Ein Mann steht vor einer Kirche
Robin Wagner ist mit 25 Jahren Kirchenältester. In der Gertrudiskirche in Saalfeld-Graba ist er nicht nur für das Aufschließen, Kerzenaufstellen und die Unterstützung bei den Gottesdiensten zuständig. Bildrechte: Robin Wagner

Saalfeld-Rudolstadt Gegen den Trend: 25-jähriger Thüringer engagiert sich in der Kirche

20. November 2023, 10:05 Uhr

Der Trend ist eindeutig: Seit Jahren verlieren die großen Kirchen kontinuierlich Mitglieder. Vor Kurzem zeigte eine Untersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dass der Anteil der christlich-konfessionell Gebundenen schon im kommenden Jahr unter 50 Prozent sinken könnte. Und dennoch gibt es auch jüngere Menschen, die sich in der Kirche einbringen, wie ein Beispiel aus Thüringen zeigt.

Robin Wagner ist 25 Jahre alt, sitzt im Gemeindekirchenrat und engagiert sich im Saalfelder Ortsteil Graba. Hier, in der Gertrudiskirche, forscht er zur Geschichte der Kirche mit einem Flügelaltar von 1520. Hauptsächlich ist er aber in der Gemeinde aktiv. Zu seinen Aufgaben gehören auch das Aufschließen der Kirche, das Aufstellen der Kerzen und als Küster den Gottesdienst unterstützen.

Warum nicht Sachen ausprobieren?

Robin Wagner Mitglied im Gemeindekirchenrat in Graba

Wie der Mann Kirchenältester geworden ist, beschreibt Wagner als "eine Mischung aus Zufall und Fügung". Mit dem Tod des früheren Pfarrers kam die Gemeinde in den Kirchenverband der Saalfelder Johanneskirche. Die neue Pfarrerin, die drei Kirchen betreut, sprach den jungen Mann schließlich an, ob er für den Kirchenrat kandidieren wolle.

Heftige Diskussionen um Veränderungen

"Warum nicht Sachen ausprobieren?" - diese Frage stellt Wagner auch in den Gremien der Kirche. Wenn sich etwa Konfirmanden bei der Einsegnung nicht vor den Altar knien wollen, dann könne man schon darüber nachdenken, den Segen im Stehen zu empfangen, sagt Wagner. "Wir würden beim Abendmahl ja nicht den Messwein durch Kakao ersetzen." Wenn es um Veränderungen geht, gebe es in der Gemeinde jedoch durchaus heftige Diskussionen, berichtet der 25-Jährige, für den Gebete ein fester Teil seines Glaubens sind.

Kirchensteuer und Skandale als Austrittsgründe

Als Gründe, warum Menschen aus der Kirche austreten, vermutet Wagner die für Mitglieder anfallende Kirchensteuer sowie Missbrauchs- oder Finanzskandale in den Institutionen. Wenn Menschen in der Kirche ihre Macht, die ihre Stellung mit sich bringt, missbrauchten, dann ärgere es ihn und mache ihn wütend. Denn die Kirche, so sagt der 25-Jährige, solle doch eigentlich den Zusammenhalt stärken. Ähnlich denkt die Mehrheit der mehr als 23.000 teilnehmenden Menschen beim Meinungsbarometer MDRfragt. 53 Prozent sind bei der MDR Umfrage der Ansicht, dass die Kirchen mit ihren sozialen Angeboten Lücken schließen, die der Staat offen lässt.

Infografik zum Thema Kirche
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Als einer von mehr als 23.000 Menschen hatte sich auch der Saalfelder Robin Wagner an der aktuellen Befragung von MDRfragt beteiligt. Dort schrieb er: So, wie Kirchengebäude über Jahrhunderte die Städte baulich geprägt hätten, so hätten christliche Werte auch die Gesellschaft geprägt. "Menschlichkeit, Nächstenliebe und das Streben nach Frieden sind wichtige Grundpfeiler des gesellschaftlichen Zusammenlebens und sollten es auch immer bleiben!"

Mit der Rolle der Kirche befasst sich am Montag auch die aktuelle Ausgabe von Fakt ist! aus Erfurt. Die Sendung läuft ab 20:30 Uhr im Livestream bei MDR THÜRINGEN sowie ab 22:10 Uhr im MDR FERNSEHEN.

MDR (co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Fakt ist! aus Erfurt | 20. November 2023 | 20:30 Uhr

2 Kommentare

goffman vor 22 Wochen

Das wäre vermutlich bei jedem weltlichen Verein oder Abonnement genauso gelaufen. Dass der Staat die „Mitgliedsbeiträge“ einsammelt, ist natürlich kritikwürdig.
Interessant finde ich, dass die zweit und drittgrößten christlichen Kirchen Deutschlands auf die Erhebung der Kirchensteuer verzichten - obwohl sie rein rechtlich darauf Anspruch hätten.
Geld ist dann glücklicherweise doch nicht für alle die Triebfeder.

Silent_John vor 22 Wochen

Mir hat die heilige Mutter Kirche katholischer Prägung im Nachhinein 17.300 € durchs Finanzamt eingezogen.
Ich konnte im Alter von 55 Jahren nicht schriftlich nachweisen, daß ich bereits als Kind / Jugendlicher ausgetreten bin. Dabei , und das leugne ich auch nicht, war ich, weil mich meine Mutter hat taufen lassen - dagegen kann man sich ja als Baby nicht wehren. Aber welcher normale Jugendliche der DDR hebt sich schon eine Austrittserklärung aus der Kirche auf, die er für 12 Mark bekommen hat. Ich sollte wenigstens ein Jahr rückwirkend eine Mark pro Monat bezahlen, was ich auch beim Kirchenamt selber gemacht hatte.
Aber gegen einen Bischof aus Mainz, bei dem dies eben nicht aktenkundig war kam ich nicht an. Beim hiesigen Kirchenamt hat man sich auch nicht die Mühe gemacht , Entlastendes für mich zu finden, warum auch . Es lockten nun die Euroerträge eines selbständigen Arztes. Da scheint es egal zu sein , ob man Kommunist war, Elitesoldat der NVA, und eben kein Christ. GELDGIER .

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