Gesundheitswesen Arztpraxen nicht zur telefonischen Erreichbarkeit verpflichtet
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Viele kennen das Problem: Einen Arzttermin zu vereinbaren, kann mitunter sehr schwer werden. Ein MDR-AKTUELL-Radiohörer ist seit 2015 Patient bei einem Augenarzt. Er schildert uns, dass die telefonische Erreichbarkeit in der Praxis schon seit 2020 nicht mehr vorhanden sei. Welche Alternativen gibt es für die Vereinbarung eines Termins?
- Die telefonische Terminvereinbarung bei Arztpraxen ist laut Bundesvereinigung der Senioren-Assistenten Deutschland schwieriger geworden. Die Vorsitzende zeigt eine Ursache auf.
- Die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen helfen bei der Vereinbarung eines Termins.
- Carolin Favretto vom Bund der Senioren-Assistenten würde sich jedoch über einen Rückrufservice der Praxen freuen.
Eine einfache Lösung für das konkrete Problem unseres Hörers gibt es nicht, denn Arztpraxen müssen keine Anrufe annehmen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung schreibt auf Nachfrage: "Vertragsärztinnen und Vertragsärzte mit vollem Versorgungsauftrag sind verpflichtet, an ihrem Vertragsarztsitz mindestens 25 Stunden wöchentlich Sprechstunde zu halten und für die ärztliche Versorgung der Versicherten zur Verfügung zu stehen (Präsenzpflicht). Es besteht keine Verpflichtung, auf jeden Fall telefonisch erreichbar zu sein."
Seniorenvereinigung: Situation verschlechtert
Unser Hörer hat allerdings keinen Internetzugang, wie er MDR AKTUELL erzählt. In seiner Generation ist er nicht allein mit diesem Problem. Carolin Favretto ist Vorsitzende der Bundesvereinigung der Senioren-Assistenten Deutschland und hat auch schon viele Minuten am Hörer verbracht, während es auf der anderen Seite ins Leere klingelte.
"Am allerschlimmsten finde ich es, wenn man in der Warteschleife hängt und es heißt, Sie sind der nächste, und irgendwann heißt es, entschuldigen Sie bitte, Sie haben schon so lange gewartet, das wollen wir Ihnen nicht mehr zumuten. Rufen Sie bitte später nochmal an", schildert Favretto.
Das passiere mittlerweile immer öfter: "Für mein Empfinden hat es sich verschlimmert in den letzten zwei bis drei Jahren. Das hat, glaube ich, auch damit zu tun, dass die Praxen viel mehr zu tun haben und viel weniger Personal zur Verfügung steht. Fachkräftemangel gibt es nicht nur im Bereich Pflege oder Krankenhaus, sondern auch in den Arztpraxen", erzählt die Vorsitzende weiter. Die derzeitige Erkältungswelle verschärft das Problem noch.
Terminvereinbarung auch über 116 117 möglich
Wer nicht den digitalen Weg gehen möchte, könne sich aber an andere Stellen wenden, erklärt Marcel Weigand, Leiter für digitale Transformation bei der unabhängigen Patientenberatung. "Es gibt ja seit einigen Jahren die sogenannten Terminservicestellen, die die Kassenärztlichen Vereinigungen anbieten. Unter 116 117 – oder online oder über eine App – kann ich hier relativ zeitnah Haus- oder Facharzttermine bekommen", sagt der Experte.
Oder über die Krankenkasse – auch die unterstützten teilweise die schnelle Vermittlung von Terminen. Älteren Patientinnen und Patienten wäre auch mit einem Rückrufservice geholfen, meint Carolin Favretto vom Bund der Senioren-Assistenten.
Favretto sagt: "Ich kann ja verstehen, dass eine Sprechstundenhilfe oft keine Zeit hat, ans Telefon zu gehen, wenn zwanzig Leute vor ihr stehen. Aber ich würde mir wünschen, dass ein Anrufbeantworter anspringt und dass sich die Arztpraxen auch die Mühe machen, dann zurückzurufen." Ansonsten müssten alle, die per Telefon nicht durchkommen, einen Angehörigen oder eine Nachbarin in die Praxis schicken.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. Januar 2023 | 06:00 Uhr
pretty up vor 21 Wochen
IKK verschickte die ePA Anfang Januar 2022 erkennbar an 6-Stelliger Nummer im mittig oberen Bereich der Vorderseite der Krankensassen-Versicherten-Karte. Dazu ist kein PC und kein Handy notwendig. Die med. Einrichtungen haben techn. Schreib und Lesegeräte.
Wer nicht mit der Smartphon-Zeit geht oder kann bekommt MRT weiter auf CD und auch Papierrezepte und Papierkrankschreibungen. Ich find es toll das vieles elektronisch geht obwohl ... Daten wohl mehr den je als früher ungeschützt sind und beim Smartphone die wenigsten wisse wer sich da wann und wie die Daten holt und mitliest oder sogar missbraucht.
ich sage mal so vor 21 Wochen
Krankschreibung arbeitender ging in Coronazeiten per Telefon. Da waren die scheinbar besetzt. Nichtarbeitende haben Zeit und persönliches Erscheinen klappte in 40 Jahre DDR auch schon mal und wird heute von Facharztpraxen wieder gefordert um gesundheitliche Vorgeschichte abzuklären. Ärzte wollen vor allem Menschen helfen. Finanzielles ist lukrativer Nebeneffekt. Zahnärzte gibt es übrigens massenhaft. Warum so wenig HNO, Augen und Tierärzte zugelassen werden entzieht sich meiner Kenntnis. Oder praktizieren die lieber in westlichen Bundesländern?
goffman vor 21 Wochen
Ich sehe drei Ursachen.
1. Die Babyboomer kommen ins Rentenalter, der derzeitige Abschlussjahrgang ist hingegen geburtenschwach, d.h. es hören mehr Ärzte auf als nachkommen. Das Problem wird sich in den kommenden Jahren sogar verschärfen, hat sich in ca. 15 Jahren aber von allein erledigt.
2. Die Babyboomer kommen auch in das Alter, in dem die Gesundheit schwindet. Zudem haben wir einen Nachholeffekt bei den saisonalen Krankheiten, die in den letzten Jahren ausgeblieben sind und immer noch eine Mehrbelastung durch Corona. D.h. das Patientenaufkommen ist deutlich höher. Vielleicht gehen die Menschen auch schneller zum Arzt als früher.
3. Nach der Wende sind viele jüngere Menschen aus der ehemaligen DDR weggezogen und tun dies aus den ländlichen Gegenden noch immer. Gleichzeitig gibt es viel zu wenig Migration in die ländlichen Regionen im Osten, die Bevölkerungsdichte sinkt, die Ärztedichte sinkt, zurück bleiben die Senioren.
Digitalisierung entlastet zwar, aber nicht genug.