Kultursterben in Leipzig Kunstaktion: "Hier liegen die Clubs & Bars begraben"

20. Januar 2025, 18:27 Uhr

40 Holzkreuze stehen seit Sonntag im Leipziger Stadtteilpark Rabet - symbolisch für geschlossene Kulturstätten. Auf jedem der bunten Kreuze steht der Name eines Clubs, einer Kneipe oder anderen Kulturorten, die in den vergangenen Jahren schließen mussten. Urheber der Kunstaktion ist - so steht es auf einem Schild - die Aktionskunstgruppe WBW AG.

Bei der Stadt Leipzig weiß man um die Aktion. Man prüfe zur Zeit, ob die Holzkreuze stehen bleiben oder entfernen werden, hieß es auf Anfrage. Die Künstlergruppe war in den vergangenen Wochen auch mit "Fake-Bau-Plakaten" aufgefallen, auf denen verkündet wurde, dass zum Beispiel der Lene-Voigt Park einem Parkplatz weichen solle.

Was ist Gentrifizierung?

Gentrifizierung bezeichnet zumeist die Verdrängung von einkommensschwächeren Haushalten durch wohlhabendere Haushalte in Stadtteilen. Gentrifizierung ist damit ein wichtiger Aspekt der Auswirkungen von sozialer Ungleichheit. Es kann aber auch die Verdrängung gewerblicher Nutzer oder Kulturorte durch profitablere Nutzungsformen damit gemeint sein.

Kreuze im Rabet
Die Kunstaktion soll auf das Kultursterben aufmerksam machen. Insgesamt 40 Kreuze wurden dafür im Rabet aufgestellt. Bildrechte: MDR/Leven Wortmann

"Ich hab Gänsehaut bekommen"

Viele Spaziergänger hielten am Montag kurz inne, lasen die Infotafel und suchten die Namen auf den Holzkreuzen ab. So auch Jilmattig: "Ich hab Gänsehaut bekommen bei dem Anblick, wie viele Kreuze das sind. Hier vorne direkt das IfZ (Institut für Zukunft, Anm. d. Red.), das ist echt traurig." Die junge Frau erzählt, dass sie zufällig an den Kreuzen vorbeigelaufen sei. Es berühre sie, denn sie kenne das Problem der Gentrifizierung auch aus ihrer Arbeit in dem Verein Krum & Schief, der Verein organisiert Partys und Kulturveranstaltungen.

Kreuze im Rabet
Laut einem Schild ist die Aktion von der Aktionskunstgruppe WBW AG. Auf den Kreuzen stehen die Namen von geschlossenen Kultureinrichtungen, wie dem IfZ, dem Goldhorn, dem 4rooms, der Kulturapotheke oder dem Telegraph. Bildrechte: MDR/Leven Wortmann

So sehen es auch zwei junge Männer. Sie würden beiden in der Nähe leben und seien früher in vielen der Orte gewesen, die nun hier auf den Kreuzen stehen: "Hier liegen quasi die Clubs und Bars begraben. Ich verstehe nicht, warum von der Politik da so wenig gemacht wird - sowas wie die Oper oder Theater bekommen ja auch Geld und Unterstützung."

Kultklub IfZ ebenfalls betroffen

Eins der bekanntesten Beispiele für das Kultursterben in Leipzig ist die Schließung des Instituts für Zukunft, kurz IfZ. Erst Ende 2024 musste der Technoclub und Kulturort nach zehn Jahren schließen. Vom IfZ hieß es, dass vor allem Kreditrückzahlungen aus Pandemie-Zeiten zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten geführt hatten. Das Goldhorn fiel erhöhten Mietforderungen zum Opfer.

Dazu heißt es aus der Kulturszene immer wieder, dass die Besucher wegen gestiegener Preise immer weniger bereit sind, Geld für Kultur auszugeben.

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MDR (lew)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 20. Januar 2025 | 14:30 Uhr

3 Kommentare

weils so nicht unwidersprochen bleiben darf vor 2 Wochen

Ja, so ganz langsam (und sehr deutlich später als in anderen Grossstädten) gehts auch in Leipzig "ans Eingemachte", was die Bezahlbarkeit von Veranstaltungs-Räumlichkeiten aller Art angeht. Dennoch: nicht jedes aufgegebene Projekt hinterlässt eine ungeschlossene Lücke - vieles weicht auch Neuem. - Und nicht alle Kreuze stehen notwendigerweise für "Verstorbene" - es kann sich auch schlicht um "Weitergeziogene" handeln. Aus grossangelegten politischen "Rettungsprogrammen" entsteht jedenfalls in der Regel auch nichts langfristig Gutes, sondern eine dauersubventionierte (oder dauergeschützte) und vor allem politisch einseitige und wohlverhaltensabhängig werdende "Kultur"-Romantik. Auch die Blockade des Neuen durch unverhältnissmässigen Schutz des Alten ist eine "Verdrängung". Unter Umständen die schlimmere - wie man in nicht wenigen Städten erkennen kann, in denen viele Lokale und Veranstaltungsorte dann als "Sehenswürdigkeit" für Touristen ein trauriges Nachleben fristen.

P A T 1 9 6 4 vor 2 Wochen

Das IFZ hat in diesem Kontext nichts zu suchen, weil es bei diesem Club um ganz andere Hintergründe geht.

Karl-W vor 2 Wochen

Kultursterben, aber nein, nur Austausch in die neue Kultur

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