Außerschulisches Lernen Waschbrett, Mangel und Spinnrad: Kinder in Dresden gehen auf Zeitreise
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13. Mai 2023, 08:00 Uhr
Ältere erinnern sich vielleicht noch, wie die Oma die Wäsche durch die Mangel zog und diese dann zum Ausbleichen in die Sonne legte. Doch die Erinnerung, wie hart die Arbeit früher auf dem Land war, ist wohl auch bei vielen Erwachsenen mittlerweile verblasst. Die Schüler der 3. Klasse der 8. Grundschule Dresden machten im Kleinbauernmuseum Reitzendorf eine Reise in die Zeit vor 100 Jahren. Für sie hieß es Waschschürze anlegen und Ärmel hochkrempeln.
- Im Kleinbauernmuseum Reitzendorf tauchen Drittklässler in vergangene Zeiten ein und säubern Wäsche wie vor 100 Jahren.
- Für Erwachsene wie auch die Kinder gehörte damals neben dem Wäschewaschen noch andere harte Arbeit zum Tagesplan.
- Die Grundschüler hören Anekdoten über die Bauernfamilien und entdecken kuriose Haushaltsgeräte.
Bianka Wolf öffnet eine quietschende Holzklappe. Die Kinder der Klasse 3c der 8. Grundschule Dresden stehen im Halbkreis um den alten Brunnen auf dem Hof eines 200 Jahre alten Dreiseithofes. Sie schauen aufgeregt in das dunkle Brunnenloch. Bianka Wolf vom Museumsteam des Kleinbauernmuseums Reitzendorf erzählt, wie wichtig so ein Brunnen für die Bewohner des Bauernhofes in früheren Tagen war: "Manche hatten nicht so einen Brunnen im eigenen Hof und mussten Wasser im Dorf holen gehen. Das ganze Wasser fürs Kochen, Waschen und Tiereversorgen haben sie von hier geholt."
Die Mädchen und Jungen tragen Waschhauben und -schürzen in unterschiedlichen Farben und Mustern. Leonhard findet sein blaues Kopftuch klasse: "Schaut her! Ich bin ein Pirat!" Die Kinder lachen. "Die Waschschürzen schützen euch jetzt, damit ihr nicht nass werdet", erklärt Bianka Wolf. Sie zeigt den Kindern, wie sie mit der Schöpfkelle das Wasser aus dem Brunnen holt. Danach sind die Kinder im Alter von acht bis zehn Jahren an der Reihe.
Wäsche einweichen, waschen und mangeln wie früher
Gar nicht so einfach, das Wasser zu schöpfen und die Eimer zu den Waschbottichen zu tragen. "Habt ihr ordentlich gefrühstückt?", fragt Susanne Kühnel in die Runde und lacht. Sie ist die Sachkundelehrerin der 3c: "Wir haben aktuell das Unterrichtsthema 'Früher und heute'. Die Kinder haben auch schon Straßennamen erforscht." Lilly schöpft vorsichtig das Wasser mit der Kelle - soll ja nichts verloren gehen von dem wertvollen Nass. Dahinter steht schon Oskar mit einem Eimer bereit.
Am Anfang sind die Schülerinnen und Schüler noch etwas zögerlich. Doch dann flitzen sie den Hang am alten Bauernhaus mit seinem roten Fachwerk hinauf und füllen flott ihre Eimer. Bald sind die vier Bottiche auf dem Hof voll. "Nun geht's ans Wäschewaschen!", sagt Bianka Wolf und zeigt auf die Bottiche im Hof. Mit dem Einstampfer - genannt auch Waschwolf oder Wäscheglocke - erklärt sie den Kindern, wie früher Hosen, Unterwäsche oder Socken eingeweicht wurden. "Meine Oma weicht auch noch so ein", sagt Milou.
