Essenspreise Schulessen in Thüringen: Abmeldewelle nach Preiserhöhung bleibt bislang aus
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19. Januar 2024, 18:16 Uhr
Eine erwartete Abmeldewelle nach gestiegenen Preisen beim Schulessen ist vorerst ausgeblieben. Wie Alexandra Lienig von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung in Thüringen mitteilte, gibt es nur vereinzelt negative Rückmeldung von Küchen. Von zehn befragten Cateringunternehmen in den Regionen sagten sechs MDR THÜRINGEN, die Zahlen seien im Januar bisher stabil gewesen.
- Viele Thüringer Schulen werden von einem Essenslieferanten versorgt. Die Preise unterscheiden sich je nach Region.
- Die Hälfte aller Schulkinder isst in der Schule. Kleine Cateringfirmen könnten bei Abmeldungen ihre Preise nicht decken.
- Eine Übersicht für die großen Schulkantinen und ihre Essensanbieter in Thüringen.
Die Kantinen hatten zum 1. Januar 2024 ihre Preise anpassen müssen, weil die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent erhöht worden ist. Das betrifft alle Schulen, die die Dienstleistung "Schulessen" komplett an einen Essenslieferanten ausgelagert haben. Und das sind nach Einschätzung der Vernetzungsstelle die meisten.
Wenn der Anbieter hingegen ausschließlich das Essen liefert, Ausgabe und Reinigung hingegen von der Schule erledigt werden, bleibt der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent. In Einzelfällen, etwa in Nordhausen, werden Schulen zudem von gemeinnützigen Vereinen beliefert. Dann kann das Essen nach Angaben der Vernetzungsstelle sogar steuerfrei sein.
Preise sind regional unterschiedlich
Derzeit liegt der Preis für eine Portion in Thüringen im Schnitt bei knapp 4 Euro. Die Vernetzungsstelle rechnet damit, dass im Laufe des Jahres die Preise auf 4,50 Euro im Durchschnitt erhöhen werden, weil Ausschreibungen meist zum Schuljahreswechsel stattfinden. Die Preise können demnach je nach Region unterschiedlich ausfallen.
Das bestätigt auch eine MDR THÜRINGEN Umfrage auf Facebook. Während im Eichsfeld eine Portion 2,50 Euro kostet, weil die Portionen dort vom Kreis direkt bezuschusst werden, müssen Eltern beispielsweise in Rudolstadt über 5 Euro für ein Essen zahlen.
In einer Schule in Arnstadt liegt der Preis bei 3,90 Euro, in Sonneberg bei 3,50 und in Eisenach bei 4,75 Euro. Das sei, so einige Nutzer, nicht nachvollziehbar, weil Qualität und Geschmack einen höheren Preis nicht rechtfertigen würden.
Zuschuss fürs Essen von einigen Kreisen
Das hängt laut Alexandra Lienig zum einen mit der Portionsmenge zusammen, aber auch damit, ob der Kreis oder die Kommune die Kosten direkt mitträgt. Subventionen gibt es im Wartburgkreis (50 Cent pro Portion durch den Landkreis), im Eichsfeld (Selbstbeteiligung für Eltern in Höhe von 2,50 Euro), Saalfeld (69 Cent pro Mahlzeit bezahlt die Stadt), Waltershausen (50 Cent Zuschuss), Weissensee (80 Cent Zuschuss), und im Kreis Schmalkalden Meiningen (30 Cent pro Portion).
Laut Vermittlungsstelle tragen aber fast alle Kommunen indirekte Kosten, zahlen Stromrechungen oder Mieten für Essenssäle. Dieser Zuschuss komme aber bei den Eltern nicht an und sei deshalb nicht transparent. Würde das Land Thüringen für alle Kinder das Essengeld komplett übernehmen, lägen die Kosten laut Verbraucherzentrale bei etwa 70 Millionen Euro pro Jahr.
Die Hälfte der Kinder isst in der Schule
Insgesamt nehmen laut Vernetzungsstelle mit Stand November vorigen Jahres 46 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Thüringen an der Schulspeisung teil. Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung, die der Verbraucherzentrale zugehörig ist, macht alle vier Jahre einen zusammenfassenden Bericht. Im ersten Jahr der Umfrage waren es 43 Prozent der Schulkinder, 2013 haben 50 Prozent in der Schule mitgegessen. 2025 soll es wieder neue Zahlen geben.
Weiter hieß es, bei 30 Prozent der Schulen gebe es im Umfeld eine Alternative zur herkömmlichen Kantine. Dort können Schülerinnen und Schüler beispielsweise ein Mittagessen auf die Hand kaufen, etwa bei einer Bäckerei oder beim Metzger. Besonders im ländlichen Raum gebe es diese Möglichkeit nicht immer, sagte Lienig. Einige weiterführende Schulen bieten durch Schülerfirmen einen Imbiss oder Kiosk an.
Sollten im Zuge der gestiegenen Preise viele Eltern ihre Kinder vom Schulessen abmelden, hätten vor allem kleine Cateringunternehmen Probleme, ihre Preise noch decken zu können. Es ist laut Vernetzungsstelle aktuell schwer, gerade in ländlichen Gebieten einen Anbieter zu finden, der auch kleine Mengen liefert.
