Pressevielfalt und Pressefreiheit Bundesländer fordern rasche Hilfe vom Bund für Zeitungsverlage

16. September 2022, 19:33 Uhr

Steigende Energiekosten und höhere Löhne für Zusteller bringen die Zeitungsverlage in Nöte. Die Bundesländer fordern deshalb ein Förderkonzept vom Bund. Sie fürchten sonst, dass ältere Menschen wegen höherer Kosten auf Zeitungen verzichten und abgehängt werden. Die EU-Kommission arbeitet an einer europäischen Medienaufsicht. Sie will so staatliche Einflussnahme auf Verlage verhindern. Deutsche Verleger warnen vor dem Vorhaben.

Die deutschen Bundesländer haben die Bundesregierung aufgefordert, Zeitungsverlage schnell zu unterstützen. Der Bundesrat verabschiedete einstimmig eine entsprechende Entschließung, die auf eine Initiative Sachsens und Niedersachsens zurückgeht.

Länder befürchten Verzicht älterer Menschen auf Zeitungen

Mit der Entschließung wird der Bund aufgefordert, zeitnah ein Förderkonzept vorzulegen. Sie verweisen auf die schwierige Marktlage für die Zeitungsverlage angesichts gestiegener Preise für Energie und Papier. Außerdem drückten die Verlage höhere Lohnkosten für die Zusteller.

Die Länder gehen davon aus, dass durch höhere Zeitungskosten ältere Menschen abgehängt werden könnten. Diese könnten oder wollten ihre Zeitungen nicht digital konsumieren. Die Länder riefen die Bundesregierung auf, Maßnahmen zur Förderung der Zeitungszustellung auf den Weg zu bringen.

Haseloff nennt unabhängige Presse Garant der Demokratie

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff erklärte, eine freie und unabhängige Presse sei ein wesentlicher Garant der Demokratie. Sie könne diese Funktion aber nur wahrnehmen, wenn alle Menschen weiter Zugang auch zu regionalen Presseangeboten hätten.

SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen zu gewährleisten und Fördermöglichkeiten zu prüfen. Das Wirtschaftsministerium hatte dazu Ende 2021 eine Studie in Auftrag gegeben. Wann das Ergebnis vorliegt, ließ das Ministerium offen.

EU-Kommission will europaweite Medienaufsicht

Die Europäische Kommission will eine europaweite Medienaufsicht schaffen, um staatliche Einflussnahme auf Presse und Rundfunk zu vermeiden. Ein Gesetzentwurf sieht einen neuen europäischen Medienrat vor.

Das Gremium aus Vertretern der Mitgliedsstaaten soll etwa eine übermäßige Konzentration in der Branche verhindern. Binnenmarktkommissar Thierry Breton betonte, Brüssel wolle nicht die Kontrolle über Medienkonzerne in Europa übernehmen. Vielmehr gehe es um einen Schutz auf EU-Ebene, um die Vielfalt zu gewährleisten und private oder öffentliche Medien vor Einmischung zu bewahren.

Deutsche Verleger warnen vor Eingriffen in freie Presse

Deutsche Verleger kritisierten das Vorhaben. Der Bundesverband Digitalpublisher und der Medienverband der freien Presse befürchten, dass die redaktionelle Freiheit der Verlegerinnen und Verleger außer Kraft gesetzt wird. Sie bezweifelten darüber hinaus auch grundsätzlich, dass eine Verlagerung von Kontrollkompetenzen im Medienbereich auf eine EU-Behörde erforderlich sei.

Die für Werte zuständige Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova wies die Kritik zurück. Sie sagte, die Kommission wolle nicht funktionierende Mediensysteme in den Mitgliedsstaaten zerstören. Sie mahnte, es dürfe in Europa keine Propagandakanäle für Regierungen geben. Vor allem in Ungarn und Polen sieht die EU-Kommission die Pressefreiheit durch Einflussnahme der Regierungen bedroht.

dpa(jks)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. September 2022 | 17:30 Uhr

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