Nicht nur Wäschewaschen stand auf dem Tagesplan
Am Waschbrett wird mit Kernseife den hartnäckigen Flecken der Garaus gemacht. "Nicht nur das Wäschewaschen stand früher auf dem Tagesplan. Die Frau musste schon um 5 Uhr aufstehen, um die Tiere zu versorgen. Die Kinder halfen nach der Schule im Garten oder auf dem Feld", erzählt Bianka Wolf. Nachdem die Museumsführerin Einweichen, Auswaschen und Mangeln vorgeführt hat, dürfen die Kinder Hand anlegen.
Nicht nur das Wäschewaschen stand früher auf dem Tagesplan. Die Frau musste schon um 5 Uhr aufstehen, um die Tiere zu versorgen. Die Kinder halfen nach der Schule im Garten oder auf dem Feld.
An einem Bottich reiben Viktoria, Charlotte und Emmylou kräftig mit der Seife über das Waschbrett aus Blech. "Oh mein Gott, wie dreckig!", sagt Viktoria und taucht ein orangefarbenes Tuch noch einmal tief in das Wasser voller Seifenblasen. Gemeinsam geht das Waschen nun ruck, zuck. Erst als das letzte kleine Taschentuch gewaschen ist, geht es an die Wäschemangel.
Kräftig an der Mangel drehen
Oskar dreht kräftig an der Kurbel, während Bianka Wolf ein Küchentuch durch die zwei dicken Rollen der Mangel zieht. Dadurch werde die grobe Nässe aus der Wäsche gedrückt, erklärt sie. Auch Sachkundelehrerin Susanne Kühnel probiert sich an dem Gerät und lacht: "Ich bin eben kein Profi." Erst ist es etwas schwierig, die Wäsche durch den Mangel zu ziehen. Doch dann hat sie den Dreh raus.
Danach geht es ans Wäscheaufhängen auf dem sonnigen Wiesenhang. Ein paar Mädchen kichern, als sie einen BH mit Klammern festmachen. Manche Klamotten werden zum Bleichen auf die Wiese gelegt. "Beim Bleichen sollte die Sonne noch restliche Flecken rausziehen. Da durfte keine Ente drauf kacken, denn dann musste man gleich nochmal waschen", so Bianka Wolf.
Das einzige elektrische Gerät war das Radio
Während die Wäsche trocknet, erzählt Bianka Wolf, wie die früheren Bewohner im Bauernhaus bis in die 1980er-Jahre lebten. In der kleinen Wohnstube steht kein Fernseher oder Computer, sondern ein Spinnrad, ein kleines Sofa und eine winzige Kochecke. "Das einzige elektrische Gerät war das Radio", erklärt Wolf und zeigt auf einen viereckigen, braunen Kasten. "Von 300 Personen im Dorf hatte nur einer ein Telefon", sagt sie. "Wirklich?", staunt Willi und macht große Augen.
Kuriose Haushaltsgeräte
Nachdem Bianka Wolf erst ein großes, schweres Bügeleisen präsentiert hat, hält sie auf einmal ein winziges Bügeleisen auf der flachen Hand - lautes Lachen in der Runde. "Die Spielsachen der Kinder waren damals an den häuslichen Alltag angepasst", erklärt Wolf. Die Museumsführerin zeigt den Kindern noch andere kuriose Geräte, wie einen Quirl, der aus einem alten Weihnachtsbaum geschnitzt wurde oder Brennscheren, mit denen früher Locken gewickelt wurden. Nach rund drei Stunden ist die Zeitreise für die Drittklässler vorbei. Bianka Wolf verabschiedet sich bei ihnen, die Schüler klatschen.
In der Zeit von damals leben?
Am nächsten Tag in der Schule startet Sachkundelehrerin Susanne Kühnel eine Umfrage unter den Drittklässlern: "Wer würde in der Zeit von damals leben wollen?" Der Großteil der 20 Schülerinnen und Schüler schüttelt gleich den Kopf. "Den meisten würde es Angst machen, dass es keine elektrischen Lampen gibt und es abends schon dunkel ist", sagt Lehrerin Kühnel. Doch Oskar und Shaam könnten es sich vorstellen: "Wir würden es zumindest mal eine Woche ausprobieren wollen."