Ria Burkhardt (li.) und Nicole Döhrer sind Schulverwaltungsassistentinnen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen.
Sie helfen Schulen aus dem Bürokratie-Wirrwarr: Ria Burkhardt (re.) und Nicole Döhrer sind Schulverwaltungsassistentinnen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Bildrechte: MDR/Drexler

Modellprojekt Schulen bürokratisch entlasten: Verwaltungsassistenten helfen in Schmalkalden-Meiningen aus

20. September 2023, 12:58 Uhr

In Süd- und Nordthüringen ist in diesem Jahr ein Modellprojekt angelaufen, bei dem Schulen durch Verwaltungsassistenten unterstützt werden. Sie kümmern sich um Fördermittel, Honorarverträge und sämtliche andere administrative Aufgaben, die sonst Lehrer oder Schulleiter übernehmen müssten. Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen sind die fünf Assistenten schon jetzt eine große Hilfe.

Porträt Regionalkorrespondentin Marlene Drexler
Bildrechte: MDR/Daniela Dufft

"Also seitdem ich das mache, hatte ich noch keinen einzigen Tag Langeweile. Der Tisch ist immer voll", erzählt Nicole Döhrer. Sie ist eine von insgesamt fünf Schulverwaltungsassistenten, die seit einem halben Jahr im Landkreis Schmalkalden-Meiningen eingesetzt werden. Je nach Schulgröße betreuen die Assistenten zwei bis vier Schulen und pendeln dann zwischen den Standorten. Gemeinsam sind sie für 18 Schulen zuständig. Sie übernehmen keine pädagogischen, sondern rein verwalterische Aufgaben, mit dem Ziel, Lehrkräfte und Schulleitung zu entlasten.

Der Tisch ist immer voll.

Nicole Döhrer Schulverwaltungsassistentin

Hilfe bei Förderprogrammen

Für Jürgen Haaß ist das Modellprojekt jetzt schon ein Erfolg. Er ist Schulleiter am Gymnasium in Schmalkalden, eine der Schulen, die in den Genuss der neuen Stellen kommt. "In meinen 20 Jahren Berufserfahrung habe ich erlebt, wie die administrativen Aufgaben immer weiter zugenommen haben", sagt Haaß. Das führe zum einen dazu, dass die pädagogische Arbeit leidet.

Zum anderen blieben zum Beispiel auch Förderprogramme ungenutzt. Und zwar schlicht, weil die Zeit fehle, sich um die fristgerechte Beantragung beziehungsweise den Rattenschwanz aus Papierkram zu kümmern, der daraus resultiere. Als Beispiel nennt der Schmalkalder Schulleiter das Corona-Aufholprogramm. Ein milliardenschwerer Fonds des Bundes, der während der Coronapandemie entstandene Lerndefizite kompensieren sollte.

Jürgen Haaß, Schulleiter im Philipp Melanchthon Gymnasium in Schmalkalden
Jürgen Haaß ist Schulleiter im Philipp Melanchthon Gymnasium in Schmalkalden. Durch die neuen Verwaltungsassistenten hat die Schule schon jetzt 77.000 Euro bewilligt bekommen. Bildrechte: MDR/Drexler

Ohne die Unterstützung der neuen Verwaltungsassistentin wäre seine Schule nicht in der Lage gewesen, das Geld aus dem Programm zu nutzen, sagt Schulleiter Haaß. Mit seinen rund 800 Schülerinnen und Schülern standen dem Gymnasium in Schmalkalden aus dem Programm 77.000 Euro zu. "Ideen zu entwickeln, wofür man das Geld nutzen will, das ist kein Problem", so Haaß. "Aber die Ideen dann umzusetzen, löst eben oftmals ein riesiges Puzzle aus Honorarverträgen, Abrechnungen etc. aus."

Mehr Nachhilfe-Angebote und Nachmittag-AGs

Genau diese Aufgaben - Anträge schreiben, Verträge für Honorarkräfte aufsetzen, sich um Abrechnungen kümmern - übernehmen jetzt die Schulverwaltungsassistenten. Das Gymnasium in Schmalkalden war so in der Lage, die 77.000 Euro abzurufen. Das Geld fließt zum Beispiel in verschiedene Nachhilfe-Angebote.

Neben dem Corona-Nachholprogramm hat sich das Schülerbudget als zentrales Arbeitsfeld für die Assistenten herauskristallisiert. Jede staatliche Schule bekommt in Thüringen im Jahr 30 Euro pro Schülerin beziehungsweise Schüler. Das Geld kann etwa für Nachmittagsbetreuung ausgegeben werden. Aber auch hier ist der bürokratische Aufwand oft ein Hemmschuh.

