibt es als zusätzliche mögliche Entlastung die Inflationsausgleichsprämie. Auf den Weg gebracht hat sie zwar die Bundesregierung, zahlen aber sollen sie die Unternehmen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können mit der neuen Regelung ihren Beschäftigten einen steuer- und abgabefreien Betrag von bis 3.000 Euro gewähren - allerdings handelt es sich hierbei um eine freiwillige Leistung.

MDR (kav)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 17. Juli 2023 | 17:30 Uhr

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