Bodo Ramelow hält eine Rede während eines Parteitages
In seiner Rede beim Bundesparteitag der Linken in Augsburg hatte sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow bereits dem Thema X gewidmet. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Social Media Ramelow twittert wirr: So erklärt Thüringens Ministerpräsident seinen X-Post

21. November 2023, 19:26 Uhr

Mit mehreren Posts auf dem Kurznachrichtendienst X - ehemals Twitter - hat Bodo Ramelow für Verwirrung gesorgt. Thüringens Ministerpräsident gab an, seine Nachrichten seien Satire gewesen und als Kritik gedacht. Die Reaktionen auf die Tweets fielen überwiegend kritisch aus.

Moderator Lars Sänger
Moderator Lars Sänger Bildrechte: MDR/Marco Prosch

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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat durch rätselhafte Nachrichten auf dem Kurznachrichtendienst X für Verwirrung gesorgt. Der Linke-Politiker schrieb auf seinem Account und angelehnt an verschiedene Verschwörungstheorien: "Achtung liebe Patrioten heute Abend sprühen unsere Flugzeuge nicht, aber die Thüringer Reichsflugscheibe kommt zum Einsatz und hat was für Euch mitgebracht: mRNA. Dann braucht ihr nicht mehr Impfen, Impfen, Impfen, Impfen, Impfen, Impfen, Impfen, Impfen"

Wenige Stunden später veröffentlichte Ramelow einen weiteren Text: "Liebe Patrioten, ich muss um Entschuldigung bitten, leider kann die Reichsflugscheibe heute im Jonastal nicht mehr aufsteigen, denn offenbar ist der Geist von Meggi auferstanden. Jedenfalls steht da irgend ein doofes Vieh auf der Startbahn herum und so klappt es heute nicht mehr."

Zum Aufklappen: Was ist eine "Reichsflugscheibe"?

Die "Reichsflugscheibe" taucht in Verschwörungserzählungen auf, wonach ein untertassenförmiges Flugobjekt von den Nationalsozialisten in Deutschland gebaut worden sein soll, wofür es keine Belege gibt. Mit "Meggi" spielt Ramelow offenbar auf das Schaf "Maggie" an, das über Jahre wild im Thüringer Jonastal lebte, immer mehr Wolle ansetzte und schließlich im Sommer 2022 starb.

Ramelows kryptische Texte erreichten innerhalb der ersten Stunden fast 300.000 Menschen und damit deutlich mehr als sonst. Die Reaktionen fielen überwiegend kritisch aus. Teilweise schlugen dem Ministerpräsidenten wüste Beschimpfungen und Anfeindungen entgegen. 

Hass und Hetze anstatt Kurznachrichtendienst

Im Interview mit MDR THÜRINGEN erklärte Ramelow, die Nachrichten seien Satire gewesen und als Kritik gedacht. X, vormals Twitter, habe sich seit der Übernahme durch US-Milliardär Elon Musk vor rund einem Jahr massiv verändert. "Der Kurznachrichtendienst wird immer mehr zu einem schwierigen Milieu, in dem es nicht mehr um Nachrichten geht, sondern in dem unangenehme und von Hass und Hetze getragene Kampagnen stattfinden."

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow spricht zu den Genossen seiner Partei Die Linke 19 min
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Ramelows Experiment

Ramelow erklärte, er habe in seinen Posts bewusst Worte verwendet, die ihren Ursprung in Verschwörungstheorien haben. Denn diese Schlüsselbegriffe würden inzwischen von Künstlicher Intelligenz, sogenannten Bots, automatisiert ausgelesen und mit Reaktionen versehen. Darauf und auf die damit verbundenen Gefahren habe er aufmerksam machen wollen, so der Linken-Politiker. Sein Vorwurf an die Macher der Plattform: Auf X antworten auf von einem menschlichen Autor verfasste Nachrichten immer häufiger Computer.

"Impfen und mRNA sind Schlüsselbegriffe, an denen sich geistige Haltungen brechen." Die Bots, je nachdem mit welcher Intention programmiert, reagieren darauf und lösen sogenannte Shitstorms aus, die den Verfasser und dessen Follower "durch eine Wucht aus Hass, Gewalt und Niedertracht einschüchtern sollen". Ramelow sieht darin große Gefahren mit Blick auf eine mögliche Einflussnahme auf zukünftige Wahlkämpfe auch in Thüringen.

Nach Twitter-Aus und Umbenennung in X: Rechtsradikale eingeladen

Die Plattform X, so Ramelow, sei inzwischen ein privates Imperium, das zur Organisation von Meinungsmache benutzt werde. "Elon Musk hat nach seiner Übernahme von Twitter und der Umbenennung in X stark agierende Rechtsradikale auf der ganzen Welt eingeladen, wieder auf der Plattform unterwegs zu sein."

Ramelow kritisiert, dass rechtsextreme Positionen und Meinungen durch technische Unterstützung überproportional große Reichweiten erzielen und dadurch die öffentliche Meinungsbildung beeinflussen.

