Menschen auf einem Marktplatz
Die Kundgebung in Gera wurden von mehreren Vereinen unterstützt. Bildrechte: MDR/Johanna Ratz

Kundgebung Gera: Hunderte demonstrieren für liebenswerte Stadt und gegen Rechtsextremismus

24. März 2024, 13:29 Uhr

Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag eine Kundgebung des Bündnisses "Gera gegen Rechts" unterstützt. Sie wollen zeigen, dass Gera - anders als bisweilen dargestellt - eine bunte und vielfältige Stadt ist.

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Gera - eine gefallene oder engagierte Stadt? Wenn es nach dem Bündnis "Gera gegen Rechts" geht, dann ist die Antwort klar: engagiert! Zusammen mit mehreren Hundert Menschen zeigten die Organisatoren am Samstag, dass Gera bunt und vielfältig sein kann.

In manchen Medien wird bisweilen ein anderes Bild von Gera vermittelt. "Den Rechtsradikalen, so scheint es, gehört in Gera die Straße," heißt es in einem Beitrag des TV-Magazins "Kontraste" des RBB vom 22. Februar 2024.

Dass Gera ein Problem mit Rechtsradikalismus hat, bestreitet auf der Kundgebung am Samstag niemand. Vielen macht die Entwicklung in der Stadt sogar Angst. Einschüchtern lassen wollen sie sich trotzdem nicht. Dass Rechtsradikale auf Demos mit Militärfahrzeugen und Pferden in Gera demonstrieren, sei nämlich nur ein Teil der Stadt.

Vereine wehren sich gegen rechtsextremes Image

Die Kundgebung auf dem Marktplatz veranstaltet das Bündnis "Gera gegen Rechts" nicht alleine. Mehrere städtische Vereine beteiligten sich an der Veranstaltung, unter ihnen der CSD Gera. Das ist die Abkürzung für "Christopher Street Day". Der Verein macht sich besonders für die Rechte von Homo-, Bi- und Intersexuellen sowie für Transgender-Personen stark.

Hinter dem CSD-Stand steht Vereinsmitglied Esra Eichhardt. Sie ist vor ein paar Jahren nach Gera gezogen und studiert soziale Arbeit im Bachelor. "Ich hab in den vergangenen Jahren festgestellt, dass Gera viel mehr Potenzial hat, als es von außen sichtbar wird." Sie ist der Meinung, dass die Berichterstattung zwar wahr ist, Gera aber vieles hat, was dem entgegenzusetzen ist. "Für mich steht Gera für Vielfalt, Bewegung und Gemeinschaft."

Ein positives Statement für Gera setzen

Bei der Kundgebung sind auch viele Familien anwesend. Der Stand des SOS Kinderdorf Gera hat einen Basteltisch aufgebaut. Frieda, die Tochter von Sarah und Dominik Bräuer, hält ein selbst gebasteltes Schild mit einer Friedenstaube hoch. Die Familie lebt zwar in Jena, hat aber einen engen Bezug zu Gera. Nicht nur, weil Frieda in Gera geboren wurde, sondern auch, weil Sarah Bräuer im städtischen Krankenhaus arbeitet.

"Es ist eine liebenswerte Stadt - und das darf man sich nicht durch ein falsches Bild zunichte machen lassen," sagt Dominik Bräuer. Er hat früher in Gera gearbeitet und ist gemeinsam mit seiner Frau oft ins Theater gegangen. "Uns ist es wichtig, für diese Stadt ein Statement zu setzen, obwohl wir eigentlich nicht hier wohnen."

Eine Familie auf einer Kundgebung
Bei der Kundgebung in Gera beteiligen sich auch viele Familien. Bildrechte: MDR/Johanna Ratz

Wunsch nach Einschreiten der Behörden

Die Verbindung zur Stadt ist bei jedem bei der Kundgebung anders. Ein älteres Ehepaar, das seinen Namen nicht nennen möchte, wohnt seit über 30 Jahren in Gera. Die beiden bezeichnen die genannte Berichterstattung als erschreckend. "Leider ist es aber so - und das mach uns tatsächlich Angst."

Sie verstehen nicht, warum die öffentlichen Behörden scheinbar nichts gegen die radikalen Demonstrationen unternehmen. Die Unsicherheit bei vielen Menschen sei groß, und sie sehen es in der Verantwortung der Politiker, das zu ändern.

