Sonnenschein und ein Wohnhaus mit Balkonen.
Wenn die Sonne brennt, haben es Großstadt-Bewohner schwer, die Hitze aus ihren Wohnungen fernzuhalten. Ein Sonnenschirm auf dem begrünten Balkon ist ein Schritt zu mehr Kühle im Hochsommer. Hitzeangepasste Umbauten an Fenstern, Dach, Fassade und vor dem Haus würden noch mehr helfen. Bildrechte: Colourbox.de

Bericht vom 25. April 2018 Stress lass nach: Leben in der hitzeangepassten Stadt Dresden

25. Juni 2018, 14:31 Uhr

In Dresden wird gebaut, es wird immer enger und dichter in der Stadt. Im Sommer wird es auch dadurch immer heißer. In Dresden-Gorbitz suchen Forscher vom Leibniz-Institut und der Stadt nun nach Wegen, Hitzestau zu vermeiden. Aktuell ist es zwar kühl genug, um ordentlich durchzulüften, bevor es in den kommenden Tagen wieder schwüler wird. Aber langfristig müssen neue Konzepte her.

Klimawandel hin oder her, die Zahlen für Dresden sprechen für sich: Von 1961 bis 1990 ist die durchschnittliche Temperatur in der Stadt um 0,8 Grad Celsius gestiegen, hat die Stadt registriert. "Den Unterschied merkt man. Die Zahl der heißen Tage steigt." Wenn man bedenkt, dass die Durchschnittstemperaturen in diesem Jahrhundert um weitere zwei bis drei Grad steigen sollen, "werden wir es mit enormen Belastungen zu tun bekommen", sagt die Meteorologin und Mitarbeiterin des Dresdner Umweltamts, Franziska Reinfried. Die Stadt wachse und verdichte sich immer mehr. Folge: Auch die Wärmespeicherung wachse.

Wie sollen das die Bewohner im Sommer noch aushalten? Was muss passieren, damit Großstädter ihr Leben auch bei Hitze als angenehm empfinden? Zwei Fragen, die Dresden mit einem Forschungsprojekt bis 2020 beantworten will. Beim Projekt namens "HeatResilientcity", zu Deutsch die hitzerobuste Stadt, geht es um wärmeangepasstes Bauen und Sanieren. Mit dem Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung hat Dresden den Stadtteil Gorbitz zum Reallabor erklärt.

Wärmemessungen in den Wohnungen

Seit Mai hängen an mehreren Häusern in verschiedenen Etagen Messgeräte. Sie zeichnen in Wohnungen und an Fassaden Faktoren auf wie Temperatur, Luftfeuchte und Kohlendioxidgehalt. "Wir wollen wissen, wie viel genau Kühlmaßnahmen bringen können. Deshalb muss alles systematisch untersucht werden", erklärt die Projektleiterin Regine Ortlepp. Das Hitze-Wetter der vergangenen Wochen habe ihrem Forscherteam in die Hände gespielt. Laut Ortlepp interessieren sich die Gorbitzer für das Projekt, fragen nach und warten gespannt auf die Ergebnisse. 

Am Ende soll es eine Handlungsempfehlung geben, wie in Städten sinnvoll gebaut und saniert werden kann, um Hitzestau zu vermeiden. Die Gorbitzer Ergebnisse sollen auch Stadtplanern in anderen Städten helfen.

Bewohner wünschen sich mehr Grün und mehr Schatten

"Von Gorbitzern gab es schon viel Kritik, dass ältere Bäume im Stadtviertel gefällt wurden", sagt Regine Ortlepp. In Gesprächen hätten sie sich auch mehr Schattenplätze gewünscht, darunter Spiel- und Aufenthaltsbereiche für verschiedene Altersgruppen, mehr Schatten zwischen den Häusern, beschattete Haltestellen, grüne Rückzugsflächen, überhaupt mehr Bäume und Sträucher.

Bei Befragungen im nächsten Schritt wollen die Forscher nun herausfinden, was die Mieter in ihren Wohnungen wünschen und für ein hitzeangepasstes Leben auch akzeptieren würden. Dabei geht es um Außenjalousinen, speziell verglaste Fenster, eine Nachtlüftung und Fassadenbegrünung. "Gerade die Fassadenbegrünung wird von vielen Bauherren skeptisch betrachtet. Sie fürchten Schäden an Fassaden und viel zu viel Ungeziefer", weiß Umweltamtsmitarbeiterin Franziska Reinfried. Dabei ließen sich Schäden am Putz durch spezielle Rankhilfen vermeiden. Bei Hagel und gegen UV-Licht der Sonneneinstrahlung schützt Fassadengrün ebenfalls, argumentiert sie und verweist auf Folgen fürs Innenraumklima, das von Bewohnern meist als kühler und angenehmer empfunden werde. Gegen Insekten an den Fenstern ließen sich Fliegengitter installieren.

Anders bauen kostet mehr

"Gebäude im derzeitigen Architekturstil mit viel Glas und Stahl benötigen im Sommer Klimaanlagen und im Winter Heizungswärme. Es wäre wünschenswert, wenn man davon wegkäme zu einer nachhaltigeren Bauweise, die die Menschen nicht zu sehr belastet", meint die Bauingenieurin Regine Ortlepp. Die beiden Projekt-Mitarbeiterinnen wollen Bauherren und Mieter dafür sensibilisieren, dass sie für Außenbereiche ihrer Wohnungen nicht nur an Rasen und Wege denken, erklärt Franziska Reinfried, sondern auch an Bäume, Büsche und offene Flächen fürs Regenwasser. "Jeder einzelne hat auch Eigenvorsorge zu treffen und sollte sich überlegen, ob wirklich jeder Baum oder Strauch weg müsse. "Das ist aktuell ein Kampf, weil es immer auch eine Kostenfrage ist. Aber es lohnt sich", wirbt die Umweltamtsmitarbeiterin Reinsfried.

Anti-Hitzetipps für Wohnungen - Außenjalousinen herunterlassen. Wer keine hat, Innengardinen zu oder Fenster verhängen mit speziellen Klebe-Folien, Bettlaken oder Innen-Rollos.
- Tagsüber konsequent Fenster schließen, nur nachts und morgens lüften, wenn es kühler ist.
- Omas Tipps helfen auch heute noch: Gardinen feucht aufhängen oder Wasserschüsseln mit Wasser aufstellen, dann aber regelmäßig lüften, damit es durch die Verdunstungswärme nicht zu schwül in der Wohnung wird.
- Große Wärmequellen im Haus - wie Computer, Deckenfluter oder Plasmafernseher nach dem Benutzen, ausschalten - sie erzeugen unnötig Wärme.
- Balkon/Terrasse beranken und begrünen.

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 25.04.2018 | 16:30 Uhr in den Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden

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