Kultur Neue Spielzeit am Meininger Staatstheater: 29-jähriger Ire leitet Hofkapelle
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24. September 2023, 11:51 Uhr
Die Meininger Hofkapelle ist einer der ältesten und traditionsreichsten Klangkörper in Europa. Seit ihrer Gründung standen schon einige Größen der klassischen Musik hinter ihrem Dirigierpult. Seit dieser Spielzeit wird die Hofkapelle von Killian Farrell geleitet, der mit einer ungewöhnlichen ersten Premiere einen mit Spannung erwarteten Einstand hatte.
Jens Neundorff von Enzberg, Intendant am Staatstheater Meiningen, ist jemand, der für Überraschungen gut ist. Das kann bedeuten, dass er einen der erfolgreichsten, zeitgenössischen Maler, den Kunstrebellen Markus Lüpertz, als Opern-Regisseur engagiert. Oder sich unter mehr als 100 Bewerbern für einen noch blutjungen Kandidaten mit eher unkonventionellem Lebensweg als neuen Generalmusikdirektor entscheidet.
"Ein Gewinn für Meiningen"
"Mir kommt es so vor, als hat er die Erfahrung eines 100-Jährigen, das Wissen eines 200-Jährigen und trotzdem die Energie eines 15-Jährigen", sagt Intendant von Enzberg. Und er ist sich ganz sicher: "Killian Farrell ist ein Gewinn für Meiningen." Mit seiner Energie und seinem Enthusiasmus soll der 29-jährige gebürtige Ire das Herz des Orchesters beim Vordirigat im Sturm erobert haben.
Ich trete die Stelle mit großem Respekt an.
Richard Strauss, Max Reger, Hans von Bülow: Farrell in großen Fußstapfen
Während Meiningen sich zunächst fragte, wer dieser neue Generalmusikdirektor ist, wusste Killian Farrell schon lange ganz genau, wo Meiningen liegt und vor allem, welches musikalische Erbe die kleine Thüringer Residenzstadt besitzt. Die Meininger Hofkapelle wurde seit ihrer Gründung vor über 300 Jahren von musikalischen Größen wie Richard Strauss, Max Reger und Hans von Bülow geleitet.
Unter Letzterem feierte sie ab 1880 auch große internationale Erfolge und tourte zeitweise durch ganz Europa. Auf Wunsch von Richard Wagner höchstpersönlich stellte die Hofkapelle außerdem mehrere Jahre das Hauptkontingent des Festspielorchesters bei den Bayreuther Festspielen.
Dirigent aus Leidenschaft
"Ich trete die Stelle mit großem Respekt an", sagt Killian Farrell. Ein zierlicher Mann mit dunkelblonden kurzen Haaren und wachen blauen Augen, den tatsächlich die Aura einer älteren Seele umgibt. Wenn er über seine Arbeit spricht, sprudeln die Worte nur so aus ihm heraus.
Voller Begeisterung erzählt er vom ersten Vordirigieren in Meiningen: "Nach diesen 45 Minuten bin ich aus dem Theater herausgetreten und dachte: Allein dafür hat es sich schon gelohnt." Farrell ist ein bescheidener Mensch, der aber gleichzeitig sehr genau weiß, was er will.
Kapellmeister und Autodidakt: Johannes-Passion mit 17 Jahren aufgeführt
Als 17-jähriger gründete Killian Farrell einen Chor, mit dem er die Johannes-Passion zur Aufführung brachte. Danach dirigierte er in Irland verschiedene Orchester, studierte Musikwissenschaften. Später absolvierte er in London eine Ausbildung zum Korrepetitor. In dieser Funktion, bei der einen Chor oder einen Sänger am Klavier begleitet, war er dann erst am Theater in Bremen tätig, wo er sich in den Folgejahren bis zum Kapellmeister hocharbeitete.
Danach und bis zuletzt war Farrell an der Staatsoper in Stuttgart als Assistent des dortigen Generalmusikdirektors und Erster Kapellmeister engagiert. Das Dirigieren hat Farrell nie studiert, in dieser Hinsicht ist er genau genommen Autodidakt.
Entheddert und genießbar gemacht: Start mit Frühwerk von Richard Wagner
Die neue Spielzeit ist am Staatstheater Meiningen Mitte September mit der Oper "Die Feen" von Richard Wagner eröffnet worden. Für Killian Farrel war der Abend gleichzeitig sein erstes Mal am Dirigierpult der Hofkapelle. "Die Feen" ist Wagners Erstlingswerk, geschrieben hat er es mit gerade mal 19 Jahren. Es gehört neben "Rienzi" und "Liebesverbot" zu den drei Opern, die - so hat es Wagner selbst entschieden - nicht bei den Bayreuther Festspielen gespielt werden dürfen.
Farrell sagt, auch wenn Wagners Stil in "Die Feen" noch nicht konturiert sei, biete die Oper die Möglichkeit, viel über den Komponisten und die Zeit, in der sie entstanden ist, zu lernen. Ein Dreiakter mit vielen losen Enden, der in jedem Fall einen starken interpretatorischen Zugriff braucht.
Für Meiningen schließt sich in dieser Spielzeit ein Kreis: "Die Feen" war die letzte Wagner-Oper, die noch nie am Staatstheater gezeigt wurde. Und mit seiner Konzeption hat der neue Meininger Generalmusikdirektor Killian Farrell - unangestrengt und temperamentvoll zugleich - bewiesen, dass der junge Wagner tatsächlich entheddert und genießbar gemacht werden kann.
MDR (cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag | 24. September 2023 | 10:43 Uhr
Maria A. am 25.09.2023
Ich habe keine Ahnung, wie toll er seinen Job machen wird. Aber bei seinem Anblick geht mir einfach das Herz auf. Wünsche ihm ein empathisches Umfeld und selbstverständlich erfolgreiches Schaffen.
W.Merseburger am 24.09.2023
Graf...,
Ich habe gerade das Lied von den Hütes gelesen. Vielleicht komme ich jetzt etwas vom Thema Meininger Theater ab, aber vielleicht passt es trotzdem. Wandern Sie doch einmal mit der Klampfe zur Ebertwiese oberhalb von Tambach Dietharz und fragen Sie die Wirtsleute, warum es bei Ihnen "Hübes" anstelle von "Hütes" heisst oder früher so genannt wurde?
Graf von Henneberg am 24.09.2023
Meiningen ist nicht nur sprachlich fränkisch, sondern gehört zum 02.07.1500 entstandenen fränkischen Reichskreis - dort leben halt Franken! - Gell, Herr Merseburger. Bezüglich der "Thüringer" Klöße empfehle ich Ihnen, das "Lied vom Hütes" von Rudolf Baumbach zu lesen und zu verinnerlichen.
Brahms, Reger, von Bülow - ja die waren u.a. an der Hofkapelle tätig, der allererste Kapellmeister war der Bernhard I. von Sachsen-Meiningen. Nun ja, der junge Mann muß sich mühen um ein guter Kapellmeister zu sein. Aber auch meinerseits wünsche ich : Viel Erfolg.