Hohe Geba Gemeinde beendet Vertrag - aber Gastwirt des "Bergstübchens" will nicht gehen

15. April 2023, 07:42 Uhr

Die Gaststätte "Bergstübchen" auf der Hohen Geba soll nach zwölf Jahren einen neuen Pächter bekommen. Die Gemeinde Rhönblick erhofft sich dadurch mehr Aktivität auf dem Berg. Doch der bisherige Pächter will nicht gehen - jetzt droht eine Räumungsklage.

In der Gemeinde Rhönblick, unweit von Meiningen, passiert gerade etwas, das auf den ersten Blick etwas skurril wirkt. Die Gemeinde hat einen Pachtvertrag gekündigt, aber der Pächter weigert sich zu gehen. Schauplatz ist nicht irgendeine Immobilie, sondern das "Bergstübchen", die Gaststätte auf der Hohen Geba.

Letztere ist nicht nur der Hausberg der Gemeinde, sondern auch die größte Erhebung in der Vorderrhön. Zurecht sind die Rhönblicker stolz auf den 751 Meter großen Berg, dessen Plateau einen beeindruckenden Rundblick ermöglicht und als einer der am wenigsten von Licht verschmutzten Orten in der Rhön gilt.

Bergstübchen aussen
Das "Bergstübchen" liegt auf dem 751 Meter hohen Berg "Hohe Geba". Bildrechte: MDR/Marlene Drexler

Neben Wanderern werden daher insbesondere auch Sternengucker von der Geba angezogen. Unterhalb des "Bergstübchens", das über einen großen Feststaal verfügt, gibt es außerdem noch ein Haus auf dem Berg, das Übernachtungsmöglichkeiten für knapp 25 Personen bietet.

Trotz Vertragsende – Pächter empfängt weiter Gäste

Zwölf Jahre hat Silvio Vollstädt die Gebäude auf der Geba gepachtet. Ende März ist der Pachtvertrag zwischen ihm und der Gemeinde endgültig ausgelaufen. Aber der 52-jährige weigert sich, seine Sachen zu packen und empfängt weiter Gäste: "Ich will einfach nicht gehen, da steckt zu viele Leidenschaft, zu viele Liebe drin."

Für den Gastwirt kam das Ende abrupt. Gerade erst sei das Geschäft nach der Corona-Pandemie wieder richtig angelaufen. Die Outdoor-Stammtische, die hier von Vereinen abgehalten werden, seien zuletzt wieder sehr gut besucht worden. Darüber, dass sein Vertrag nicht verlängert worden ist, sei er schockiert, erzählt der 52-Jährige.

Bergstuebchen innen
Derzeit ist die Gaststätte nur Freitag bis Sonntag geöffnet. Laut Pächter ist der Betrieb unter der Woche nicht rentabel. Bildrechte: MDR/Marlene Drexler

Beziehung zwischen Gemeinde und Pächter kriselte schon länger

Für Bürgermeister Christoph Friedrich und den Gemeinderat war es eine bewusste und im Gemeinderat einstimmig gefasste Entscheidung, den Pachtvertrag mit Silvio Vollstädt nicht neu aufzusetzen. Und eine Entscheidung, die nicht über Nacht getroffen wurde.

Der Gemeinderat sei schon längere Zeit unzufrieden mit der Bewirtschaftung des "Bergstübchens" gewesen und habe das auch kommuniziert. Dennoch habe man immer wieder guten Willen gezeigt. Eigentlich, so Bürgermeister Friedrich, wäre der Vertrag schon früher ausgelaufen: "Wir haben dem Pächter dann noch mal drei Monate drauf geschlagen." Diese Monate seien eine Art Probezeit gewesen, um zu beobachten, ob sich etwas ändert.

Die Öffnungszeiten als Knackpunkt

Das vornehmliche Problem für die Gemeinde war, dass sie das "Bergstübchen" als Ausflugs-Gaststätte für Wanderer, Moutainbiker und andere Aktive versteht. Silvio Vollstädt habe sich dagegen vor allem auf geplante Veranstaltungen und Feste konzentriert, so der Eindruck des Bürgermeisters.