Das Philipp Melanchthon Gymnasium in Schmalkalden
Das Philipp Melanchthon Gymnasium in Schmalkalden ist eine von insgesamt 18 Schulen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen, die am Modellprojekt teilnehmen. Bildrechte: MDR/Drexler

Dank neuer Schulverwaltungsassistentin konnte die Regelschule Breitungen das Schülerbudget jetzt ganz ausschöpfen, für die Schülerinnen und Schüler bedeutet das: mehr Nachmittags-AGs. "Es gibt jetzt zum Beispiel auch Zumba und Kochen", berichtet Nicole Döhrer. Bei den Heranwachsenden komme das gut an.

Ich hoffe sehr, dass die Schulverwaltungsassistenzen im Schulgesetz verankert werden.

Jürgen Haaß Schulleiter vom Gymnasium in Schmalkalden

Testphase läuft bis Ende 2024

Hilfe bei der Einarbeitung in die neue geschaffene Stelle bekamen die fünf Assistenten vom Südthüringer Schulamt. "Außerdem helfen wir uns viel untereinander aus", sagt Nicole Döhrer, die eine kaufmännische Ausbildung absolviert hat. Auch das Südthüringer Schulamt ist mit dem Auftakt des Modell-Projekts bisher zufrieden. Derzeit laufe eine erste Zwischenevaluation. Im Oktober kommt dann ein Lenkungsausschuss aus Vertretern der teilnehmenden Schulen, Schulamt und Schulministerium zusammen, um die Ergebnisse auszuwerten.

Ria Burkhardt (li.) und Nicole Döhrer sind Schulverwaltungsassistentinnen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen.
Ob Ria Burkhardt (li.) und Nicole Döhrer auch künftig als Verwaltungsassistentinnen den Schulen unter die Arme greifen können, steht noch nicht fest. Bisher läuft das Modellprojekt bis Ende 2024. Bildrechte: MDR/Drexler

Auch im zweiten Modellgebiet, dem Kyffhäuserkreis, sind die ersten Reaktionen auf das Projekt positiv ausgefallen. Ob es nach Ablauf der Testphase Ende 2024 weitergeführt beziehungsweise ausgeweitet wird, ist offen. "Ich hoffe sehr, dass die Schulverwaltungsassistenzen im Schulgesetz verankert werden", sagt Schulleiter Jürgen Haaß vom Gymnasium in Schmalkalden. Zumindest im Haushaltsentwurf stehen sie schon mal drin.

Mehr zu Schulen in Thüringen

MDR (ask)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit | 20. September 2023 | 18:00 Uhr

4 Kommentare

Ralf G vor 34 Wochen

martin - Bezüglich der Schmalkaldener Schule haben Sie schon recht.
Hatte zuvor einen ähnlichen Artikel im Focus gelesen, in dem es um verbale Gewalt von Schülern und manchen Eltern gegen Lehrer ging. Außerdem um Belastungen durch Kinder, mit problematischem Lernverhalten.
Die Ursache für dies alles, verbunden mit einem sinkenden Bildungsniveau liegt in einer in Teilen verlotternden Gesellschaft, in der das Wort Eigenverantwortung von linken Politikern längst gemieden wird.

martin vor 34 Wochen

Hier geht es nicht um das Verhalten von Schülern und Eltern, sondern um Entlastung von bürokratischem Aufwand.

Ich finde es übrigens sehr sinnvoll, wenn dem bekanntlichen Lehrermangel auch dadurch entgegen gewirkt wird, dass diese Berufsgruppe bei Aufgaben entlastet wird, die auch von anderen (und dazu nicht so teuren) Personen erledigt werden können.

Ralf G vor 34 Wochen

Für Schulverwaltung, Inklusion, für verhaltensauffällige Schüler braucht und fordert man immer mehr Assistenten oder Sozialarbeiter. Lehrer fühlen sich, so hört man in Berichten, zunehmend durch Respektlosigkeit, Sprachprobleme und Gewalt überfordert.
Und so wie aktuell in der Wirtschaft strukturelle Fehler mit Subventionen zugeschüttet werden, so versucht man es in den Bildungseinrichtungen mit immer mehr Helfern.

Grundlegendes politisches Umsteuern ist unausweichlich, um die Dinge wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen.

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