Zettel mit wünschen für die Stadt Gera
Wünsche und Ideen für die Stadt wurden auf dieser Tafel gesammelt. Bildrechte: MDR/Johanna Ratz

Auch Antje Tarcsai versteht nicht, warum bei den Demonstrationen mit rechtsextremer Beteiligung mutmaßlich so viel geduldet wird: "Da ist kein Respekt mehr da vor dem Umfeld, vor den Menschen, vor nichts." Sie kommt aus Gera und möchte auch in Gera bleiben. Deshalb ist für sie klar: "Wir müssen Flagge zeigen, wir müssen was dagegen tun. Wir müssen zeigen, dass wir mehr sind."

Dass viele Menschen in Gera etwas gegen die negative Berichterstattung machen wollen, wird auch durch die zahlreichen Partner klar, die das Bündnis "Gera gegen Rechts" am Samstag unterstützen. Das Bündnis ist dabei besonders stolz auf die Vielfalt der Vereine. Die Liste reicht von der Theaterfabrik Gera über die Naturfreunde Gera bis hin zur Kirchengemeinde Gera.

Auch die AWO Thüringen und der Freundeskreis für Flüchtlinge beteiligten sich an der Veranstaltung. Neben Vereinen zeigen auch manche Parteien, dass sie sich mit dem Bündnis und der Aktion solidarisieren.

Oberbürgermeister Vonarb: Sind eine normale Stadt

Dass der Zusammenhalt der Stadt groß ist, betont auch Oberbürgermeister Julian Vonarb (parteilos). Er ist persönlich nicht bei der Kundgebung anwesend. Mit einer Audionachricht meldet er sich aber zu Wort und macht seiner Stadt Mut: "Wir sind weder eine verlorene noch eine gefallene Stadt. Gera, wir sind einfach eine ganz normale Stadt - und das ist auch gut so."

Es bleibt abzuwarten, was in Zukunft in Gera passiert - sei es politisch oder gesellschaftlich. Eines hat die Stadt am Samstag aber bewiesen: dass sie mehr kann, als sich nur in die rechte Ecke stellen zu lassen.

Mehr zu den Demos in Gera

MDR (mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 23. März 2024 | 19:00 Uhr

32 Kommentare

Professor Hans vor 4 Wochen

Lukas k
"Rechtsextreme Kreise in der DDR" Falsch jahrelang konnte und kann sich der rechte Extremismus ungezügelt in allen gesellschaftlichen Bereichen der alten Bundesrepublik entwickeln. Niemand hatte etwas unternommen. Es war neben links auch schick rechts zu sein. Wehrsportgruppe Hoffmann, rechte Burschenschaften, rechte Parteien die nie verboten es in viele Parlamente schafften. Au Jahre hat der rechte Sumpf Niemand interessiert bis er dann 1989 vor allen anderen Parteien über die innerdeutsche Grenze schwappte. Schlimm auch wie am Landgericht gera bewiesen das westdeutsche Beamte im Verfassungsschutz mit nicht unerheblichen Geld die rechte Szene unterstützen. Hier verbündeten sich Rechtsextremisten mit ehemaligen fdj kadern der DDR wie Herrn Brand der in gera rechtskräftig verurteilt
wurde. Die Mär vom verbreiteten rechten Extremismus ist wieder so ein Märchen des West boulevard.
Ich war 33 Jahre in der DDR sozialisiert. Die Erzählungen überlatenten DDR Rechtsextremismusfalsch

Lukas K. vor 4 Wochen

Wichtig ist doch aber, weshalb Menschen aus der ehemaligen BRD im Osten des Landes so viel Zuspruch finden und für ihre Ideen einen Nährboden finden. Sicherlich hat das auch etwas damit zu tun, dass das Problem der rechtsextremen Kreise bereits in der DDR bestand, jedoch mehr oder weniger totgeschwiegen wurde, wohingegen man in der ehemaligen BRD offen dagegen vorging.

Weiterhin sollte man differenziert betrachten, welche Ziele ein journalistischer Beitrag verfolgt. Und im benannten Kontrastebericht stand sicherlich nicht ein generelles Stadtportrait auf der Tagesordnung, sondern vielmehr die klare Benennung des Problems "Rechtsextremismus", welches die Stadt auch nicht erst seit gestern hat.

kleinerfrontkaempfer vor 4 Wochen

Bei der Nennung der monatlichen Arbeitslosenzahlen ist Gera auch immer mit vorn dran. Spitze!
Gut das es die sogenannte "Mitte" der Gesellschaft gibt. Die kümmert sich um eine bunte & vielfältige Stadt. Was außerhalb der Mitte ist, selber schuld und nicht von Interesse. Das machen nur Arbeit, Kosten, Streß. Und wer will das in einer Zeitenwende schon haben.

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