Brauchtum Schräger Narrenstreit um karnevalistisches Sommerfest

27. September 2022, 16:54 Uhr

Im Sommer sind Fasching und Karneval tabu - so will es die Satzung des Thüringer Verbandes für Karnevalsvereine. Der richtete wegen eines Sommerfests seinen Bannstrahl auf einen Verein aus Schwabhausen bei Gotha.

Der Schwabhäuser Carneval Club (SCC) hat sich mit seinem jährlich ausgetragenen Sommerfest Ärger mit dem Landesverband Thüringer Karnevalsvereine eingehandelt. Der Schwabhäuser Präsident wurde per E-Mail auf die Vorschrift verwiesen, dass fastnächtliche Bräuche nur zwischen dem 11.11. und Aschermittwoch auszuleben seien, und zur Stellungnahme aufgefordert. Die Antwort der Schwabhäuser fiel harsch aus: Der Verein drohte unverblümt damit, seine karnevalistische Arbeit außerhalb des Landesverbandes fortzusetzen. Erst ein persönliches Gespräch konnte die Wogen für's erste glätten.

In der E-Mail, die MDR THÜRINGEN einsehen konnte, weist der Brauchtumsausschuss darauf hin, dass Sommerkarneval ein Verstoß gegen § 5 Punkt 1 der Satzung des Landesverbandes sei. Informationen zum Sommerfest in Schwabhausen seien ihm von der Presse zugetragen worden, so der Ausschuss, nachdem ein Ausschlussverfahren gegen den Körnerschen Carnevalsverein wegen dessen Sommerfaschings eingeleitet worden war. Die Schwabhäuser sollten sich daher zu ihrer Veranstaltung erklären.

Seitenhieb auf die Presse

Präsident Olaf Jungklaus bedient in seiner Antwort, die MDR THÜRINGEN ebenfalls lesen konnte, die ganze Klaviatur des Humors. Zunächst räumt er treuherzig ein, die Feste in Schwabhausen seien immer schon karnevalistisch und hätten nie vor Aschermittwoch stattgefunden, sondern meist zu Pfingsten oder eben in den Sommermonaten. Vielleicht, so hämt Junklaus, hätten die Pressevertreter besser recherchieren sollen, bevor sie dem Ausschuss zuarbeiteten.

Jungklaus fährt fort: "Wir haben als Verein ganz andere Sorgen, als uns vor Ihnen rechtfertigen zu müssen." Das werde der Verein in Bezug auf sein letztes "herrliches" Fest auch nicht tun. Die Schwabhäuser fühlten sich - auch wegen des Verfahrens gegen den Verein in Körner - vom Landesverband nicht im geringsten mehr vertreten oder verstanden und behielten sich einen Austritt vor. Sich "engstirnig" daran zu halten, was andere als "normal oder regelkonform" betrachten, liege nicht im närrischen Blut des SCC und sei nicht akzeptabel.

Der Präsident des Landesverbandes, Christoph Matthes, sprach
am Freitag vergangener Woche mit seinem Schwabhäuser Kollegen Jungklaus. Matthes sagte MDR THÜRINGEN am Dienstag, Jungklaus habe ihm glaubwürdig versichert, dass es bei den Sommerfesten in Schwabhausen in keiner Weise karnevalistisch zugegangen sei. Dass diese Aussage Jungklaus' schriftlichen Antwort an den Brauchtumsausschuss widerspricht, ließ Matthes unkommentiert.

Fall Körner jetzt beim Bundesverband

Der Streit um das Fest des Carnevalsverein Körner im Unstrut-Hainich-Kreis ist unterdessen noch nicht offiziell beigelegt. Die Entscheidung sei nun an den Bundesverband delegiert worden, so Verbandschef Christoph Matthes.

Ein Ausschluss aus dem Verband hätte vor allem Konsequenzen mit Blick auf Fördermöglichkeiten: Die Vereine könnten so keine Förderungen vom Landes- und Bundesverband beziehen. Außerdem würden sie keinen Nachlass auf Gema-Beiträge oder günstige Versicherungskonditionen erhalten.

MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 27. September 2022 | 13:30 Uhr

8 Kommentare

astrodon am 29.09.2022

"Der Karneval ist KEIN religiöses Fest, folgt keinem Kalender und nicht an einen festen Termin gebunden" ist aber so auch nicht richtig. Die Rückrechnung Ostern -> Fastenzeit -> "Carne vale" hat eindeutig religiösen Bezug, folgt dem (Kirchen-) Kalender und hängt am Oster-Termin.

Harka2 am 28.09.2022

Der Karnevalsverband zeigt sich noch unbelehrbarer und vor allem noch bornierter als die katholische Kirche, die mit ihrem sturen Festhalten an überkommenen (und nicht selten überholten) Ritualen die Gläubigen aus der Kirche treibt.

Harka2 am 28.09.2022

Und warum? Bitte erläutern sie mal ihre Gründe. Der Karneval ist KEIN religiöses Fest, folgt keinem Kalender und nicht an einen festen Termin gebunden. Die wenigsten Vereinsmitglieder haben zudem noch eine enge Bindung an irgendeine Kirche oder sonstige Religionsgemeinschaft.

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