Klettern in der Kirche Pirnaer Hospitalkirche wird zur Kletterhalle
Hauptinhalt
04. Mai 2024, 11:30 Uhr
Die Pirnaer Hospitalkirche wird zur Kletterhalle. Große und kleine Bergsteiger freuen sich auf einen neuen Trainingsort – er könnte zum Vorbild werden für eine neue Nutzung von nicht mehr benötigten Gotteshäusern.
Stefan Henny ist der Erste, der hier klettern darf. Platte für Platte schraubt er an dem acht Meter hohen Balkengerüst in der Pirnaer Hospitalkirche fest. Wenn er aufblickt, fällt sein Blick auf der einen Seite auf eine Orgel – und auf der anderen auf bunte Kirchenfenster. Dort stand früher der Altar. "Tatsächlich haben wir in einer Kirche noch keine Kletterwand aufgebaut", sagt der erfahrene Kletterwand-Bauer. "Es ist so schon etwas Besonderes."
Der Umbau der heiligen Halle hat ganz profane Gründe: Die alte Kletterhalle des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB) in Pirna war marode – die Stadt bot die leerstehende Kirche zur Miete an. Fördergelder von Freistaat und Stadt für den 120.000 Euro teuren Umbau halfen auch. Mehr höherer Beistand war für die Bergsteiger nicht nötig.
Ob das Klettern in einer Kirche anders ist? "Nein", überlegt Gunther Thar, der Vorsitzende der Pirnaer Ortsgruppe des SBB. "Hallenklettern ist ein sicherer Sport, höherer Beistand ist nicht nötig. Das Ambiente ist hier einfach nur gut."
Die 1916 erbaute Pirnaer Kirche wurde bis 2002 von der evangelischen Gemeinde der Stadt für Gottesdienste im Winter, Veranstaltungen und Chorproben genutzt. Doch nach den Schäden der großen Flut und angesichts neuer Gemeindezentren in Pirna wurde die Hospitalkirche nicht mehr benötigt und stand leer.
Neue Nutzung für leere Kirchen gesucht
Auch wenn das Gotteshaus der städtischen Hospitalstiftung gehört und nicht der evangelischen Gemeinde: Die Landeskirche wird angesichts schrumpfender Mitgliederzahlen und Finanzen künftig öfter nach solchen neuen Nutzungsmöglichkeiten für Gotteshäuser suchen müssen. Bisher war das nur in Einzelfällen wie bei der 2014 geschlossenen Lutherkirche in Heidenau nötig. Im katholischen Bistum Dresden-Meißen wie in der kleineren methodistischen Kirche in Sachsen geschah das bereits öfter.
Bei einer neuen Nutzung sei wichtig, dass sie christlichen Werten nicht widerspreche, sagt die Baudezernentin der sächsischen Landeskirche, Carmen Kuhn. "Kirchliche Idee ist für mich Gemeinschaft, Dienst am Nächsten, gut miteinander auskommen."
Klettern wird immer beliebter
Während die Kirchen kleiner werden, wollen immer mehr Menschen klettern. Zu besichtigen ist das in der Heidenauer YOYO-Kletterhalle, wo die Kindergruppen des Pirnaer Bergsteigerbundes bisher trainieren. 15 Jungen und Mädchen erklimmen mit geübten Griffen die Wände. Auf der Warteliste stehen noch viel mehr. Und auch die Zahl der gut 300 Mitglieder des SBB Pirna wächst.
"Ich freue mich, dass diese kleine alte Kirche wieder genutzt wird", sagt Kinder-Trainerin Diana Ender. "Und ich freue mich darauf, dass wir dort viel mehr Ruhe haben. Wir können viel besser erklären und werden viel mehr Platz haben."
Eröffnung der Kletterkirche im Herbst
Im Herbst soll die Kletterkirche öffnen. In erster Linie für Vereinsmitglieder des SBB, aber auch für Gäste. Bis dahin müssen die Pirnaer Bergsteiger noch 700 Griffe an ihrer neuen Wand anbringen. Alles ehrenamtlich. Dann kann es gen Himmel gehen.
"Es ist vielleicht der Unterschied zu einem normalen Ausdauersport, dass man beim Klettern auch mal die Gedanken schweifen lassen kann", sagt Jörg Schotte, der zweite Vorsitzender der SBB-Ortsgruppe Pirna. "Hier beim Klettern ist man wirklich beim Klettern - und ist von allem Anderen wirklich weg."
MDR (cnj)