Illustration - zwei Männer tragen ein Gehirn
Im Alter erinnern wir uns schwerer an Wörter. Unser Gehirn arbeitet halt anders, als früher. Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

MPI Leipzig: Forschung zum Gedächtnis Wie hieß das nochmal? Warum alte Gehirne Wörter schwerer finden

06. September 2021, 12:13 Uhr

Im Alter fällt es uns schwerer, uns an einzelne Wörter im richtigen Moment zu erinnern. Warum ist das so? Diese Frage haben sich drei Forscherinnen am Max Planck-Institut gestellt und dafür junge und alte Menschen einem MRT-Scan unterzogen. Die Antwort: Beide Gehirne ticken unterschiedlich.

"Du Gerda, gib mir bitte mal… ach, verflixt… dieses… du weißt schon! Ich komm’ jetzt nicht auf den Namen…" Kennen Sie solche oder ähnliche Situationen? Besonders wenn wir älter werden, fällt es uns schwer, die richtigen Wörter im entscheidenden Moment parat zu haben. Am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und an der Universität Leipzig ist man nun dem "Warum" nachgegangen.

Das Ergebnis der Forscherinnen: Wenn wir älter werden, verändern sich auch die Netzwerke in unserem Gehirn. Im Laufe der Zeit wird unser Denkapparat ineffizienter und wir stehen auf der Suche nach den richtigen Wörtern öfters mal auf dem Schlauch.

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, wurden die Studienteilnehmenden einem MRT-Scan unterzogen. Sie sollten Wörter nennen, die zu bestimmten Kategorien gehören: Hund bei Tieren, Eisen bei Metallen, Opel bei Fahrzeugen… Sie haben das Prinzip verstanden. Die Teilnehmenden wurden dabei in zwei Gruppen aufgeteilt: die Jüngeren (zwischen 20 und 35 Jahren) und die Älteren (zwischen 60 und 70 Jahren).

Röntgenstrahlfotografie
Mit MRT ins Gehirn schauen. Ohne die Scans würden die Forscherinnen ganz andere Ergebnisse erhalten. Bildrechte: colourbox

Jung oder Alt: Unterschiedliche Gehirnregionen sind aktiv

Wenn es darum geht, Wörter zu finden, waren beide Gruppen gleichauf. Jedoch waren die Jüngeren etwas schneller. Bei den Jüngeren waren zwei Netzwerke im Gehirn besonders aktiv und befanden sich im Austausch:

Das Netzwerk für das semantische Gedächtnis, in dem Faktenwissen abgespeichert ist, und das exekutive Netzwerk, das für allgemeine Funktionen wie Aufmerksamkeit und Gedächtnis zuständig ist.

Auszug aus der Studie

Bei den Älteren war dagegen das exekutive Areal stärker aktiv. Laut den Forschenden sei dies der Hinweis darauf, dass diese Aufgaben für die Versuchspersonen schwerer zu bewältigen seien. Auch der Austausch zwischen den entscheidenden Netzwerken war weniger effizient, als bei den Jüngeren.

Die Kommunikation innerhalb von neuronalen Netzwerken ist effizienter und damit schneller als zwischen ihnen.

Sandra Martin, Doktorandin am MPI CBS und Erstautorin der Studie

Die endgültige Antwort fehlt, aber eine Theorie steht

Zwar wächst der Wortschatz mit dem Alter kontinuierlich an, warum sich das Aktivitätsmuster mit dem Alter verschiebt, ist noch unklar. Die Erstautorin der Studie, Sandra Martin, vermutet, "dass man sich im Laufe der Jahre mehr auf das Sprachwissen verlasse, das man habe". Der Austausch innerhalb der Netzwerke würde dadurch stärker anwachsen. Die Gehirne jüngerer Menschen verlassen sich dagegen stärker auf ihr schnelles Arbeitsgedächtnis und kognitive Kontrollprozesse.

Laut Martin könnte aber auch "der Abbau von grauer Hirnsubstanz eine Rolle spielen, der durch den Austausch zwischen den Netzwerken kompensiert wird". Egal ob ein junges oder altes Gehirn: Beide haben ihre Vorteile – so lange man sie einschaltet.

Zur Studie

Die Studie "Age-Dependent Contribution of Domain-General Networks to Semantic Cognition" (engl. Altersabhängiger Beitrag von bereichsübergreifenden Netzwerken zur semantischen Kognition) wurde im Fachmagazin Cerebral Cortex veröffentlicht.

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