Eine ältere Person bekommt eine Impfung gegen Corona
Menschen über 70 Jahre und andere Gruppen mit hohem Risiko, schwer an Corona zu erkranken, sollen eine zweite Auffrischungsimpfung bekommen. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / photothek

Covid-19 Impfstoffe Stiko empfiehlt weiteren Booster: Für wen eine vierte Impfung in Frage kommt

03. Februar 2022, 18:03 Uhr

Die Ständige Impfkommission empfiehlt Menschen, die durch Corona stark bedroht werden, sich drei Monate nach der Auffrischungsimpfung erneut boostern zu lassen. Andere sollen auf den Omikron-Impfstoff warten.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) beim Robert Koch-Institut empfiehlt eine zweite Auffrischungsimpfung für Menschen über 70 Jahren und andere Gruppen, die ein hohes Risiko haben, schwer an Covid-19 zu erkranken sowie für Mitarbeiter in Kliniken und Pflegeheimen, die ein hohes Ansteckungsrisiko haben. Der zweite Booster soll bei ihnen möglichst viel Schutz gegen die zirkulierende Omikron-Variante erhalten, teilte das Gremium am Donnerstag mit.

Aktuelle Booster können Immunflucht teilweise ausgleichen – aber nur zeitlich begrenzt

Hintergrund der Entscheidung sind aktuelle Erkenntnisse zu der neuen Virusvariante, die in den vergangenen vier Wochen die vorangegangene Deltavariante von Sars-CoV-2 verdrängt hat und nun das Infektionsgeschehen in Deutschland dominiert. Durch seine vielen Mutationen kann Omikron dem Schutz durch Antikörper, die durch eine Impfung gebildet wurden, teilweise ausweichen.

Die Booster Impfung, die als dritte Impfung der Grundimmunisierung in einem Abstand von drei bis sechs Monaten folgen sollte, kann diese Immunflucht zwar teilweise ausgleichen. Forschende, unter ihnen die Arbeitsgruppe von Ulrike Protzer vom Helmholtz-Zentrum in München argumentieren deshalb, dass drei Impfungen nötig sind, um einen ausreichenden Immunschutz aufzubauen.

Der Schutz vor einer Ansteckung hält bei den meisten Geimpften aber nur in einem Zeitraum von etwa zwei bis zehn Wochen nach dem Booster. In dieser Zeit erreichen die Antikörperwerte bei den Geimpften einen Höhepunkt. Schon kurz danach steigt die Wahrscheinlichkeit, bei engem Kontakt mit Infizierten eine Durchbruchsinfektion zu erleiden.

Schutz durch T-Zellen bislang von Virusmutationen nicht beeinträchtigt

Die meisten dieser Impfdurchbrüche verlaufen mild, denn die Grundimmunisierung mit zwei Impfdosen und einem später folgenden Booster führt neben der Bildung von Antikörpern auch zur Bildung von T-Zellen. Diese können zwar eine Infektion nicht verhindern, unterbinden im Körper aber die Ausbreitung des Virus und verhindern dadurch schwere Krankheitsverläufe, indem sie die von Viren befallenen Zellen erkennen und ausschalten. Anders als bei den Antikörpern konnten die Viren den T-Zellen durch die Mutationen bislang nicht ausweichen.

Während die meisten Menschen deshalb nun auf einen an Omikron angepassten Impfstoff warten sollen, will die Stiko die Hochrisikogruppen mit ihrer neuen Empfehlung übergangsweise schützen. Sie könnten von einer vierten Impfung auch deshalb profitieren, weil viele auf die ersten zwei Impfdosen gar nicht reagiert haben und erst bei der dritten Dosis, dem Booster, eine messbare Immunreaktion aufbauen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Marburg. Die Forschenden um Michael Lohoff kommen zu dem Schluss, dass bei den Risikogruppen regelmäßige Impfungen sinnvoll sein könnten.

Omikron Booster – verfügbar ab Frühling, Verabreichung erst im Herbst?

Für die übrigen Gruppen wird die Viertimpfung mit den bestehenden Impfstoffen nicht empfohlen. Forschende aus Israel um die Professorin Gili Regev Yochay hatten im Januar Zwischenergebnisse einer Studie mitgeteilt, wonach ein zweiter Booster die Antikörperwerte zwar erneut anstiegen ließ, nicht aber zu einem ausreichenden Schutz gegen Omikron führte.

Die Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer und Moderna haben bereits mit klinischen Versuchen begonnen, bei denen an Omikron angepasste Versionen der Impfungen getestet werden. Mit einer Zulassung und Verfügbarkeit dieser Impfstoffe wird ab April gerechnet. Ob ihr Einsatz im Sommer dann bereits sinnvoll ist, wird unter Immunologen noch diskutiert. Je nach Entwicklung der Fallzahlen lohnt sich für die meisten Menschen ein weiterer, an Omikron angepasster Booster eventuell erst im Herbst.

(ens/dpa)

Quellen

4 Kommentare

MDR-Team am 05.02.2022

Hallo @Denkschnekce,
die verschiedenen Möglichkeiten des Immunsystems, sich gegen Viren zu wehren, machen es so schwierig, festzustellen, wann ein Mensch gegen das Virus wirklich geschützt ist und wann nicht. Neben der Abwehr durch Antikörper gibt es auch eine zelluläre Abwehr durch sogenannte aktivierte T-Zellen. Durch sie werden eingedrungenen Viren ebenso abgewehrt. So kann ein Mensch auch ohne nennenswerte Antikörper-Spiegel durch diese zelluläre Immunabwehr geschützt sein.

Laut Expert*innen ist unbestritten, dass ein Mensch unter einem Antikörper-Wert von 21.8 BAU pro Milliliter Blut (BAU= Binding Antibody Units) keinen verlässlichen Immunschutz gegen das Coronavirus mehr hat.

Somit kann eine "Präzisierung" nicht ausfallen, weil sich der Wirkungsgrad anhand der Fälle (siehe Artikel und Studien) ableiten lässt.

Liebe Grüße

emlo am 04.02.2022

Kann sein, dann vermutlich mit einem an Omikron angepassten Impfstoffs. Aber mal ehrlich drei, vier oder fünfmal geimpft, alles klingt besser als "Long-Covid" oder "an Corona gestorben"!

astrodon am 04.02.2022

@heribert: Wer lesen kann ist klar im Vorteil, wer es dann auch noch versteht erst recht: "Für die übrigen Gruppen wird die Viertimpfung [...] nicht empfohlen" - für Risikogruppen "übergangsweise" schon.
Es wird wohl wie bei der Grippe-Impfung werden: Jährliche Impfung "vor der Saison" für gefährdete Personen. Und auch der Schutz einer Grippe-Impfung hält sicher keine 12 Monate, und verhindert keine Infektion.