buntes Weinlaub am späten Nachmittag in der Moselregion.
Der Naturstoff Rutin kommt unter anderem in rotem Weinlaub vor. Bildrechte: imago images/Countrypixel

Studie aus Sachsen Natürliche Wirkstoffe gegen Corona: Forscherin will Rutin und Vitamin C prüfen

24. August 2022, 16:37 Uhr

Eine Kombination des Naturstoffs Rutin mit den Vitaminen C und D sowie einigen weiteren Molekülen könnte die Vermehrung von Coronaviren bremsen. Eine Freiberger Chemikerin will das in klinischen Versuchen testen.

Pflanzen bilden das Molekül Rutin, um sich damit vor gefährlichen UV-Strahlen in der Sonne zu schützen. In Kombination mit verschiedenen Vitaminen, Mineralien und dem Aspirin-Wirkstoff Acetylsalicylsäure könnte Rutin aber auch Menschen vor einem schweren Covid-19 Verlauf schützen. Im Fachblatt ChemMedChem argumentiert Professorin Monika Mazik von der TU Bergakademie Freiberg, dass Rutin ein wichtiges Eiweiß des Coronavirus blockieren und möglicherweise auch dessen Eintrittsweg in die menschlichen Zellen über den ACE2-Rezeptor behindern könne.

Rutin: Naturstoff entfaltet breites Spektrum an Heilungswirkungen

Verbunden mit den Vitaminen C und D, Calcium und Magnesium sowie Acetylsalicylsäure könne Rutin wichtige Vermehrungsmechanismen von Sars-Coronavirus-2 in seinen Wirtszellen hemmen. Erste Beobachtungen deuten laut Mazik bereits darauf hin, dass die Kombination dieser Stoffe schwere Krankheitsverläufe verhindern könne, besonders wenn sie früh im Krankheitsverlauf eingesetzt würden.

Rutin gehört chemisch gesehen zur Gruppe der Flavanoide, die als heilsame Pflanzenwirkstoffe gelten und in der Kräutermedizin angewendet werden. Es ist zudem ein Antioxidantium, das Zellen vor Schäden bewahren kann. Laut Chemikerin Mazin sind darüber hinaus antibakterielle, antimikrobielle, entzündungshemmende, antiallergische, schmerzstillende und antidiabetische Wirkungen bekannt. Auch Wirkungen gegen Viren wurden bereits beobachtet, darunter gegen Influenza und Hepatitis-C.

Kombination mit Vitaminen C und D: Klinische Studien geplant

Laut Computersimulationen und Experimenten könnte Rutin die für das Coronavirus zentrale 3-Chymotrypsin-ähnliche Protease (3CLpro) hemmen sowie einige weitere Proteine von Sars-CoV-2. Vitamin C wiederum unterstütze die Wirkung von Rutin. Acetylsalicylsäure habe bei schwer erkrankten Covid-19 Patienten die Sterberate etwas senken können und sei zudem wirksam bei gleichzeitigen Co-Infektionen mit anderen Erkältungs- und Grippeviren. Vitamin D wiederum könne in Kombination mit Magnesium und Calcium die Schwere einer Covid-19 abmildern.

Neben der breiten Wirksamkeit der beschriebenen Substanzen sprechen laut Mazik auch gute Sicherheitsprofile, allgemeine Verfügbarkeit und geringe Kosten dafür, eine Kombinationstherapie zu erproben. Diese habe das Potenzial sowohl vorsorglich als auch therapeutisch wirksam zu sein. Mazik möchte die Wirksamkeit der Kombinationstherapie klinisch testen lassen.

Coronaforscher: Kombinationstherapie unspezifisch - getestete Wirkstoffe stehen bereits zur Verfügung

Andere Coronaexperten wie der Gießener Virologe John Ziebuhr sehen Maziks Vorgaben allerdings skeptisch. Der Therapieansatz sei eher unspezifisch und wenig aussichtsreich. "Für die Hemmung der 3C-ähnlichen Protease gibt es inzwischen weit wirksamere und bereits zugelassene Inhibitoren", sagt Ziebuhr auf Anfrage von MDR WISSEN. Ein Beispiel dafür sei das Pfizer Medikament Paxlovid. Auch sehr spezifische monoklonale Antikörper gegen das Spike-Protein stünden als Therapiemöglichkeit bereits zur Verfügung. "Beide sind sehr spezifisch wirksame therapeutische Optionen zur Verhinderung schwerer COVID-19-Verläufe, wenn sie frühzeitig genug verabreicht werden", so Ziebuhr. 

Vor der Erprobung an Tieren oder Menschen seien zudem Test in Zellkulturen notwendig, um die hemmende Wirkung der Stoffe auf das Coronavirus überhaupt zu bestätigen und gegebenfalls auch quantifizieren zu können.

(ens)

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