"Die Projektoren" So war die Buch-Premiere von Clemens Meyer in Leipzig
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29. August 2024, 10:00 Uhr
Erstmals seit elf Jahren erscheint ein neuer Roman des Leipziger Schriftstellers Clemens Meyer. "Die Projektoren" wird vom Verlag als Epos über die Krisen Europas und die Kunst des Erzählens angekündigt. Der Roman, der für den Deutschen Buchpreis nominiert ist, feierte am Mittwochabend seine Buchpremiere in Leipzig.
- Die Buch-Premiere feierte Clemens Meyer am Tag der Veröffentlichung in seiner Heimatstadt Leipzig.
- "Die Projektoren" spannt den Bogen von Leipzig nach Belgrad, von der DDR bis zur Volksrepublik Jugoslawien und erzählt von den Krisen Europas.
- Mit ihm ist Clemens Meyer erneut für den Deutschen Buchpreis nominiert.
Der Schriftsteller Clemens Meyer hat am Mittwochabend seinen neuen Roman in Leipzig vorgestellt, an dem er viele Jahre lang geschrieben hat. "Die Projektoren" ist ein Opus magnum und mehr als 1.000 Seiten schwer.
Vor den gespannten Leserinnen und Lesern gab Meyer im Literaturhaus seiner Heimatstadt diverse Anekdoten zum Besten, sprach über die prägenden Ideen und Charaktere von "Die Projektoren" und auch darüber, dass ihn mitunter Geistesblitze auf der Toilette ereilten. "Ich saß auf dem Deckel und wollte mich gerade vorbereiten – und da kam mir die Idee", schilderte er unter dem Gelächter des Publikums.
Das Buch hat mein ganzes Leben bestimmt – über mehrere Jahre.
Der Entstehungsprozess des langerwarteten Buches sei kein leichter gewesen, macht Meyer klar: "Ich war fertig mit der Gesundheit und mit der Psyche." Er habe die vergangenen zwei Jahre ununterbrochen Tag und Nacht an dem Werk gearbeitet. "Das Buch hat mein ganzes Leben bestimmt – über mehrere Jahre." Insgesamt sieben Jahre seines Lebens seien in den Roman geflossen. Umso erleichterter sei er gewesen, als er realisierte, dass seine Arbeit endlich ein Ende findet.
Montageroman auf den Spuren von Karl May
Der Roman beginnt in der sogenannten Irren-, Heil- und Pflege-Anstalt von Eduard Wilhelm Güntz im Leipziger Osten, die es einst wirklich gegeben hat und die Meyer weiter existierten lässt. Der Roman führt seine Leser und Leserinnen zum Balkanfeldzug der Deutschen Wehrmacht, an die Drehorte der Winnetou-Filme im kroatischen Velebit-Gebirge und zu den Jugoslawien-Kriegen in den 1990er Jahren. Schließlich mischt auch noch eine Gruppe Neonazis aus Dortmund mit. "Die Projektoren" werfen Schlaglichter auf die Krisen und Tragödien Europas.
Was klingt, als könne es niemals zwischen zwei Buchdeckel passen, bewältigt Meyer in Form der Montage: Er sammelt Geschichten ein, schiebt Zeitebenen vor und zurück, stapelt Episoden übereinander – solange, bis sich ein Bild des Großen und Ganzen zusammenfügt. "Das geht auch nur mit einem Montageroman", bekräftigt Clemens Meyer. Nicht alles hänge mit allem zusammen, aber manches mit manchem, sagt der Autor am Premiereabend über sein Werk.
Als Inspirationen nennt Meyer William Faulkner, James Joyce oder Alfred Döblin. Außerdem ist Meyer vom sächsischen Schriftsteller-Kollegen Karl May faszioniert: Von seinem Begrüßungsgeld, so erzählt man sich, soll der blutjunge Meyer 20 May-Bücher erworben haben, der Band zu fünf D-Mark. Im Roman taucht der Hochstapler und Märchenerzähler Karl May als "Dr. May" auf.
Nominiert für den Deutschen Buchpreis
Unter den Hauptfiguren, deren Geschichte sich durch dass ganze Buch zieht, sticht der Cowboy besonders heraus. Er ist als halbes Kind Meldegänger bei den Tito-Partisanen, wird nach dem Krieg aber auf "Titos Hawaii", eine kroatische Gefängnisinsel, gesperrt und nach dem Ungarn-Aufstand 1956 zu Verbannung im Velebit begnadigt. Insgesamt ist der Krieg, "der gebrochene, verletzte, für ideologische Sumpfblüten anfällige Männer anzieht", das Grundmotiv dieses Romans, ordnet MDR KULTUR-Kritiker Nils Kahlefendt in seiner Besprechung ein.
Der Märchenerzähler Clemens Meyer hat einen magischen, sprachgewaltigen Roman-Koloss hingestellt, der in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seinesgleichen sucht.
Mit "Die Projektoren" habe Clemens Meyer einen "magischen, sprachgewaltigen Roman-Koloss hingestellt", urteilt Kahlefendt, "der in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seinesgleichen sucht". Wie schon der Vorgängerroman "Im Stein" ist auch "Die Projektoren" für den Deutschen Buchpreis nominiert.
Weitere Informationen zum Roman und zur Buchpremiere
Clemens Meyer
"Die Projektoren"
S. Fischer Verlag
1.056 Seiten, gebunden
36 Euro
ISBN: 978-3-10-002246-2
Quellen: MDR KULTUR (Nils Kahlefendt); Deutsche Presse-Agentur
Redaktionelle Bearbeitung: td, tis
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 29. August 2024 | 07:40 Uhr