Zellentrakt hinter dem Landgericht Leipzig, 2017
Nach dem gewaltsamen Tod eines Babys hatte das Landgericht Leipzig die Höchststrafe gegen die Mutter verhängt. Bildrechte: picture alliance / Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa | Jan Woitas

Justiz Nach Mord an Baby in Wurzen legt verurteilte Mutter Revision ein

13. Januar 2023, 14:59 Uhr

Im Kühlschrank einer Gemeinschaftsunterkunft in Wurzen entdeckte ein Arbeiter die Leiche eines Neugeborenen. Gut 13 Monate nach der grausamen Tat verhängte das Landgericht Leipzig die Höchststrafe für die Mutter des Säuglings. Doch sie legte Revision ein.

Die wegen Mordes an ihrem Neugeborenen in Wurzen verurteilte Frau akzeptiert das Urteil nicht und legt Revision ein. Das hat am Freitag das Landgericht Leipzig mitgeteilt. Die 33 Jahre alte Frau aus Ungarn war am 4. Januar wegen Mordes zu einer lebenslange Haftstrafe verurteilt worden. Dem Jungen, der nachträglich den Namen Janos erhielt, sei "außergewöhnlich intensiv Gewalt zugefügt worden", sagte der Vorsitzende Richter Hans Weiß vorige Woche.

Richter: Baby durchlitt Martyrium

Die Leiche des Jungen war am 10. November 2021 in einer Gefriertruhe einer Unterkunft für Arbeiter in Wurzen entdeckt worden, eingewickelt in eine Plastiktüte. Rechtsmediziner stellten an dem Leichnam stumpfe Gewalt sowie elf Stich- und Schnittverletzungen am Hals fest. Letztendlich sei das Baby an einer Luftembolie gestorben. Richter Weiß sprach von einem Martyrium, das Janos in seinem kurzen Leben durchlitten haben musste. "Es gab zehn Probierschnitte, ehe ihm der Hals durchgeschnitten wurde."

Mit dem Urteil lag die Strafkammer deutlich über der Forderung der Staatsanwaltschaft. Diese hatte eine Haftstrafe von zwölf Jahren wegen Totschlags beantragt. Die Verteidigung hatte für einen Freispruch plädiert, weil es berechtige Zweifel an einer Täterschaft der Angeklagten gebe. Sie kündigte an, eine Revision prüfen zu wollen. Die 33-Jährige hatte in ihrem letzten Wort, wie im gesamten Verfahren, ihre Unschuld beteuert: "Das habe ich nicht begangen", sagte sie. Beim Urteilsspruch und der rund eineinhalbstündigen Begründung brach sie immer wieder schluchzend zusammen.

Beschuldigte hat sechs minderjährige Kinder

Für die Strafkammer war das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe erfüllt. Die Angeklagte habe den Säugling alleine und unbemerkt auf der Toilette der Unterkunft auf die Welt gebracht und getötet, weil sie ihn als Störfaktor betrachtete. "Er tauchte in ihrer Lebensplanung nicht auf", sagte Weiß.

Die Frau war erst einige Monate vor der Tat nach Deutschland gekommen, um zu arbeiten. In Ungarn hat sie sechs minderjährige Kinder zurückgelassen. Fünf davon leben derzeit in Pflege bei der Großmutter väterlicherseits und eines hatte sie direkt nach der Geburt im Krankenhaus zur Adoption freigegeben.

Totes Kind im Kühlschrank deponiert

Ein Zeuge sagte vor Gericht aus, der die Leiche entdeckt hatte. Er habe in einem eigentlich abgestellten Kühlschrank in der Gemeinschaftsunterkunft für Arbeiter einer Fischfabrik nachgeschaut, weil dieser plötzlich wieder lief, sagte der 45-Jährige. Er war aus Ungarn per Video ins Landgericht Leipzig zugeschaltet worden.

In dem Gefrierfach habe eine Tüte gelegen, in der er zunächst Fleisch für Gulasch vermutet hatte, erläuterte der 45-Jährige. Als er dann näher hingeschaut habe, habe er den Leichnam des Babys entdeckt und seinen Vorgesetzten informiert.

Mutter bestreitet Tat, Vater zunächst in U-Haft

Die Angeklagte hatte in der Verhandlung die Tötung des Neugeborenen bestritten. Nach der Geburt auf der Toilette einer Gemeinschaftsunterkunft habe ihr jemand das Baby entrissen, hatte die 33-Jährige ausgesagt. Danach habe sie das Kind nicht mehr gesehen. Von der Schwangerschaft will sie zuvor nichts bemerkt haben. Dieser Schilderung glaubte die Strafkammer aber nicht.

Auch der Lebensgefährte der 33-Jährigen und Vater des Jungen, der mit der Angeklagten in der Unterkunft gewohnt hatte, war monatelang in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen hatten den Tatverdacht gegen ihn aber nicht erhärtet und er kam auf freien Fuß.

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