Dort lohne es sich nicht einmal, das Essen vor Ort auszugeben - auch aus Kostengründen. Die zehn bis 20 Kinder, die eine Portion bestellt haben, erhalten sie dann einzeln eingepackt und nicht als Tellergericht aus großen Kochtöpfen.
Überblick über die großen Schulkantinen
Die Stadtkantine Suhl gibt pro Tag 150-200 Portionen aus, die Zahlen hätten sich nicht verändert. Bei der Schulküche Wolkenrasen in Sonneberg hätten vereinzelt Kunden angekündigt, sich vom Essen abzumelden, hieß es. Geschäftsleiter Frank Räder sagte, die Reaktionen kommen voraussichtlich dann von den Eltern, wenn die erste Monatsrechnung bei ihnen eingeht. Räder versorgt Schulen aller Formen, Kindergärten und Privatleute in Sonneberg und im angrenzenden Bayern. Wie viele Portionen am Tag zubereitet werden, sagte er nicht.
Die Vielfalt Menü GmbH liefert täglich 7.000 Portionen Essen an Schulen und Kitas in ganz Thüringen wie etwa in Weimar, Erfurt, Jena, Rudolstadt, Saalfeld, Gera und Altenburg. Wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilte, sind die Essenspreise aufgrund von Mindestlohnanpassungen, gestiegener Lebensmittelpreise und der Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes erhöht worden. Weil die Preise mit jedem Kunden individuell verhandelt werde, könne das Unternehmen keine einheitlichen Angaben über etwaige Preiserhöhungen machen. In den vergangenen zwei Jahren habe die Vielfalt Menü GmbH so viele Angebotsanfragen wie noch nie auf dem Tisch gehabt, hieß es.
Der Essensversorger DLS arbeitet mit Schulen in Gera, Jena und Weimar zusammen. Auf Anfrage wollte sich das Unternehmen nicht zu aktuellen Preisen und ihren Teilnehmerzahlen äußern. Die Unternehmensgruppe Hänchen verpflegt elf Schulen in Altenburg und Gera. Pro Tag sind das laut Hänchen rund 2.000 Portionen, verändert hätte sich die Zahl bisher nicht.
Im Weimarer Land liefert die Gaststätte zum Lindenbaum auch elf Schulen, darunter Grundschulen, Gesamtschulen und das Gymnasium in Bad Berka im Weimarer Land. Wie Inhaber Michael Cigan mitteilte, hatte die Gaststätte die Angleichung der Mehrwertsteuer umgesetzt. Im Januar 2023 waren Preise erhöht worden. Daraufhin hatten sich acht bis zehn Prozent der Essensteilnehmer abgemeldet. Seit Anfang Januar habe es keine Abmeldewelle gegeben.
Im Allgemeinen, sagte Cigan, gebe es eine "Delle" von der siebten bis zehnten Klasse, in der Schülerinnen und Schüler nicht gerne mitessen wollen. "Vielleicht weil es dann uncool ist, in der Schule mitzuessen, denn in der Oberstufe im gymnasialen Bereicht gibt sich das oft wieder", berichtet der Geschäftsführer.
Menü Mobil im Weimarer Land bereitet pro Tag circa 3.000 Essen zu. Beliefert werden laut Unternehmen zehn Kindertagesstätten uns bis zu 18 Grund- und Regelschulen. Zum 1. Januar hätte es eine Preiserhöhung gegeben, abgemeldet hätten sich allerdings kaum Kunden, hieß es.
Im Kreis Eichsfeld sind die Zahlen der Gastro Leinefelde ebenfalls stabil geblieben. Wie ein Sprecher mitteilte, werden am Tag bis zu 2.200 Portionen geliefert. Zwar habe sich der Eigenanteil der Eltern um einen Euro auf 2,50 Euro erhöht, einen Rückgang sieht der Caterer allerdings nicht. Dieser sei erst frühestens im März zu erwarten.
MDR (jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRNGEN JOURNAL | 19. Januar 2024 | 19:00 Uhr
Nudel81 vor 45 Wochen
Das ein Einzelfall. Bei meiner Tochter werden 4 Menüs jeden Tag angeboten. Es schmeckt vielleicht nicht jedesmal aber es ist gut. Bei Sohn an der Schule wird kein Schulesssen angeboten. Die Preistreiber sitzen in Berlin!
Thomas S. vor 45 Wochen
Es ist unerhört, solche Preise für Schulessen aufzurufen. Auf der einen Seite stehen Mehrwertsteuer, die Vernetzungsstelle und auch das Schulgesetz, das die Kosten nach oben treibt-auf der anderen Seite die ungeordneten Finanzen. Das alles wäre mit vernünftiger Politik regelbar. Aber nichts passiert. Es geht immer nur nach oben-genau wie die AfD-Umfrageergebnisse. Ich frage mich nicht mehr warum.
camper21 vor 45 Wochen
Micha 123, wir wollen nicht nur meckern über unsere Regierung, dank RRG haben unsere Kinder in Thüringen an ihrem Ehrentag den 20. September als einzige in Deutschland frei. Dieser freie Tag kostet dem Land eine Menge Geld.