Prozessbeteiligte im Gerichtssaal
Die Opfer, die im Prozess als Nebenkläger auftreten, mit ihren Anwälten in der Verhandlung (vorn). Ihnen gegenüber steht einer der Angeklagten zwischen seinem Anwalt und dem Anwalt des Mitangeklagten. Bildrechte: MDR/Claudia Götze

Justiz Nebenklage plädiert im Fretterode-Prozess

02. September 2022, 19:03 Uhr

Im Prozess um den Überfall auf zwei Journalisten in Fretterode hat die Nebenklage plädiert. Die Anwälte verzichteten auf eine konkrete Straf-Forderung. Sie attestierten der Polizei ein "System- und Strukturversagen".

Im Prozess um den Überfall auf zwei Journalisten in Fretterode im Eichsfeld haben die Anwälte der Nebenkläger plädiert. Die Rechtsbeistände der beiden Opfer erklärten, die Angeklagten sollten wegen gefährlicher Körperverletzung, schweren Raubes und Sachbeschädigung verurteilt werden. Nebenklage-Anwalt Rasmus Kahlen legte dem Gericht nahe, bei der Strafhöhe die "menschenverachtenden Beweggründe" der Tat zu berücksichtigen. Es sei die neonazistische Grundhaltung der Angeklagten gewesen, die den "brutalen Angriff auf Fachjournalisten begründete und eine No-Go-Area für freie Presse in Fretterode schaffen" sollte. Einen konkreten Strafantrag stellten die Nebenkläger nicht.

Vorwurf an die regionale Polizei

Der andere Nebenklage-Anwalt Sven Adam attestierte der Polizei in der Region ein "System- und Strukturversagen". Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mühlhausen sei nicht wegen der Ermittlungsarbeit der örtlichen Polizei, sondern trotz deren Ermittlungen möglich geworden. Als Beispiel für Fehler der Polizei nannte der Nebenklage-Anwalt, dass Beamte zugeschaut hätten, als mehrere Personen unmittelbar nach der Tat Gegenstände aus und in das Auto der Angeklagten räumten. Erst als das Thüringer Landeskriminalamt die Ermittlungen übernahm, habe sich die Situation verbessert.

Anklage hat Haft- und Bewährungsstrafe gefordert

Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre und vier Monate Haft für den älteren der beiden Angeklagten gefordert. Gegen den Jüngeren sollte ein Jahr und neun Monate Haft verhängt, allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden. Zudem sollte der Jüngere 2.000 Euro an "Reporter ohne Grenzen" zahlen. Der Prozess geht in der kommenden Woche mit den Plädoyers der Verteidiger weiter; das Urteil soll am 15. September verkündet werden.

zum Aufklappen: Was ist die Nebenklage?

Nebenkläger ist eine Person, die durch eine Straftat verletzt wurde. Allerdings gilt dies nicht bei jeder Straftat, sondern nur bei solchen, die den Verletzten in seiner Privatsphäre oder Persönlichkeit besonders treffen können. Welche Taten dies sind, hat der Gesetzgeber abschließend aufgezählt: Dazu zählen Sexualdelikte, Beleidigungsdelikte, Körperverletzungsdelikte, Freiheitsdelikte und Versuchte Tötungsdelikte. Der Nebenkläger darf nicht nur selbst an der Hauptverhandlung teilnehmen, sondern sich auch einen Rechtsanwalt (den sogenannte Nebenklägervertreter) als Beistand hinzuziehen oder diesen als Vertreter in die Verhandlung entsenden.

Quelle: Ministerium der Justiz Nordrhein-Westfalen

MDR (jn)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 02. September 2022 | 17:30 Uhr

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