Ein Mädchen kratzt an ihrem Arm.
Die Haut kann durch Neurodermitis so extrem jucken, dass sich Betroffene mitunter blutig kratzen. Bildrechte: Colourbox.de

Hauterkrankung Neurodermitis: Was hilft gegen den Juckreiz?

29. Juni 2023, 05:00 Uhr

Wenn die Haut in Schüben schuppig und rau wird, sich rötet und juckt, dann handelt es sich in vielen Fällen um Neurodermitis. Das kann Betroffenen sehr zu schaffen machen. Wir erklären, was Besserung bringen kann.

Zirka vier Millionen Deutsche leiden an Neurodermitis. Die chronische Erkrankung kann sowohl im Kindes- und Jugendalter als auch bei Erwachsenen auftreten. Je nach Schweregrad schränkt die Erkrankung die Lebensqualität stark ein. Danach richten sich auch die Therapien. Heilen lässt sich Neurodermitis nicht, aber die Symptome lassen sich lindern.

Schweregrad des Verlaufs prüfen lassen

Ein Stufensystem hilft dem behandelnden Arzt, eine angemessene Therapie zu empfehlen. Dafür werden die betroffenen Körperstellen und Hautflächen, die Intensität der Erkrankung und die Stärke und Häufigkeit der Symptome erfasst.

Sind zum Beispiel Hautflächen am gesamten Körper stark betroffen und hat der Patient ständigen Juckreiz und kann dadurch dauerhaft nachts schlecht schlafen, handelt es sich um eine schwere Form der Erkrankung. Treten die Symptome nur gelegentlich an wenigen Hautstellen auf, spricht das eher für eine leichte Erkrankung. Mit Hilfe dieser und weiterer Kriterien entscheidet der Arzt über die richtige Behandlung.

Tipps für Fälle mit leichten Symptomen

Patienten, die nur leichte Symptome haben und für die systemische Medikamente nicht infrage kommen, empfiehlt Dermatologe Dr. Dietrich Barth diese Tipps:

1) Basispflege: Eincremen

Da Neurodermitis häufig mit einer sehr trockenen Haut einhergeht, steht das Eincremen ganz oben auf der Liste. Die Cremes sollten rückfettend sein und Glycerin oder Urea enthalten. Die betroffenen Stellen am besten zweimal täglich eincremen.

Bei schlimmeren Beschwerden hilft kurzzeitiges Eincremen mit kortisonhaltigen Cremes. Sie sollten aber nicht großflächig und nur äußerlich aufgetragen werden. Im Gesicht sorgen Calcineurin-Hemmer für Linderungen, spezielle juckreizstillende Cremes, die die Haut nicht dünn machen.

2) Salzbad

Ein weiterer Tipp ist ein Bad in sehr salzigem Wasser. "Wir wissen gar nicht so richtig, wie der Effekt ist", sagt Dermathologe Barth. "Aber es wird vermutet, dass das Salz gegen Mikroorganismen wirksam ist, also gegen Bakterien, Pilze und Viren, und zusätzlich möglicherweise die Eiweiße, die für die Entzündungen zuständig sind, aus der Haut herauslöst."

Dafür brauche es kein teures Badesalz vom Toten Meer. Handelsübliches Speisesalz tut es auch. Man sollte jedoch nicht zu häufig und nicht zu heiß baden, das trocknet die Haut zusätzlich aus.

3) Auflagen mit schwarzem Tee

An der Lübecker Universität wurde die Wirkung von schwarzem Tee bei Neurodermitis untersucht. Dazu wird der Tee aber nicht getrunken. In ihn werden Lappen getränkt und anschließend auf die Hautstellen gelegt.

Die im Tee enthaltenen Gerbstoffe lindern Entzündungen und Juckreiz und können den Wasserhaushalt der Haut regulieren, so die Forscher. Die Symptome der Probanden verringerten sich nach nur drei Tagen im Durchschnitt um 70 Prozent.

Wichtig: Erst den zweiten Aufguss eines handelsüblichen Tees zum Tränken des Lappens nutzen. Er enthält weniger Gerbstoffe, was ihn verträglicher macht.

4) Lichttherapie

Auch eine Bestrahlung mit UVA, dem energiearmen Anteil des UV-Lichtes, kann Entzündungen auf der Haut lindern. Die Therapie wird in der Hautarztpraxis durchgeführt. Dazu bekommen die Patienten vor der UV-Behandlung ein spezielles Bad mit Psoralen, einem Badezusatz, der die Haut lichtempfindlicher macht.

5) Stressfaktoren reduzieren

"Die Haut ist der Spiegel zur Seele" – das gilt besonders für Neurodermitis-Patienten. Denn die entzündlichen Schübe können durch Stress ausgelöst und verstärkt werden. Deshalb ist es wichtig, auch auf seelischen Ausgleich zu achten und Entspannungsphasen einzulegen, wann immer möglich. Gleichzeitig belastet auch die Erkrankung selbst die Patienten stark und sorgt so für zusätzlichen Stress. 

Neue Medikamente für schwere Verläufe

Patienten mit besonders starken Beschwerden mussten bis vor wenigen Jahren Medikamente einnehmen, die das Immunsystem unterdrückt haben, sogenannte Immunsuppressiva. "Sie waren nicht sehr spezifisch und hatten auch Nebenwirkungen", erklärt Barth. Inzwischen gibt es neue Präparate mit sogenannten Antikörpern.

Die körperliche Ursache für Hautentzündungen und Juckreiz sind Entzündungsbotenstoffe. Dort setzen diese Antikörper an. Sie blockieren die Entzündungsbotenstoffe, sodass in der Zelle keine Entzündung mehr ausgelöst werden kann. Es sind bereits mehrere Medikamente für die Behandlung zugelassen. "Sie sind sehr verträglich und auch darauf angelegt, dass man sie über eine längere Zeit nehmen kann", erklärt der Mediziner. Die Kosten von bis zu 20.000 Euro im Jahr werden von den Krankenklassen übernommen, allerdings  nur bei schweren Verläufen. Deshalb stehen die Medikamente auch nicht für jeden Patienten zur Verfügung.

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 08. Juni 2023 | 21:00 Uhr

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