Mehrere Male hätten sich Leute bei der Gemeinde beschwert, weil sie vor verschlossenen Türen standen. Silvio Vollstädt hat einen anderen Blick auf die Dinge. Er habe zwar nicht täglich, aber wöchentlich Freitag bis Sonntag und auf Anfrage geöffnet. Unter der Woche sei der Betrieb seit Ende der Corona-Pandemie auch aufgrund der hohen Heizkosten einfach nicht rentabel gewesen.

Schild: Silvio muss bleiben
Gastwirt Silvio Vollstädt erfährt Unterstützung von Freunden und Gästen des Bergstübchens. Bildrechte: MDR/Marlene Drexler

Gemeinde hat Konzept-Wettbewerb ausgerufen

Ein Argument, dass die Gemeinde mit einem sogenannten Interessenbekundungsverfahren prüfen lassen wollte. An dem offenen Wettbewerb konnte jeder teilnehmen und ein eigenes Betreiberkonzept einreichen.

Letztlich konnte ein neuer Bewerber, den Gemeinderat mit seinem Konzept überzeugen. Den Namen möchte Bürgermeister Christoph Friedrich nicht nennen, weil es bisher nur eine mündliche Zusage gebe. Der neue Pächter plane jedoch, so viel könne er verraten, auf mehrere Jahre und habe Ideen, wie es auf der Hohen Geba noch lebendiger werden kann.

Räumungsklage als Ultima Ratio

Silvio Vollstädt ist über die Absage enttäuscht und verärgert und findet, sein jahrelanges Engagement auf der Geba werde nicht gewürdigt. Bestärkt, auch illegal weiterzumachen, fühlt er sich auch durch Solidaritätsbekundungen von Freunden des Gebabergs.

Im Internet gibt es eine Petition mit über 1.300 Unterzeichnern. Die Gemeinde wünscht sich derweil eine geordnete Übergabe. Über den genauen Termin lasse sich verhandeln, so Bürgermeister Friedrich. Um ein paar Wochen mehr oder weniger gehe es der Gemeinde dabei nicht. Weigere sich Silvio Vollstädt jedoch weiter, die Schlüssel zu übergeben, werde die Gemeinde eine Räumungsklage in die Wege leiten.

MDR (nis)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit des Tages | 15. April 2023 | 18:00 Uhr

28 Kommentare

Harka2 am 17.04.2023

@Montreal1
Selbst wenn da ein Investor dem Gemeinderat sonst was erzählt, er wird sein Versprechen nicht halten. Die Rhön ist wunderschön, aber nicht einzigartig. Das ist kein Wandererhotspot, das ist was für Insider. Selbst auf dem um vieles bekannteren Rennsteig haben es die Gaststätten schwer zu überleben.

Harka2 am 17.04.2023

@Kleingartenzwerg
Solche Ruf-Imbisse lohnen sich aber nur in den eigenen vier Wänden. Hier fallen aber Mieten an, Energiekosten, Lohnkosten etc.
Das ist kein wirtschaftlich tragfähiges Konzept. Selbst an weniger einsamen Standorten halten sich die Kneipen nur, wenn sie als Familienbetriebe in den eigenen Räumen durchgeführt werden. Welches Dorf hat heute noch seine früher allgegenwärtige Dorfkneipe? Selbst Kleinstädte wie z. B. Plaue haben keine Gastronomie mehr zu bieten. Und hier reden wir von einer einsam im Wald gelegenen Ausflugsgaststätte, fernab jeder Verkehrsanbindung. Wo bitte gibt es noch so was?

Harka2 am 17.04.2023

Die Gemeinde "Rhönblick" sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine Wandergaststätte weit abgelegen im Wald, mehr als einen Kilometer entfernt vom nächsten Ort und ohne Nahverkehrsanbindung unter der Woche nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Es mag da ja alternative Konzepte geben, aber alle mir bekannten führten zu einer Schließung der Gaststätte.

Ich bezweifele stark, dass sich Wanderer bei der Gemeinde darüber beschwert haben, dass die Kneipe unter der Woche zu ist (wer macht so was denn auch?). Ich bin mir aber sehr sicher, dass keiner dieser Personen jemals in der Gaststätte war und ganz gewiss da auch nicht wieder reinkommt. Der Laden ist Geschichte. Leider.

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