Exoplanet HD106906 b Wo ist unser Planet Neun? Ein Exoplanet könnte die Antwort liefern

19. Januar 2023, 13:23 Uhr

Wenn es einen neunten Planeten in unserem Sonnensystem gibt, wo steckt er dann? Kreist er wirklich in extremen Bahnen weit von unserer Sonne enfernt? Der Exoplanet HD106906 b könnte diese Frage beantworten. Das Hubble-Weltraumteleskop hat die letzten 14 Jahre seine Umlaufbahn berechnet. Heraus kam: Sie ist extrem ungewöhnlich. So ungewöhnlich wie die eines hypothetischen Planeten Neun in unserem Sonnensystem?

künstlerische Darstellung des Exoplanet HD106906 b.
Künstlerische Darstellung des Exoplanet HD106906 b. Bildrechte: ESA/Hubble, M. Kornmesser

Das Hubble-Weltraumteleskop hat 14 Jahre lang den Exoplaneten HD106906 b untersucht. Er befindet sich 336 Lichtjahre von uns entfernt, hat elf Jupiter-Massen und es ist das erste Mal, dass man einen so massereichen Planeten so genau beobachten konnte. Das Forscherteam hat nun herausgefunden, dass die Berechnung seiner Umlaufbahn und die ermittelte extreme Entfernung zu seinem Doppelstern auf unser Sonnensystem anwendbar sind. Damit könnten wir die Frage beantworten, warum sich ein hypothetischer Planet Neun so weit von unserer Sonne entfernt hat.

Planet Neun

Forscher spekulieren schon lange, wie ein hypothetischer Planet Neun an den Rand unseres Sonnensystem gelangen konnte – jenseits von Neptun und dem Kuipergürtel. Der Kuipergürtel erstreckt sich über eine länge von sechs Milliarden bis 50 Milliarden Kilometer. Planet Neun soll sich dahinter befinden. Robert De Rosa, Leiter des Analyse-Teams der Studie, erklärt warum:

Obwohl Planet Neun bisher nicht entdeckt wurde, lässt sich die Umlaufbahn des Planeten aus seiner Wirkung auf die verschiedenen Objekte im äußeren Sonnensystem ableiten.

Robert De Rosa, Europäische Südsternwarte in Santiago (Chile)

Bisher gibt es nur Indizien für Planet Neun, wie die Ansammlung von kleinen Himmelskörpern jenseits des Neptun. Ihre Bahnen seien im Vergleich zum Rest des Sonnensystems ungewöhnlich. Es könnte an der Anziehungskraft eines bisher unbekannten neunten Planeten liegen.

Dies legt nahe, dass, wenn ein Planet tatsächlich für das verantwortlich wäre, was wir in den Bahnen der transneptunischen Objekte beobachten, er eine exzentrische Bahn haben sollte. Diese ist dann zur Ebene des Sonnensystems relativ geneigt. Die Vorhersage über die Umlaufbahn von Planet Neun ist ähnlich zu dem, was wir bei HD 106906b beobachten.

Robert De Rosa, Europäische Südsternwarte in Santiago (Chile)

Ungewöhnliche Umlaufbahn von HD106906 b

Die 14 Jahre lange Untersuchung durch das Hubble-Weltraumteleskop zeigt: HD106906 b braucht 15.000 Jahre, um seinen Doppelstern zu umrunden. Das liegt vor allem an der schwachen Anziehungskraft seiner Wirtssterne und der großen Entfernung zu ihnen. Zum Vergleich: Der Zwergplanet Pluto ist 49 AE von unserer Sonne Entfernt. AE steht für Astronomische Einheit – die einfache Entfernung zwischen Sonne und Erde. HD106906 b und sein Doppelstern sind 730 AE voneinander entfernt. Außerdem sei seine Umlaufbahn sehr geneigt und langgestreckt. Warum das besonderes ist, weiß der Studienleiter Meiji Nguyen: 

Um zu verdeutlichen, warum das seltsam ist, können wir einfach auf unser eigenes Sonnensystem schauen und sehen, dass alle Planeten ungefähr in der gleichen Ebene liegen. Es wäre bizarr, wenn Jupiter nur zufällig um 30 Grad relativ zu der Ebene geneigt wäre, in der jeder andere Planet kreist. Das wirft alle möglichen Fragen darüber auf, wie HD 106906 b so weit draußen auf einer so geneigten Umlaufbahn gelandet ist.

Meiji Nguyen, Studienleiter der University of California in Berkeley

Warum befindet sich der Exoplanet so weit draußen?

HD106906 b befindest sich, wie der hypothetische Planet Neun, außerhalb einer Trümmerscheibe. Dort sei er aber nicht entstanden. Die vorherrschende Theorie sagt, er sei viel näher an seinem Doppelstern entstanden. In einer Entfernung des dreifachen Erd-Sonnen-Abstandes. 

Es ist, als ob wir eine Zeitmaschine für unser eigenes Sonnensystem haben, die 4,6 Milliarden Jahre zurückgeht, um zu sehen, was passiert sein könnte, als unser junges Sonnensystem dynamisch aktiv war und alles herumgeschoben und neu angeordnet wurde.

Paul Kalas, University of California, Berkeley

Das viele Gas in dem Doppelsternen-System veränderte die Exoplaneten-Umlaufbahn. Er wurde in Richtung seiner stellaren Wirte gedrängt. Deren Gravitationskräfte warfen ihn aber auf eine exzentrische Bahn, die ihn fast aus dem System schleuderte. Da ein anderer Stern sich entlang des Doppelstern-Systems bewegte, wurde die Bahn des Exoplaneten stabilisiert. Er wurde nicht aus seinem Heimatsystem geworfen.

Mögliche Entstehung von Planet Neun

Planet Neun könnte sich ebenso nahe an unserer Sonne gebildet haben, vermuten die Forscher. Durch die Wechselwirkungen mit Jupiter wurde er aus dem inneren Sonnensystems hinausgeschleudert. Ein anderer Stern habe seine Bahn schließlich stabilisiert. Der fremde Stern soll die Bahnen von Jupiter und den anderen Planeten außerdem ins Innere des Sonnensystems gedrückt haben.

Wir wissen nicht abschließend, wo und wie sich HD106906 b gebildet hat. Obwohl wir die erste Messung der Bahnbewegung gemacht haben, gibt es noch große Unsicherheiten bei den verschiedenen Bahnparametern. Es ist wahrscheinlich, dass sowohl Beobachter als auch Theoretiker HD 106906 noch jahrelang studieren werden, um die vielen Geheimnisse dieses bemerkenswerten Planetensystems zu enträtseln.

Robert De Rosa, Europäische Südsternwarte in Santiago (Chile)

Dadurch gibt es auch kein Beweis für einen besagten Planet Neun. Eine andere Hypothese beschreibt das ungewöhnliche Verhalten der Himmelskörperansammlung nicht mit einem riesigen Störobjekt wie Planet Neun. Das Ungleichgewicht könne durch die Gravitationskräfte vieler kleinerer Objekte entstehen.

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Eine Kollage mit den beiden Planeten Jupiter (r.) und Saturn (l.) sowie unserem Erdtrabanten, dem Mond (m.). mit Video
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