Drei Frauen stoßen mit Bier an.
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Der Redakteur | 25.05.2022 Wie wird Bier alkoholfrei?

25. Mai 2022, 10:33 Uhr

Werner Fischer aus Erfurt hat sich beim Redakteur gemeldet. Er sagt: "Ich trinke oft alkoholfreies Bier. Doch wie kommt der Alkohol aus dem Bier raus?" Und war er vorher überhaupt drin?

Die Antwort klingt so ein bisschen danach, als käme sie von einem Chemielehrer. Die Gärung spielt eine Rolle, Osmose und Destillation und die Entwicklung auf diesem Gebiet ist auch noch lange nicht abgeschlossen. Denn die Nachfrage nach alkoholfreien Bieren steigt weltweit. Das treibe die Experimentierfreude an, sagt Bierexperte Markus Raupach.

Er ist unter anderem Biersommelier, Buchautor, Gründer der Deutschen Bier Akademie und sitzt weltweit in den Jurys nationaler und internationaler Bierwettbewerbe. Dabei geht es aber nicht ums Kampftrinken, sondern um Geschmack und Genuss. Diesen gibt es mittlerweile tatsächlich auch in alkoholfreier Form, weil sich eben die Methoden geändert haben, diese miteinander kombiniert werden und die Brauer auch ständig voneinander lernen.

Idee: Gärung stoppen

So entstanden die ersten alkoholfreien Biere noch dadurch, dass die Gärung frühzeitig gestoppt wurde. Dadurch ist relativ viel Malzzucker übrig geblieben, die Biere waren recht süß und "unrund", wie Markus Raupach sagt. Gegen die Süße half zusätzlicher Hopfen und am Ende ergab sich ein Geschmack, der an Bier erinnert hat, aber wenige Freunde fand.

Die bestehenden Verfahren entwickeln sich weiter, es gibt auch neue Verfahren, die Technologie wird besser, die Rezepturen werden ausgefeilter und die Erfahrung steigt.

Markus Raupach, Biersommelier und Buchautor

Von daher ist es durchaus klug, sich immer mal wieder auf Entdeckertour zu begeben auf der Suche nach einem Bier ohne Alkohol, dem man es geschmacklich nicht anmerkt. Wichtig ist: Damit ein Bier auch Bier heißen darf, muss eine Gärung stattgefunden haben. Das sei anders bei alkoholfreiem Gin, wo Wasser und Aromen reichen, sagt Markus Raupach.

Hefe nicht mehr schweben lassen

Die zweite Möglichkeit, neben des zeitigen Stopps der Gärung, ist es, die Hefe zu "immobilisieren". Das bedeutet: Sie schwebt nicht mehr frei in der Flüssigkeit, sondern ist an den Gefäßrändern angehaftet. Auch dadurch gärt weniger, allerdings bleibt auch das Problem mit der Süße.

Alkohol erst rein, dann durch Erhitzen raus

Natürlich ist es auch möglich, das Bier ganz normal zu brauen, bedeutet: Den Alkohol entstehen zu lassen und ihn dann wieder herauszufiltrieren. Da sind wir im chemisch-physikalischen Bereich, aber das sind wir ohnehin häufig bei der Nahrungsmittelproduktion: Stichwort Käse, Sauerteig oder Wein.

Das Filtrieren geschieht wie bei der Destillation. Der Siedepunkt beim Alkohol ist niedriger als der vom Wasser, der Alkohol kann also durch Erhitzung entzogen werden. Nachteil: Die Aromastoffe, die am Alkohol gebunden sind, die verschwinden auch.

Man muss versuchen, Alkohol und Aromen zu trennen und die Aromen wieder zuzuführen. Das Ergebnis ist auch ganz gut.

Markus Raupach, Biersommelier und Buchautor

Auch bei der Gärungskohlensäure wird so verfahren. Diese lässt sich noch einfacher auffangen und am Ende der Prozesskette kann sie wieder zugeführt werden, ohne dass man auf industriell hergestellte Kohlensäure zurückgreifen müsste.

Nicht jede Hefe kann Alkohol bilden

Das klingt zwar ein wenig nach dem Motto, waschen, aber nicht nass machen, doch es gibt tatsächlich Hefesorten, die gären, aber dabei keinen Alkohol produzieren. Diese Sorten "fressen" also den Zucker, aber es entstünden andere Gärungsnebenprodukte, sagt Markus Raupach. Und am Ende ist es oft eine Mischung aus den Bieren, die auf verschiedene Varianten entstanden sind und die dann zu einem akzeptablen alkoholfreien Bier führen.

Verschiedene Geschmacksrichtungen

Das Mischen sieht Markus Raupach auch entspannt. Solange jedes Bier nach dem Reinheitsgebot gebraut ist, ist das Mischen erlaubt, unabhängig, ob da Alkohol drin ist oder nicht. Schon deshalb ist ein Ende der Bierstile und Geschmacksrichtungen auch nicht in Sicht.

Exotisch anmutende Varianten aus anderen Ländern kommen hinzu und der steigende Marktanteil alkoholfreier Biere wird auch weiter dazu führen, dass diese Biere geschmacklich von den alkoholhaltigen kaum mehr zu unterscheiden sind. Diese Qualitätsebene hätten auch einige Biere durchaus schon erreicht, sagt Markus Raupach.

Und selbst wenn am Männertag in der Regeln "echtes" Bier bevorzugt wird: Den Genuss schmälern viele Trinkbegeisterte alleine schon durch ihre Art des Trinkens. Die Flasche ist nämlich schlicht das falsche Trinkgefäß. Über den Mund nehmen wir nur die Grundaromen wahr, also süß, sauer, salzig, bitter und umami (aus dem Japanischen und bedeutet würzig wie Sojasoße, getrocknete Tomaten usw.) Das, was das Bier am Ende wirklich besonders macht, das ergänzt die Nase. Und die ist eben im wahrsten Sinne des Wortes außen vor, wenn man aus der Flasche trinkt.

Fruchtige, florale Aromen oder Röstaromen des Bieres werden über die Nase wahrgenommen. Deshalb bitte ein schönes Glas nehmen und das Bier genießen.

Markus Raupach, Biersommelier und Buchautor

Quelle: MDR (ifl)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 25. Mai 2022 | 16:40 Uhr

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