Ramelow für X-Aufsicht

Schon beim Bundesparteitag der Linken am vergangenen Wochenende in Augsburg hatte sich Thüringens Ministerpräsident in seiner Rede überraschend dem Thema X gewidmet. Ramelow hatte gefordert, der Nachrichtendienst müsse unter öffentliche Aufsicht gestellt werden.

"Ich bin dafür, dass wir X unter öffentliche Aufsicht stellen. Dass solche Institutionen nicht ungebremst einfach tun und lassen können, was sie wollen. Dieser Milliardär zeigt uns doch, wie verächtlich er uns findet."

EU-Gesetze sollen Missbrauch verhindert

Im August war EU-weit ein neues Gesetz in Kraft getreten, das Plattformen wie X, Facebook und Instagram strengere Regeln auferlegt und die Verbreitung von Hass und Hetze unterbinden soll. Der sogenannte Digital Service Act muss allerdings noch in nationales Recht übertragen werden. In Deutschland soll das Gesetz ab Februar 2024 umgesetzt werden. Jedoch konnte sich die Bundesregierung bislang nicht darauf einigen, welche Behörden in Deutschland wie beteiligt werden.

Fest steht bislang nur, dass bei der Bundesnetzagentur in Bonn eine unabhängige Stelle eingerichtet und die Umsetzung koordinieren soll. Ramelow schlägt im MDR-Interview vor, die Landesmedienanstalten in die Kontrolle von Social Media-Plattformen und in die Umsetzung des Digital Service Acts einzubinden.

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MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 21. November 2023 | 19:00 Uhr

153 Kommentare

MDR-Team vor 24 Wochen

Nachgereicht seine Antwort:
Tatsächlich fällt es mir gelegentlich schwer, zu verstehen, warum Politiker nicht konkreter werden bzw. glauben, dass ihr unkonkret Bleiben nicht auffällt. Letztlich muss jedem Politiker klar sein, dass es bei jedem Auftritt um Wählerstimmen geht. Eine Ergänzung vielleicht: Politiker sind durchgeschulte Medienprofis. Ein geschultes Prinzip, um journalistischen Fragen zu entgehen, trägt das Kürzel ABI: Antworten, Brücken bauen, Inhalt setzen. Beobachten Sie das mal! „Weil Sie nach Schuldenbremse fragen: Lassen Sie mich etwas Grundsätzliches sagen. Die Regierung hat nicht nur finanzpolitisch versagt, sondern auch bei...“ – und schwupps ist das Thema gewechselt bzw. zum eigenen Inhalt abgebogen. Wenn man als Moderator dazwischen geht und unterbricht, wird das von Teilen des Publikums häufig als unerzogen oder unprofessionell gebrandmarkt. Dabei geht es vor allem darum: Antworten auf die eigenen Fragen zu bekommen und nicht eine Plattform für Politiker zu sein.

Erichs Rache vor 24 Wochen

1. MÖÖÖÖÖÖP
liebe @Anita L

"FAZ, Spiegel, Welt usw. usw. sind " für mich in solchen Fragen KEINE "Quellen" . Twitter und X schon gar NICHt, weil ich die gar nicht nutze

In Sachfragen verlasse ich mich rein auf sachliche und fachliche Informationen


2. MÖÖÖÖÖÖP
liebe @Anita L

da Sie den von der Tagesschau RICHTIG WIEDERGEGEBENEN Artikel ("Diese Projekte wackeln" vom 21.11.23) gelesen haben, sollte Ihnen AUFGEFALLEN (!) sein, ..
das z. B. für die MASSIVE Förderung der Hersteller von Halbleitern schon in 15 Fällen bereits rechtsverbindliche Förderbescheide ausgestellt wurden.

Das GELD ist schon RECHTSVERBINDLICH aus dem KTF raus und muss vom ursprünglichen Planungsansatz des KTF ABGEZOGEN WERDEN!


Ebenso hat die Tagesschau für NICHT so ganz schlaue Zeitgenossen RICHTIG geschrieben " infrage stehen die Milliardensubventionen für die Ansiedlung von Chip-Fabriken des Konzerns TSMC in Dresden und Intel in Magdeburg"!

Das kann man doch verstehen oder ?

Ich argumentiere daher SAUBER !

Anita L. vor 24 Wochen

Ich würde ja noch weiter ausholen und meine Kommentare durch x Leerzeilen noch weiter aufbauschen... Es bleibt trotzdem ein Strohmann, denn der Kohleausstieg hat mit dem Strukturfonds nichts zu tun.

Der Kohleausstieg war schon Thema, da war an Corona, geschweige denn an den Hilfefond noch gar nicht zu denken, und wurde beschlossen, da wusste man noch nicht, wie lange die Pandemie andauern werde. Damals hat definitiv niemand mit übrigbleibenden Coronahilfen gerechnet.
Was Sie hier machen, ist also reine Panikmache ohne belastbare Grundlage. Die Tagesschau gibt einen Überblick über die in Frage stehenden Projekte ("Diese Projekte wackeln" vom 21.11.23): Der Kohleausstieg wird nicht erwähnt.
Argumentieren Sie sauber. Am besten haben Sie eine belastbare Quelle. Und schön dran denken: FAZ, Spiegel, Welt usw. usw. sind Quellen. X ist es nicht.

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