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In Floh-Seligenthal boomt der Tourismus - das liegt auch an der tollen Landschaft. Bildrechte: MDR / Heike Neuhaus

Thüringer Wald Kleine Gemeinde, viele Gäste: Warum boomt der Tourismus in Floh-Seligenthal?

12. April 2023, 23:08 Uhr

Viele Orte im Thüringer Wald wünschen sich mehr Besucher. Währenddessen freut sich die kleine Gemeinde Floh-Seligenthal über die besten Gästezahlen seit zehn Jahren. Wie erklärt sich der Erfolg?

Rund 33.000 Übernachtungen wurden im vergangenen Jahr in Floh-Seligenthal registriert. Das entspricht einem Anstieg von 25 Prozent, im Vergleich zu den Jahren vor der Corona-Pandemie. Ein bemerkenswerter Sprung - insbesondere in diesen krisengebeutelten Zeiten.

Das kleine Floh-Seligenthal mit seinen rund 6.000 Einwohnern liegt im Thüringer Wald, nordöstlich von Schmalkalden. Für Naturfreunde und Wanderer ist der Ort ein Paradies. Allerdings ist die schöne Landschaft in der Region kein Alleinstellungsmerkmal.

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Eine warme Mahlzeit ist keine Selbstverständlichkeit

"Ich glaube, verschiedene Investitionen in die touristische Infrakstruktur beginnen, sich auszuzahlen." Das ist die Antwort von Bürgermeister Ralf Holland-Nell auf die Frage, wie die guten Übernachtungszahlen zustandegekommen sind.

Zum einen hat die Gemeinde einen Caravanstellplatz und neue Wanderparkplätze gebaut. Dank Geld des Landes konnte die Gemeinde mehr als eine halbe Million Euro investieren. Der Caravanstellplatz habe sich mittlerweile etabliert und werde gut gebucht, so der Bürgermeister.

Zum anderen gebe es im Ort und entlang der Rennsteig-Etappe auch noch mehrere Lokalitäten, die regelmäßig und verlässlich geöffnet haben: "Zwar meistens erst ab 17 Uhr, aber am Wochenende durchgehend. Das ist keine Selbstverständlichkeit mehr."

Tatsächlich ist es für Wanderer schwieriger geworden, im Thüringer Wald eine warme Mahlzeit zu bekommen. Besonders stolz ist Bürgermeister Ralf Holland-Nell auf die Hütten, die von Vereinen, wie zum Beispiel der Bergwacht, betrieben werden.

Renovierungs- und Sanierungsarbeiten zahlen sich aus

Den größten Verdienst an den guten Zahlen schreibt der Bürgermeister aber den Hoteliers und Pensionsbetreibern selbst zu: "Viele haben die Corona-Lockdowns dazu genutzt, zu sanieren und modernisieren."

Das trifft zum Beispiel auf Margreet Harmsma zu, die die Ferienbungalows am Bergsee an der Ebertswiese betreibt. Urlaub im eigenen Land - die Niederländerin macht die Erfahrung: Viele sind auch nach der Pandemie dabeigeblieben. Floh-Seligenthal biete die richtige Mischung aus toller Natur und gleichzeitiger Nähe zu größeren Städten, wie Erfurt oder Eisenach, in denen Gäste Kultur erleben können, glaubt sie.

Wir würden gerne jemanden einstellen für die ganze administrative Arbeit, finden aber niemanden.

Margreet Harmsma Bungalow-Betreiberin

Margreet Harmsma und ihr Mann haben die Ferienanlage erst 2018 übernommen. Schrittweise renovieren sie die Bungalows. Die Buchungszahlen steigen stetig an, berichtet das Paar. Weil die benachbarte Gastwirtschaft wegen Personalmangels geschlossen ist, kocht Margreet Marmsa auf Anfrage selbst für ihre Gäste. Leider gehe dadurch Zeit verloren, die sie eigentlich für die Sanierung bräuchten: "Wir würden deshalb gerne jemanden einstellen für die ganze administrative Arbeit, finden aber niemanden."

Gutes Angebot - schlechte Infrastruktur

Insgesamt gibt es in Floh-Seligenthal etwa 45 Übernachtungsbetriebe. Eines der großen Zugpferde ist der "Thüringer Hof". Ein Familienbetrieb mit Restaurant und Hotel, in dem etwa 40 Gäste Platz finden. Ihre Besucher teilen sich in drei Gruppen, so Hotel-Chef Marco Kirchner: Urlauber, Geschäftsreisende und Einheimische, die im Restaurant essen gehen.

Ihre guten und stabilen Gästezahlen erklärt sich Marco Kirchner, der den Betrieb gemeinsam mit seiner Frau Claudia führt, auch durch das kontinuierliche, persönliche Engagement aller Mitarbeiter: "Wir arbeiten hier sieben Tage die Woche. Einen Ruhetag oder mal schon um 18 Uhr zu schließen, das erlauben wir uns nicht."

Auch sein Konzept beinhaltet, die Schwachstellen der Region selbst auszugleichen. Weil Busse zu selten fahren, bietet der Hotelier seinen Gästen daher einen Shuttle-Service an: "Wir fahren sie dann zum Wandereinstieg am Rennsteig, zum Inselsberg oder bis nach Oberhof und holen sie später am Ziel wieder ab." Ein besonderer Einsatz, den die Gäste registrieren, wie Gespräche am Frühstücksbuffet zeigen.

"Der Service, die Freundlichkeit der Familie und das gute Essen" hat zum Beispiel Brigitte Kreuziger und ihrem Mann aus Nordrhein-Westfalen zu Stammgästen des "Thüringer Hofs" werden lassen. Vor 20 Jahren waren sie das erste Mal zu Gast.

Wir arbeiten hier sieben Tage die Woche. Einen Ruhetag oder mal schon um 18 Uhr zu schließen, das erlauben wir uns nicht.

Marco Kirchner

Ziel: Den Tourismus weiter fördern

Hotel-Chef Marco Kirchner würde sich wünschen, dass sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Urlaubsgäste verlängert. Momentan liege sie bei drei bis vier Tagen. Möglich wäre das, glaubt er, wenn die Zusammenarbeit zwischen den Touristikern in der Region und den Kommunen besser koordiniert und verstärkt würde.

MDR (med/eta)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Thüringen Journal | 12. April 2023 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

Wolfowitsch am 14.04.2023

Es stimmt einfach vieles nicht am Rennsteig. Keine busse oder bahnen. Fehlende gastronomie oder nur ab 17 uhr. Hobbygastronomen. Im Land von Bratwurst und Klößen. In Lauscha wird ein Haus nach dem anderen abgerissen. Die Schmücke soll abgerissen werden. Inselsberg Gastro macht 17 Uhr zu. Und Millionen in die Thüringer Wald Werbung investiert. Ich rate bielen ab den Rennsteig zu besuchen.

kleinerfrontkaempfer am 13.04.2023


=> W.Merseburger
Genau der Gerhard Grimmer hat unlängst den 80.Geburtstag in Floh gefeiert.
Täve Schur mußte zur Gratulation leider krankheitsbedingt passen.
Schöner Artikel im Freien Wort vom 11.04.2023!

aufdemberg am 13.04.2023

Genau so ist es.
Statt dem funktionierenden Tourismus zu unterstützen, gibt man die Subventionen lieber sich nie selber tragenden Flughäfen und unterstützt die Urlaubslandflucht.

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