Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Schmähkritik gegen Chebli auf Facebook nicht zulässig

02. Dezember 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Schmähkritik auf Facebook nicht zulässig 

Oberlandesgerichts Stuttgart (AZ: 4 U 58/23)

Was genau ist eigentlich Schmähkritik - und wodurch unterscheidet sie sich von einer zulässigen Meinungsäußerung? Polemik oder scharf zugespitzte kritische Äußerungen können jedenfalls noch nicht als Schmähkritik gewertet werden. Vielmehr geht es in dieser unzulässigen Kommentarform darum, die Person generell herabzusetzen bzw. zu diffamieren.

Das ist nachweislich auf Facebook geschehen. Dort hatte die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli einen Twitter-Eintrag des Kabarettisten Dieter Nuhr als "ignorant, dumm und uninformiert" bezeichnet. Das war noch keine Schmähkritik, sondern von der Meinungsfreiheit gedeckt. Schließlich ging es nicht um die Person sondern um den Eintrag bei Twitter.

Anders sieht es aus mit dem Kommentar eines Nutzers auf die Chebli-Äußerung. Darin hieß es: "Selten so ein dämliches Stück Hirn-Vakuum in der Politik gesehen... Soll einfach abtauchen und die Sozialschulden ihrer Familie begleichen."

Hier waren sich die Richter am Oberlandesgericht Stuttgart sicher: "Inhaltlich steht in dem betreffenden Kommentar nicht die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund. Vielmehr geht es hier um eine gezielte Diffamierung der Person. So wird der Klägerin mit dem Begriff "Stück" die persönliche Würde abgesprochen. Die Aufforderung, sie solle "abtauchen", ist als eine Herabsetzung von Migranten zu sehen. Außerdem fehlt der Bezug zur vorherigen Diskussion um Dieter Nuhr."

Es handelte sich also um unzulässige Schmähkritik, die gelöscht werden muss. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Porträt von Lea Römer, Pressereferentin von JUUUPORT. 23 min
Lea Römer ist Pressereferentin bei JUUUPORT. Im MDR MEDIEN360G-Interview spricht sie über die Besonderheiten der Beratungsplattform, an die sich Jugendliche wenden können, die mit Cybermobbing aber auch anderen Problemen im Netz in Berührung gekommen sind. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Julia Baumgart Photography

Privathochschule darf Studienvertrag nach Trinkgelage kündigen

Landgericht Koblenz (Az.: 14 O 656/23)

Jonas Jockenbach ist seit drei Semestern Student an einer privaten Hochschule. Im Rahmen der Einführungswoche bekommt er den Auftrag, den neuen Erstsemestern den Einstieg ins Studentenleben zu erleichtern. Dazu gehört offenbar auch eine Party in der Privatwohnung des Studenten. Dort kommt es zu einem Trinkgelage, bei dem auch die Erstsemester kräftig zulangen.

Einer der Jungstudenten wird völlig betrunken im Bad gefunden und ein weiterer stark alkoholisiert ins Krankenhaus eingeliefert. Im Vorfeld der Party hatte die Hochschule wegen ähnlicher Erfahrungen derartige Trinkgelage zum Semesterstart verboten. Auch hatte sie mit der Kündigung des Studienvertrags gedroht. Genau dazu kommt es nun auch: Herrn Jockenbach wird fristlos gekündigt. Der wehrt sich dagegen vor dem Landgericht Koblenz.

Ohne Erfolg: "Der Studienvertrag muss nicht grundsätzlich gekündigt werden, wenn sich erwachsene Studierende in einer Privatwohnung betrinken. Das gilt auch für den Fall, dass der Abend eskaliert und einzelne Studierende ärztlich behandelt werden müssen. Im vorliegenden Fall war aber die Fortsetzung des Studienvertrages nicht zumutbar. Denn der Student war von der Hochschule den Erstsemestern als Pate zugeteilt worden. Damit hatte er eine offizielle Position, die das Bild der Hochschule gegenüber den neuen Studierenden prägen sollte. Außerdem hatte die Hochschule zuvor ausdrücklich vor einem Trinkgelage gewarnt."

Der Studienvertrag bleibt gekündigt.


Personenbedingte Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein

Arbeitsgericht Braunschweig (AZ: 2 Ca 173/22)

Heiner Heisicke war viele Jahre Mitarbeiter in einem Unternehmen. Dann allerdings fiel er immer öfter aus. Aufgrund häufiger Kurzzeit-Erkrankungen wird ihm nun personenbedingt gekündigt. Das Unternehmen argumentiert, die häufigen Ausfälle würden die Arbeitsprozesse stören. Herr Heisicke weist jedoch darauf hin, der Zeitraum für eine negative Gesundheitsprognose sei kaum ausreichend groß gewesen. Auch habe das Unternehmen kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt, um seine Arbeitsfähigkeit zu verbessern oder Alternativen zu finden.

Am Arbeitsgericht Braunschweig gab man ihm Recht: "Die personenbedingte Kündigung war hier sozial nicht gerechtfertigt. Die Fehlzeiten des Klägers waren nicht ausreichend, um eine negative Gesundheitsprognose zu rechtfertigen. Ein weiterer Mangel besteht im betriebliche Eingliederungsmanagement. Es ist weder transparent noch datenschutzkonform durchgeführt worden."

Die Kündigung ist nichtig.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 02. Dezember 2023 | 08:20 Uhr

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