Nach einem Unfall liegen zwei Autos auf den Leitplanken neben der Fahrbahn. Im Hintergrund sind Helfer von Feuerwehr und Rettungsdienst im Einsatz.
Der Unfallort bei Bad Langensalza im April 2023. Bildrechte: Wichmann TV

Justiz Todesfahrer von Bad Langensalza muss für vier Jahre ins Gefängnis

16. Februar 2024, 15:47 Uhr

Bei einem schweren Autounfall starben im April 2023 bei Bad Langensalza sieben Menschen. Nun ist das Urteil gegen den Verursacher gefallen: Er muss vier Jahre in Haft. Der Richter ging damit über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß hinaus.

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Der Verursacher des Unfalls mit sieben Toten bei Bad Langensalza muss für vier Jahre in Haft. Der Angeklagte wurde am Freitag am Amtsgericht Mühlhausen wegen fahrlässiger Tötung in sieben Fällen, fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Straßenverkehrsgefährdung verurteilt.

Beim Strafmaß ging der Richter über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Maß von drei Jahren und elf Monaten hinaus. Vier Jahre sei die höchste Strafe, die das Amtsgericht verhängen kann. Der Verurteilte darf zudem in den nächsten fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis beantragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der 35-jährige Mann sei schuldig, wie es in der Anklageschrift stehe, sagte der Richter. Der Mann habe nicht genug gegen seine Alkoholsucht unternommen, habe ohne Hemmschwelle Alkohol getrunken und sich ins Auto gesetzt.

Menschen sitzen in einem Gerichtssaal.
Verhandelt wurde am Amtsgericht Mühlhausen. Bildrechte: MDR/Claudia Götze

Sieben Menschen bei Unfall getötet

Bei dem Autounfall auf der B247 bei Bad Langensalza im April 2023 waren sieben Menschen ums Leben gekommen, als der Mann betrunken und mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf der Umgehungsstraße bei Bad Langensalza aus der Spur geriet: drei Männer und zwei Frauen im Alter von 19 Jahren, sowie ein 60-jähriger und ein 44-jähriger Mann.

Eine damals 73-jährige Frau und ein damals 45-jähriger Mann wurden zudem schwer verletzt. Auch der Angeklagte schwebte eine Zeit lang in Lebensgefahr. Die Eltern der getöteten 19-Jährigen saßen als Nebenkläger im Prozess.

Staatsanwalt Lothar Murk sagte am Freitagmorgen vor dem Amtsgericht Mühlhausen, der Fahrer sei ohne Fahrerlaubnis unterwegs gewesen - und mit mindestens 1,34 Promille Alkohol im Blut absolut fahruntüchtig gewesen. Das Geständnis des Angeklagten könne nur als Teilgeständnis gewertet werden, denn zum Unfallhergang habe er keine Angaben gemacht. Dass der Mann sich nicht erinnern könne, befreie ihn nicht von der Verantwortung.

Mit überhöhtem Tempo in Gegenverkehr geraten

Laut Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte vermeidbar in einer leichten Linkskurve die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, weil er mit 130 Kilometern pro Stunde viel zu schnell unterwegs gewesen war. Auf der Gegenfahrbahn stieß er gegen Leitplanken, dann gegen das Auto der fünf 19-Jährigen. Beide Autos wurden angehoben und drehten sich.

Danach geriet ein weiteres Fahrzeug unter das Auto der Jugendlichen und zerstörte den Benzintank. Ein Feuerball sei die Folge gewesen. Die Fahrer der anderen Autos hätten keine Chance gehabt, den Unfall zu vermeiden. Augenzeugen und Retter würden nie wieder vergessen, was sie am Unfallort gesehen haben, so der Staatsanwalt. Der Verteidiger hatte im Plädoyer kein eigenes Strafmaß gefordert.

Keine Strafe, egal, wie hoch sie ist, ob sie akzeptiert wird oder nicht, bringt die Kinder wieder, bringt keinen wieder.

Rüdiger Richel Richter am Amtsgericht Mühlhausen

"Man kann es nicht rückgängig machen", betonte Richter Rüdiger Richel nach der Urteilsverkündung. "Keine Strafe, egal, wie hoch sie ist, ob sie akzeptiert wird oder nicht, bringt die Kinder wieder, bringt keinen wieder."

Der Prozess im Podcast:


"Für immer mit den Folgen klar kommen"

Die Nebenkläger hatten sich der Forderung der Staatsanwaltschaft angeschlossen. Eine Mutter eines gestorbenen 19-Jährigen sagte, die Familien und die Ersthelfer müssten für immer mit den Folgen des Unfalls klar kommen: "Wir haben lebenslänglich."

Zwei weitere Nebenkläger sagten, dass der Prozess wegen der Bedeutsamkeit am Landgericht hätte verhandelt werden müssen. Die Frage des Vorsatzes hätte stärker geprüft werden müssen, sagt Anwalt Thomas Fliegner.

Drei Menschen sitzen hinter Fotos in Bilderrahmen
Eltern der Verstorbenen waren Nebenkläger und hatten zum Prozessauftakt Bilder ihrer Kinder mitgebracht. Bildrechte: MDR/Silvio Dietzel

Der 35-jährige Unfallverursacher hatte zu Prozessbeginn zugegeben, schuld am Tod von sieben Menschen zu sein. Danach hatte er sich zunächst nicht weiter geäußert. Zum Ende des Prozesses sprach den Angehörigen der Todesopfer sein Mitgefühl aus und sagte, es tue ihm leid.

Der Unfall hatte viele Menschen emotional bewegt und mitgenommen. Bei einer Gedenkandacht für die Opfer zündeten Hunderte Menschen Kerzen an und legten Kränze nieder. Das Mühlhäuser Gymnasium, das einige der jungen Opfer besucht hatten, pflanzte mit der Stadt eine Trauerweide zur Erinnerung an die Toten. Zum ersten Todestag gebe es Pläne, eine Gedenktafel für die Opfer anzubringen, so die Stadtverwaltung.

MDR (cgo/cfr/mm)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 16. Februar 2024 | 19:00 Uhr

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